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Wie paßt Gott in unser Weltbild?

Aus der Oktober 1991-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft


Anmerkung der Redaktion: Aus dem Begleitbrief, den uns der Autor mit seinem Manuskript geschickt hat, geht hervor, weshalb die geistige Botschaft, die er uns mitteilen will, beute so wichtig ist. Er schrieb unter anderem: „Dieser Artikel entstand aus meinem Gebet über das Massaker an der Université de Montréal im Dezember 1989. Da ich ebenfalls in Montreal, allerdings an einer anderen Universität, studierte, hatte mich dieser Vorfall tief betroffen gemacht...

Ereignisse dieser Art stellen hohe Anforderungen an unser Verständnis von Gott.”

Gewaltverbrechen, Naturkatastrophen oder widrige Lebensumstände lassen mitunter Zweifel an Gott in uns aufkommen. Wie oft haben wir den Klageruf gehört: „Wenn es einen Gott gibt, wie kann Er dann so etwas zulassen!”

Nur zu gern möchte man tragische Ereignisse ignorieren. Wir können natürlich versuchen, unser Entsetzen zu verdrängen, indem wir einfach dem geschäftigen Treiben des Alltags weiter nachgehen. Doch sollten wir ungenützt eine Gelegenheit verstreichen lassen, um die Welt und die Rolle, die Gott darin spielt, besser verstehen zu lernen?

Wir wären nicht die ersten, die solche Überlegungen anstellten. Jeder, der sich schon einmal in der Rolle des Opfers sah, hat nach Antworten geforscht. Hiob, den wir aus der Bibel kennen, ist dafür sicherlich ein gutes Beispiel. Er war ein reicher, frommer Mann, der eine große Familie hatte. Aufgrund verschiedener Ereignisse verlor Hiob in kurzer Zeit alles — seinen Reichtum, seine Kinder und schließlich seine Gesundheit. Hiobs Frau bringt zum Ausdruck, was viele Menschen empfinden: daß es nutzlos sei, sich an Gott zu wenden. Aus abgrundtiefer Resignation empfiehlt sie ihrem Mann: „Sage Gott ab und stirb!” Hiob ist verzweifelt. Doch anstatt sich von Gott abzuwenden, beginnt er, tiefer über Ihn nachzudenken. Er setzt sich mit der herkömmlichen Anschauung über Gottes Willen und mit seiner Stellung Gott gegenüber auseinander.

Das müssen auch wir tun. Wenn wir die Ereignisse in der Welt vernunftgemäß zu erklären suchen, könnten wir zu zwei gegensätzlichen Ansichten über Gott gelangen.

Einerseits könnten wir uns einen allmächtigen Gott vorstellen, der genau weiß, was geschieht, da Er es so bestimmt hat. Demzufolge wären Katastrophen lediglich eine Möglichkeit, die Er hat, um uns zu strafen. Vermutlich hätten wir es dann mit einem Gott zu tun, der streng nach Prinzipien handelt, dem es jedoch an Liebe und Vergebung mangelt.

Andererseits könnten wir Ihn als einen Gott betrachten, der uns wohl liebt, der aber nicht in der Lage ist, Herrschaft über das Böse auf der Welt auszuüben — also nicht allmächtig ist. Er kann uns trösten, aber nicht heilen.

Ohne einen dieser wichtigen Punkte — Gottes alliebende Natur oder Gottes Allmacht — aufzugeben, wäre es schwer, Gott mit unserer Welt in Einklang zu bringen. Doch vielleicht liegt genau dort das Problem: daß wir versuchen, „Gott mit unserer Welt in Einklang zu bringen“.

Die Christliche Wissenschaft geht ganz anders an diese Frage heran. Sie geht als erstes von Gott aus. Sie macht gar nicht erst den Versuch, Gott in ein materielles Rahmengeflecht zu pressen. Mary Baker Eddy geht hinsichtlich ihres Verständnisses von Gott keine Kompromisse ein. Wie sie in Wissenschaft und Gesundheit sagt, ist Gott „der große Ich bin; der All-Wissende, All-Sehende, All-Wirkende, All-Weise, All-Liebende und Ewige; Prinzip; Gemüt; Seele; Geist; Leben; Wahrheit; Liebe; alle Substanz; Intelligenz“. Die Christliche Wissenschaft setzt nicht etwa aus allem, was wir um uns her sehen, ein Gottesbild zusammen; vielmehr zeigt sie uns, wie die unendliche Güte und Macht Gottes unsere Lebensanschauung und unsere Lebensweise verändern können.

Dieses Verständnis von Gott wirft jedoch wichtige Fragen auf. Zum Beispiel: Wenn Gott der All-Sehende und All-Wirkende ist, weiß Er dann von Naturkatastrophen und Verbrechen? Verursacht Er sie sogar? Gottes Bewußtsein, Gottes Wahrnehmung, ist weder sterblich, noch gründet sie sich auf die Materie. Er kennt Sein Universum von einem geistigen Standpunkt auf. Auf diese so ganz andere Wahrnehmung wird in der Bibel hingewiesen, wenn Gott zu Samuel sagt: „Nicht sieht der Herr auf das, worauf ein Mensch sieht. Ein Mensch sieht, was vor Augen ist; der Herr aber sieht das Herz an.“ Die Menschheit hat gelernt, eine materielle Welt mit vergänglichen Gesetzen — das, „was vor Augen ist“ — als Realität zu akzeptieren. Es wird allgemein angenommen, daß wir hier auf dieser Erde Milliarden verschiedener und voneinander unabhängiger Individuen seien. Als solche sind wir zerstörerischen Naturgesetzen unterworfen und sozialen Zwängen, die unschuldige Menschen zu Opfern werden lassen. Aber so sieht Gott die Wirklichkeit nicht.

