In einer christlich—wissenschaftlichen Sonntagsschulklasse wurde über den Satz aus der Bibel gesprochen: „Selig sind die Friedfertigen, denn sie werden Gottes Kinder heißen“ (Matthäus). Laura, Nathan und Skander mochten diese Seligpreisung, weil sie genau wußten, was sie bedeutete. (Skanders Mutter war die neue Lehrerin, und sie hatte vor, im Laufe des Jahres die Seligpreisungen mit den Kindern durchzunehmen.)
„Wer friedfertig ist, kämpft nicht“, sagte Nathan. Er hatte das selbst bewiesen. Er war nämlich ruhig geblieben, als ihn andere Kinder einmal geärgert oder ihm das Spielzeug weggenommen hatten.
„Ich kann zu Hause friedfertig sein, wenn ich ganz still bin, während jemand schläft“, sagte Laura.
„Christus Jesus war friedfertig, weil er die Menschen heilte!“ sagte Skander.
„Martin Luther King war friedfertig, weil er zwischen Schwarzen und Weißen Frieden stiftete“, sagte Nathan.
Und dann sagte Laura etwas ganz Wichtiges: „Friedfertig sein heißt keine Angst haben.“
Alle in der Klasse wurden ganz still. Laura versuchte zu erklären, was sie damit meinte. „In einem großen Kaufhaus kann es passieren, daß du deine Mutti verlierst, wenn sie beim Einkaufen ist. Aber wenn du friedfertig bist, hast du keine Angst, weil du dann so voller Frieden bist, daß du einfach weißt, daß Gott da ist, um dir zu helfen.“
Alle merkten: Friedfertig sein kann man auf die verschiedenste Weise, wenn man Gutes tut.
Noch in derselben Woche fuhr Skander mit seiner Mutter in ein Einkaufszentrum. Sie fanden einen Parkplatz im Parkhaus, ganz in der Nähe des Fahrstuhls. Während die Mutter ihre Sachen aus dem Auto holte, lief Skander schon zum Fahrstuhl vor, um den Fahrstuhlknopf zu drücken. Er freute sich immer, wenn er den Knopf drücken durfte, der die Tür öffnete, und dann den Knopf für das Stockwerk, in dem sie aussteigen wollten.
Diesmal erlebte Skander jedoch eine Überraschung. Der Knopf war schon gedrückt worden, die Tür war offen, und es waren auch Menschen im Fahrstuhl. Er stieg ganz einfach allein zu. Das Problem war nur, daß sich sofort die Türen schlossen und seine Mutter nicht mehr mitkam! Sie rannte zwar, um es noch zu schaffen, aber schon fuhr der Fahrstuhl zu den tieferen Stockwerken. Die Mutter hörte noch, wie Skander sie rief. Es war schrecklich. Skander wußte nicht, auf welcher Etage der Fahrstuhl halten würde, und die Mutter wußte nicht, wie sie wieder zusammenkommen konnten.
Aber dann fiel der Mutter die Seligpreisung über die Friedfertigen ein, die Skander als Hausaufgabe aufbekommen hatte. Selbst in dieser schwierigen Lage konnte sie ja beten und wissen, daß sie und Skander ganz von Frieden erfüllt waren. Gott half ja beiden, friedfertig zu sein; denn Er gab ihnen Mut und Weisheit, damit sie erkennen konnten, was sie tun sollten. Die Mutter war ganz sicher, daß auch Skander Gottes Liebe empfand, selbst wenn er im Augenblick nicht bei ihr war. Sie wartete und betete, bis der Fahrstuhl wieder ankam.
Und da war auch wieder Skander, als sich die Tür öffnete! Er stand gegen die Rückwand gelehnt, hatte ein ganz rotes Gesicht und unterdrückte mühsam die Tränen. Die Fahrgäste im Fahrstuhl lächelten, als die Mutter Skander in die Arme schloß.
„O, Skander, Gott hat mir wunderbare Dinge gesagt, als ich auf dich wartete“, flüsterte ihm die Mutter ins Ohr, während er an ihrer Schulter weinte. „Wenn du jetzt den Knopf drückst und wir dann in dem Stockwerk sind, wo wir hinwollen, erzähle ich es dir.“
Skander beugte sich zu den Knöpfen vor. Dann ließ die Mutter ihn wieder auf den Boden, und sie hielten sich ganz fest an der Hand, bis sie die Bank an ihrem Lieblingsspringbrunnen erreicht hatten. Skander kletterte auf den Schoß seiner Mutter, so daß sie sich in Ruhe unterhalten konnten. Es interessierte ihn immer sehr, etwas über Gott zu hören.
„Weißt du noch, was uns Laura in der Sonntagsschule über die Friedfertigen gesagt hat? Sie sagte, daß wir Gottes Kinder sind und daß wir deshalb voller Frieden sind und uns nicht zu fürchten brauchen. Gott hat mir gesagt, daß wir beide friedfertig sind. Sogar als du ganz allein im Fahrstuhl warst, hat dich Gott mit Frieden erfüllt.“
Skander hörte auf zu weinen: „Die Leute im Fahrstuhl haben mir geholfen. Als sie ausstiegen, sagten sie den anderen, die reinkamen, wo ich hinmußte. Das war doch nett, nicht?“ Und dann sagte er: „Es gefiel mir gar nicht so alleine ohne dich, aber Gott hat mir geholfen.“
„Ich mochte es auch nicht, daß du nicht bei mir warst“, erwiderte seine Mutter. „Von jetzt ab wollen wir nicht mehr in einen Fahrstuhl steigen, ohne uns ganz fest an der Hand zu halten.“
„Machen wir!“ rief Skander und sprang von ihrem Schoß, um nachzusehen, wie viele Münzen im Brunnen lagen.
Die Mutter wollte noch ein wenig beten. Es erschien ihr sehr wichtig, zu erkennen — wirklich zu erkennen —, daß Gott immer für Seine Kinder sorgt.
Sie dachte an den zweiten Teil der Seligpreisung: „. .. denn sie werden Gottes Kinder heißen.“ Der Mensch ist Gottes Kind. Er ist erfüllt vom Frieden Gottes und allen Seinen guten Eigenschaften. Frieden zu haben ist ein Gesetz. Es ändert sich nicht einfach dadurch, daß sich die Umstände ändern. Gebet hilft uns, diesen Frieden zu entdecken und zu verteidigen.
Als es Zeit war, das Einkaufszentrum zu verlassen, lief Skander wie gewohnt zum Fahrstuhl und drückte den Knopf. Dann lachte er und griff nach der Hand seiner Mutter, und als der Fahrstuhl angekommen war, stiegen sie gemeinsam ein.
