Persönliche Leistungen Werden in der Öffentlichkeit heute oft glorifiziert dargestellt. Man hört und liest anscheinend gern etwas über andere, die, mit irgendwelchen für notwendig erachteten Mitteln, viel Geld verdient und es in ihrem Beruf an die Spitze geschafft haben. Die Schattenseite: Viele, die durch skrupellose Firmenaufkäufe in den achtziger Jahren riesige Vermögen angehäuft haben, sind Opfer ihres eigenen Erfolgs geworden; sie sind überschuldet, ihre Firmen bankrott. Andere durch die Medien bekannte Persönlichkeiten sind von ihrer Höhe herabgestürzt; wegen illegaler Geschäfte droht ihnen eine Gefängnisstrafe.
Kürzlich fiel mir ein Buch mit Äsops Fabeln in die Hände, das ich als Kind gern gelesen hatte. Als ich es nun durchblätterte, stieß ich auf eine Lieblingsfabel, deren Moral, so scheint mir, heute nicht aktueller sein könnte. Es geht darin um eine Öllampe, die mit heller und steter Flamme brannte. Doch bald schwoll sie vor Stolz an und brüstete sich damit, daß sie heller strahle als die Sonne. Gerade in dem Augenblick blies ein leichter Windstoß sie aus. Jemand zündete sie wieder an und sagte: „Brenne du man nur, und kümmere dich nicht um die Sonne. Weißt du, selbst die Sterne müssen nie angezündet werden, so wie es gerade bei dir notwendig wurde.” „The Lamp”, Esop's Fables (London: William Heinemann, 1912), S. 49.
Die Moral dieser Fabel für uns heute: Eigendünkel und Stolz können unser Lebenswerk leicht untergraben, wenn Selbstverherrlichung das Motiv unseres Handelns ist. Persönliche Leistung ist dem Zufall und dem Scheitern unterworfen, sofern wir nicht etwas von der Unwandelbarkeit des Guten begreifen, das seinen Ursprung in Gott hat.
Das Leben Christi Jesu veranschaulicht Gottes Güte. Christus Jesus ist der größte Lehrer und Heiler, den die Welt je gekannt hat. Und doch kann sein Lebenswerk nur unzureichend mit den Maßstäben der Welt bewertet werden, da er alle menschlichen Leistungen in den Schatten stellte. Jesu Erfolg lag in der Demut begründet, die dem Verständnis entwächst, daß der geistige Mensch das Ebenbild Gottes ist und nichts aus sich selbst tun kann, weil er — in Wirklichkeit — der Ausdruck Gottes ist, die Widerspiegelung der göttlichen Liebe.
Den Evangelien entnehmen wir, daß das Leben unseres großen Beispielgebers stets mit Licht in Verbindung gebracht wurde. Erzeugte für das himmliche Licht, das Gott ist. Er offenbarte die Gottes-kindschaft des Menschen.
Jesus zeigte seinen Jüngern — und ganz gewiß jedem anderen hingebungsvollen Nachfolger auch —, daß in Wirklichkeit jeder das Licht des Christus widerspiegelt. Er sagte: „Ihr seid das Licht der Welt.” Er lehrte: In dem Maße, wie wir unser Licht leuchten lassen und seinem Beispiel mit „guten Werken” des Heilens folgen, verherrlichen wir unseren himmlischen Vater. Stolz und Eigendünkel werden ausgelöscht, wenn wir uns vergegenwärtigen, daß wir nicht aus uns heraus „leuchten” können, weil wir in Wahrheit Gottes Intelligenz und Liebe widerspiegeln.
Mrs. Eddy untersucht dieses Thema der Widerspiegelung in ihren Schriften über das wissenschaftliche Christentum. In dem Aufsatz „Grundsteine” in ihrem Buch Rückblick und Einblick zeigt sie auf, wie wichtig das Verständnis der Widerspiegelung für das geistige Heilen ist. Sie schreibt: „Der Mensch leuchtet durch entlehntes Licht. Er spiegelt Gott als sein Gemüt wider, und diese Widerspiegelung ist Substanz — die Substanz des Guten.” Der Mensch als Gottes Ebenbild handelt niemals aus eigenem Antrieb; er spiegelt die Güte, Gnade und Fähigkeiten Gottes, des göttlichen Gemüts, wider.
Man könnte sagen, die Ruhe der Demut und das Licht des Christus sind fundamentale Voraussetzungen für den Beweis, daß der ensch die Widerspiegelung Gottes ist. Dadurch, daß wir christliche Eigenschaften wie Demut, Liebe und wahre Geistigkeit ausdrücken und unser Denken und Leben mit dem göttlichen Gesetz in Übereinstimmung bringen, können wir uns als Gottes Ebenbild erkennen. Wenn wir anerkennen, daß das eine Gemüt durch Widerspiegelung auch unser Gemüt ist, kommt das wirklich substantielle Gute in unser Leben. Widergespiegeltes Licht kann nicht durch einen „leichten Windstoß” — durch Schicksal, Unfall oder menschliche Meinung — ausgeblasen werden, da Gott die Quelle des Lichts ist.
Christus, Wahrheit, überstrahlt das Dunkel der Sterblichkeit und Furcht und bringt den Menschen Heilung und Erlösung. Eine Bekannte mußte sich einer Röntgenuntersuchung unterziehen, ehe sie in ein anderes Land auswandern konnte. Sie ging zum örtlichen Krankenhaus; der Röntgenassistent war aber mit dem Ergebnis der Aufnahme überhaupt nicht zufrienden. Die Lunge zeigte sich in einem Zustand, den er als „Trübung” bezeichnete. Zur weiteren Untersuchung verwies er meine Bekannte an das Bezirkskrankenhaus.
Meine Bekannte bat einen Ausüber der Christlichen Wissenschaft, für sie zu beten. Sie beteten, um besser zu verstehen, daß die wahre Natur des geistigen Menschen das makellose Ebenbild Gottes ist. Der Ausüber wies sie auf einen Vers aus dem zweiten Buch Mose hin, der den Begriff Widerspiegelung sehr lebendig verdeutlicht. In diesem Vers wird beschrieben, was Mose und die Ältesten Israels erschauten, als sie zu dem Altar hinaufstiegen, den sie Gott gebaut hatten: „[Sie] sahen den Gott Israels. Unter seinen Füßen war es wie eine Fläche von Saphir und wie der Himmel, wenn es klar ist.”
Der Ausüber und die Bekannte empfanden, daß dieser Vers die Substanz und Klarheit des Wesens Gottes beschreibt. Sie vergegenwärtigten sich, daß der Mensch das Ebenbild Gottes ist und die Substanz der Seele widerspiegelt. Der biblische Ausdruck „wie der Himmel, wenn es klar ist” bedeutete ihnen viel; sie erkannten, daß es wirklich nichts gibt, was die geistige Widerspiegelung trüben kann, wenn das Denken für die Wahrheit transparent ist. Die Befürchtungen meiner Bekannten waren bald verschwunden, und zuversichtlich erwartete sie das Ergebnis. Eine spätere Untersuchung bestätigte, daß sie gesund war.
In dem Maße, wie wir erkennen, daß wir tatsächlich Gottes Widerspiegelung sind und keine materiellen Wesen, daß wir nichts aus uns selber tun, da wir ständig vom Licht der Wahrheit unsere Kraft empfangen, wird jeder von uns mit einem helleren und beständigeren Licht leuchten. Gott, das göttliche Gemüt, kommt in Güte, Reinheit und Gesundheit zum Ausdruck, und wir spiegeln Seine Herrlichkeit wider.
