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Das Gebet des Herrn verstehen — und geheilt werden

Aus der Juni 1991-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft


Sicherlich Hat Kein Gebet der Welt zu mehr Heilungen inspiriert als das von Christus Jesus gelehrte — bekannt als das Gebet des Herrn. Wollte man die Heilungen zählen, so würden sie vermutlich in die Millionen gehen. Doch leider ist wahrscheinlich auch kein einziges Gebet öfter gedankenlos wiederholt und heruntergeleiert worden als dieses. Aber niemals war Gebet als automatischer Vorgang gedacht, niemals sollte es so aussehen, als ob es wie das Produkt einer Serienfertigung vom Fließband kommt.

Wie aber erhält man sich die Inspiration?

Vor einiger Zeit dachte ich über eine Textstelle in Wissenschaft und Gesundheit von Mary Baker Eddy nach. Dort heißt es: „Beten, wachen und arbeiten, verbunden mit Selbstaufopferung, sind Gottes gnadenreiche Mittel zur Vollendung alles dessen, was mit Erfolg zur Christianisierung und Gesundheit der Menschheit getan worden ist.“

Diese Stelle war mir schon seit langem vertraut, aber sie eröffnete mir nun eine ungewöhnliche Einsicht. Mir fiel der Begriff „Gottes gnadenreiche Mittel“ ins Auge.

Ich hatte immer die Vorstellung gehabt, Gebet sei mein (mehr oder weniger gnadenreiches) Mittel, um mit Gott in Verbindung zu kommen. Wenn ich traurig oder krank war, hatte Gebet mich oft erhoben und geheilt. Aber wenn es wirklich mein Mittel wäre — Gebet also von mir selbst ausginge —, könnte es zu persönlichen Zwecken eingesetzt werden. Es könnte als Mittel gebraucht werden, um etwas zu bekommen, was ich wollte, oder meine Wünsche zumindest deutlich zu machen.

Wirkliches Gebet, im Gegensatz zu bedeutungslosem Wiederholen von Worten, erfordert immer aufrichtiges Nachdenken über seine Aussage — selbst wenn die Worte so häufig benutzt werden wie die des Gebets des Herrn. Wenn man nicht tief genug ins Gebet eindringt, dann verliert es seine wahre Kraft. Doch wenn es sich um wirkliches Nachdenken handelt, um tiefe, aufrichtige Gedanken, so muß es einen göttlichen Ursprung haben.

Geistigen Zugang zum Gebet erhalten wir durch ein höheres Verständnis von Gott und Seinen Mitteln sowie aus der Erkenntnis unseres wahren geistigen Wesens — als Seine Kinder. Wenn wir in diesem Sinne beten, wird die Gegenwart Christi, der Wahrheit, in unserem Leben spürbar. Wir lernen auch, daß sich Gebet aus unserer Beziehung zu Gott heraus entwickelt. So kommt also nicht allein die Antwort auf ein Gebet von Gott, sondern auch das Gebet selbst, sofern wir darunter Beten in seiner reinsten Form verstehen.

Die heilende Kraft des Gebets kennt keine Grenzen, wenn wir einmal wirklich seinen göttlichen Ursprung begriffen haben. Dann stellen wir nämlich fest, daß es uns unsere unverbrüchliche Beziehung zu Gott bewußtmacht. Und so kann unser Gebet nicht so leicht zur Routine werden.

Gott, das unbegrenzte Gemüt, ist der Ursprung aller Ideen. Es entspricht Seinem Wesen, diese Ideen an den Menschen weiterzugeben. Er gibt uns auch die Mittel, um diese Ideen aufzunehmen und danach zu handeln.

Seinem Wesen nach hat der Mensch teil an dem, was Gott verleiht. In der geistigen Wirklichkeit kennt und ist der Mensch nichts anderes als das, was Gott, das göttliche Gemüt, über den Menschen weiß. Wenn wir uns bewußt werden, daß diese geistige Tatsache ein Gesetz ist, das unser Leben regiert, werden wir geheilt. Denn eine Heilung ist das Zutagetreten einer bestimmten geistigen Tatsache, die von Gott vermittelt wird — und zwar genau dort, wo ein kranker, gebrochener oder enttäuschter Sterblicher zu sein scheint. Sie ist das Aufdämmern dessen im menschlichen Bewußtsein, was Gott bereits weiß und tut.

Das heißt aber nicht, daß wir uns aus allem ausklinken oder meinen, wir hätten zum Gebet oder zu einer Heilung nichts weiter beizutragen, denn es gibt eine Menge für uns zu tun. Das menschliche Gemüt mit all seiner gedankenlosen Arroganz und seinem blinden Willen muß im Zaum gehalten und bezwungen werden, damit die göttlichen Mittel und Wege greifen können. Und ein Verstehen des Gebets des Herrns befähigt uns, das zu tun.

Ein Freund erzählte mir einmal seine Erkenntnisse über „Gottes gnadenreiche Mittel“, die zum Teil in die gleiche Richtung gingen wie meine eigenen. Er sagte mir, daß er es als hilfreich empfunden habe, sich das Gebet des Herrn Zeile für Zeile vorzunehmen und ein einzelnes Wort, ein Verb, zu finden, das jeweils das beschreibt, was man tun soll. „Unser Vater, der du bist im Himmel“ könnte zum Beispiel so verstanden werden, daß wir Gottes Wesen als Vater anerkennen sollen. Das Verb wäre dann anerkennen.

