Als Junges Mädchen erfuhr ich von der Christlichen Wissenschaft und wollte ihr angehören. Aber ein Kind geht durch viele Phasen. Nachdem ich einige Jahre lang die Bibellektionen (im Vierteljahrsheft der Christlichen Wissenschaft) gelesen hatte, änderte sich meine Einstellung, und ich sagte mir: „Ich habe diese Lektionen oft genug gelesen; ich kenne sie jetzt." Manchmal schlich sich der Gedanke ein, daß andere geruhsam zu Hause bleiben konnten, wenn sie sich nicht wohl fühlten, während ich beten mußte, um eine Krankheit zu heilen. Daß meine Mutter mich in solchen Fällen liebevoll ermunterte, war mir eine große Hilfe.
Schwierige Situationen zwingen einen, über ein einfaches Akzeptieren hinauszuwachsen und sein Verständnis zu erweitern; sie zwingen einen, sich rückhaltloser der Quelle allen Verständnisses, dem göttlichen Gemüt zuzuwenden. Während des Zweiten Weltkriegs waren meine Mutter und ich in einem Kriegsgefangenenlager für Frauen auf Java interniert. Durch mein Verständnis der Christlichen Wissenschaft konnte ich anderen helfen, und Erwachsene baten mich, zu ihnen zu kommen und mit ihnen zu sprechen; ich war damals noch keine achtzehn Jahre alt.
Meine Mutter erkrankte an Beriberi, und die Furcht um sie lähmte mich fast. Aber dann wurde mir klar, daß Gott immer gegenwärtig ist. Ich wußte, daß Gott Wahrheit ist und daß Mrs. Eddy in Wissenschaft und Gesundheit erklärt, wie die göttliche Wahrheit in unserem Leben wirkt. Aufgrund der Kriegsverhältnisse hatte ich kein Englisch lernen können, doch wenn unser Wunsch rechtmäßig ist, wird uns der Weg gezeigt. Ich hatte ein englisch-holländisches Wörterbuch gefunden, mit dessen Hilfe ich das ganze Kapitel „Gebet" in einem englischen Exemplar von Wissenschaft und Gesundheit studierte. Jetzt kam mir das Verständnis der Wissenschaft, das ich bereits gewonnen hatte, zugute. Ich notierte die Wörter, die mir nicht geläufig waren, am Rand, und schließlich konnte ich den englischen Text lesen und verstehen. Das half mir enorm. Meine Mutter wurde von Beriberi geheilt, und wir beide wurden aus dem Gefangenenlager freigelassen.
Nach unserer Entlassung wurden wir mit anderen holländischen Frauen aus Sicherheitsgründen vom Roten Kreuz in einem Quartier untergebracht, das von einer Zentralküche aus versorgt wurde. Es war uns nicht gestattet, einkaufen zu gehen, und man riet uns, das Haus nur zu verlassen, um unsere Mahlzeiten aus der Zentralküche zu holen.
Als ich einmal an der Reihe war, zur Küche zu gehen und das Essen zu holen, wurde ich von einer Gruppe aufgebrachter einheimischer Jugendlicher umringt, die mit Knüppeln bewaffnet waren. Ich verstand, was sie sagten; und als sie untereinander sprachen, wurde mir klar, daß sie glaubten, in mir ein besonders gutes Opfer gefunden zu haben.
Ich hatte gelernt, in Stunden der Not zu beten, und ich wandte mich nun von ganzem Herzen an Gott. Diese Erfahrung ist mir heute noch ein gutes und praktisches Beispiel für die Macht des Glaubens — im Sinne von „vollem Vertrauen". In dem Augenblick kam eine leichte Brise auf, die die Blätter an den Bäumen bewegte und etwas Glänzendes hinter einer dichten Baumgruppe enthüllte. Die Jungen bemerkten es und zogen in die Richtung ab. Wie sich herausstellte, war es ein Auto, das dort versteckt gestanden hatte — für die Burschen war das eine äußerst wichtige Entdeckung. Sie ließen von mir ab; ich setzte meinen Weg zur Küche fort und dankte Gott für Seinen Schutz.
Wir wurden schließlich nach Singapur und von dort nach Holland evakuiert. Später heiratete ich einen Christlichen Wissenschafter, und unsere beiden Kinder besuchten eine Sonntagsschule der Christlichen Wissenschaft.
Die Christliche Wissenschaft ist eine Wissenschaft! Es hat seinen guten Grund, warum Mrs. Eddy ihre Entdekkung Christliche Wissenschaft nannte, denn diese Wissenschaft enthüllt das göttliche Gesetz, das dem Heilen und Lehren Christi Jesu zugrunde lag. Im Gegensatz zu der Vorstellung, die ich als junges Mädchen hegte, nämlich daß ich schon alles über die Christliche Wissenschaft wußte, gewinnt das Wissen, das wir uns im Laufe der Jahre durch unser Studium aneignen, durch ständiges Entfalten an Bedeutung. Der Sauerteig der Wahrheit erhebt das sterbliche Denken zur „Offenbarung". Und die geistigen Ideen, die wir begreifen, stillen unsere gegenwärtigen Bedürfnisse.
Mein Mann und ich studieren die Christliche Wissenschaft nun schon über fünfzig Jahre, und immer wieder eröffnen uns die gleichen Sätze und Geschichten neue geistige Perspektiven. Eine Zeile aus einem Lied im Liederbuch der Christlichen Wissenschaft beschreibt meine Erfahrung so wunderbar. Sie lautet: „Mein Schauen der Unendlichkeit wird klarer, / Den Saum der Ewigkeit berühre ich."
Tietjerk, Holland