Gott sieht Seine Schöpfung so, wie Er sie geschaffen hat — vollkommen, geistig, ewig. Christus Jesus hat uns vorgelebt, wie diese Vollkommenheit auch in unserem Denken und Leben Wirklichkeit werden kann. Der Christus macht den Menschen die gegenwärtige Harmonie Gottes bewußt, die die Macht hat, Gewalt und Haß zu überwinden. Von einem geistigen Standpunkt aus betrachtet, ist Gott somit kein weitentferntes Wesen, das meistens für den Menschen unerreichbar ist. Das wäre eine begrenzte Sicht von Gottes geistigem Universum — eine Sicht, die sich uns nur bietet, wenn wir versuchen, Gott in eine sterbliche, materielle Struktur zu zwängen. Eine Perspektive hingegen, die sich auf Christus gründet, enthüllt Geist und die vollkommene Schöpfung des Geistes als die einzige Kraft und Realität des Daseins.

Gebet ist der Trittstein, von dem aus wir die materiellen Erscheinungen zurückweisen und die geistige Realität wahrnehmen können, die zur Heilung führt. Im Gebet beruhigen wir die materiellen Sinne und bringen sie zum Schweigen; wir öffnen uns für das, was Gott uns fortwährend offenbart — Seine geistige Schöpfung. Im Gebet können wir uns die Ansprüche, mit denen die Welt konfrontiert wird, vornehmen und sie uns so ansehen wie „der Herr“. Das heißt wir können das „Herz ansehen“ — zum Kern dessen vordringen, was wirklich geschieht: Gottes geistiges Wirken. Mrs. Eddy schreibt in Wissenschaft und Gesundheit: „Der Gedanke ist einer höheren Quelle als der Materie entlehnt, und durch Umkehrung dienen die Irrtümer als Wegzeichen zu dem einen Gemüt, in dem aller Irrtum in der himmlischen Wahrheit verschwindet.“ Durch dieses von Herzen kommende Gebet können wir von allem geheilt werden, was uns zu Opfern macht. Wir können von den Folgen einer Katastrophe geheilt werden, sei sie nun sozialer Natur oder von den Naturgewalten bedingt. Und in schwierigen Situationen können wir Schutz erfahren.

Wie erging es unserem Freund Hiob? Nachdem er sehr mit sich gerungen hatte, dadurch aber Gott sehr viel besser verstehen gelernt hatte, wurden ihm wieder Gesundheit und Wohlstand zuteil. Hiob hatte sein Vertrauen auf Gott nicht aufgegeben, so stark diese Versuchung auch gewesen sein mag. Er wurde vollständig rehabilitiert.

Ein Erlebnis, das ich vor einigen Jahren hatte, veranschaulicht im kleinen, daß der Mensch nicht in die Rolle eines Opfers gedrängt werden kann. An einem Winterabend — als ich auf einer nur schwach beleuchteten Straße der Innenstadt gerade auf dem Nachhauseweg war — wurde ich überfallen. Während der Handgreiflichkeiten ging ich zu Boden. Als ich mich aufrappelte und freizukommen suchte, wurde mir der Hut weggerissen. Ich kam dann schließlich nach Hause und war froh, daß nichts Schlimmeres passiert war. Als ich an jenem Abend später noch einmal das Haus verließ, mußte ich feststellen, daß doch etwas Schlimmes passiert war. Unbewußt maß ich in Gedanken die Entfernung zwischen mir und anderen Fußgängern. Ich vergewisserte mich, daß immer ein ausreichender Sicherheitsabstand da war. Mich beunruhigte, was ich da an mir beobachtete, denn noch nie zuvor hatte ich solche Furcht oder Abneigung an mir erfahren. An jenem Abend betete ich, um mehr von Gottes geistiger Schöpfung zu erkennen, um die Furcht zu überwinden, die in mir aufgekommen war. Ich hielt auch daran fest, daß sich — da meine Gefühle von der göttlichen Liebe regiert werden — keine Nachwirkungen einstellen konnten, daß keine Erinnerung daran bleiben konnte, daß ich das Opfer eines Überfalls gewesen war. Die Angst verschwand, und am nächsten Morgen ging ich die Straße entlang, ohne daß Befürchtungen aufkamen. Ich kam zu der Stelle, wo ich angegriffen worden war, und war angenehm überrascht, daß jemand meinen Hut fein säuberlich nahebei an einen Zaun gehängt hatte. Ich freute mich über diesen Beweis meiner Freiheit.

Wir brauchen nicht mehr zu überlegen, wie Gott in unser Leben paßt. Statt dessen sollten wir zu schätzen wissen, wie wir — als geistiges Geschöpf — in Seine Schöpfung passen. Wir müssen die geistige Natur Gottes und des Menschen recht würdigen. Damit schlagen wir einen praktischen Weg ein zur Lösung der ernsten Probleme unserer Zeit. Gebet ist alles andere als eine „Krücke“ für Naivlinge oder Ignoranten. Mit Gebet, das sich auf ein größeres Verständnis der völlig geistigen Natur Gottes gründet, lassen sich die Probleme der Welt heilen.

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