Seit dieser Unterhaltung, die Jahre zurückliegt, habe ich viele Listen mit Verben aufgestellt. Wohl keine zwei Listen waren je völlig gleich. Eine neuere Aufstellung war folgende: „Anerkennen. Anbeten. Bezeugen. Wissen. Annehmen. Vergeben. Folgen. Loben.“

Ist das nun das Gebet des Herrn in Kurzform — eine Methode, um möglichst einfach zu einer Heilung zu kommen? Kaum! Ich hoffe eher, daß es uns näher an die tiefere Bedeutung in Jesu Worten heranbringt. Es hat mich dazu gebracht, beim Beten darauf zu achten, daß ich tatsächlich etwas tue, etwas denke, und mich nicht nur mechanisch an der Oberfläche bewege. Man könnte das Gebet des Herrn hundert Jahre lang täglich beten, ohne seine neuen und heilenden Ideen ganz auszuschöpfen.

Mir haben diese Aufstellungen das Gebet des Herrn so erleuchtet, daß es für mich ein Schlüssel geworden ist zu dem, was Gott tut. Zum Beispiel erfahren wir durch die Zeile „Und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Übel“ unter anderem, daß Gott führt. Wir folgen. Diese zwei Tätigkeiten ergänzen sich. Sie treffen in dem einen göttlichen Ereignis — in der Heilung — zusammen, wenn wir unsere geistige Beziehung zu Ihm begreifen.

Ich möchte hier einmal erläutern, wie eine solche Heilung vor sich geht. Eine Christliche Wissenschafterin verletzte sich schwer an einem Auge. Trotz ihrer Gebete blieb sie zwanzig Jahre lang blind auf dem Auge. Durch fortgesetztes Beten und gebetvolle Behandlung durch einen Ausüber der Christlichen Wissenschaft wurde sie kürzlich geheilt. In ihrem Bericht schildert sie einiges über den Hergang und über die Inspiration, die zu dem endgültigen Sieg führte.

Sie schreibt: „Vor zwanzig Jahren zog eine Nachbarin um, und wir waren dabei, das Gepäck in ihren Wagen zu packen. Dabei mußten wir ein Stück über den Rasen gehen, in dem Steinplatten lose verlegt waren. Plötzlich verrutschte eine Steinplatte unter meinem Fuß, und dadurch stürzte ich heftig auf die Metallkante des Kofferraums. Mein linkes Auge war ernsthaft verletzt. Ich stellte bald fest, daß ich auf diesem Auge nicht mehr sehen konnte.

Einige Wochen später mußte mein Führerschein erneuert werden. Ich machte den Sehtest, und man sagte mir, mein linkes Auge habe keine Sehkraft mehr. Ich sollte mit einer Bescheinigung über die genaue Stärke der Sehkraft des rechten Auges zurückkommen. Das Attest bescheinigte mir sehr gute Sehkraft auf dem rechten Auge, und das Kraftverkehrsamt gab mir einen Führerschein für Fahrer, die nur auf einem Auge sehen können.

Mit einem solchen Führerschein fuhr ich die nächsten zwanzig Jahre.

Dann stellten sich gewisse Schwierigkeiten beim Lesen ein. Und jetzt wandte ich mich an eine Ausüberin der Christlichen Wissenschaft und bat sie, mir durch Gebet zu helfen. Einige Tage vergingen, und eines Abends schaltete ich den Fernseher ein. Das Bild war ganz klar und hatte strahlende Farben. Mit der Hand hielt ich mein rechtes Auge zu, und voller Freude bemerkte ich, daß ich mit dem linken Auge sehen konnte!

Am nächsten Morgen konnte ich vom Fenster aus meilenweit in die Landschaft schauen. Ich dachte an das geliebte Gebet des Herrn: ,Unser täglich Brot gib uns heute' und an Mrs. Eddys geistige Interpretation dieser Zeile in Wissenschaft und Gesundheit:, Gib uns Gnade für heute; speise die darbende Liebe.' "

Die Frau war Mitte neunzig, als diese Heilung stattfand. Heute erfreut sie sich guter Sehkraft auf beiden Augen. Um es noch einmal zu wiederholen: Man könnte das Gebet des Herrn ein Jahrhundert lang beten, ohne seine frischen, heilenden Ideen zu erschöpfen.

Die Heilung kommt vom Vater, von Gott, Selbst die Mittel, mit denen wir uns an Ihn um Heilung wenden, kommen von Ihm. Das ist der Kern wahren Gebets. Wenn wir in solch ein Gebet vertieft sind, benutzen wir Seine Mittel. Wollte Jesus nicht, daß wir auf diese Weise beten? Und wurde die Frau nicht auch auf diese Weise geheilt?

Heilende Inspiration muß niemals enden. Das Gebet des Herrn ist eins von Gottes „gnadenreichen Mitteln". Und Seine Mittel versagen nie.

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