Im Treffpunkt können Herold-Leser Erfahrungen und Erkenntnisse austauschen, die sie bei ihren geistigen Entdekkungen in der Kirche und in der Gemeinschaft, in der sie leben, gemacht haben.
Im Herbst 1990 wurde in Prätoria eine Ansprache zum Thema Wirtschaftsethik gehalten. Das Protokoll dieser Ansprache fand seinen Weg um die halbe Welt herum bis zu uns nach Boston.
Einige Auszüge aus der kurzen Ansprache „Moral auf den Märkten der Welt“ haben wir bereits im Christian Science Sentinel vom 21. Januar 1991 unter der Rubrik „Second Thought“ veröffentlicht. Der Redner hatte darin einige Grundsätze angeprangert, nach denen in der heutigen Geschäftspraxis oftmals gehandelt wird — so zum Beispiel, daß die Gewinnmaximierung die Triebfeder der Geschäftspolitik sein müsse. Er sagte, die Bibel — und insbesondere das Leben Christi Jesu — setze da ganz andere Prioritäten, und aufgrund der gegenwärtigen Umwälzungen in der Weltwirtschaft sei es dringend erforderlich, neue Handlungsmodelle zu finden.
Der Redner, ist Vorstandsvorsitzender einer großen südafrikanischen Bausparkasse, und er ist Christlicher Wissenschafter. Es wird die Leser des Herolds interessieren, zu hören, was Herr Tucker weiter zu sagen hat über die Priorität, die die Bibel dem Dienst an Gott und dem Menschen einräumt, und ob das in der heutigen Geschäftswelt mit allem, was dazugehört — Geschäftssitzungen, Kreditaufnahme und Kreditvergabe, Personalpolitik, Bürokratie, strategische Planung sowie Forschung und Entwicklung — wirklich eine „gute Geschäftsgrundlage“ sein kann.
Wir bringen hier Auszüge aus unserem Interview mit Herrn Tucker. Dieses Gespräch wird im August-Herold fortgesetzt.
„ ...ZEIG DEN WEG MIR KLAR...“
(1. Teil)
Wie würden Sie die Aufgaben eines Unternehmens im ausgehenden 20. Jahrhundert beschreiben? Während der letzten fünf oder sechs Jahre haben wir uns in dem Unternehmen, in dem ich als Vorstandsvorsitzender tätig bin, sehr eingehend mit der Frage beschäftigt: „Welche Aufgabe haben Wirtschaftsunternehmen?“ Das ist besonders hier in Südafrika ein heißes Eisen. Hier haben die Unternehmensleitungen sehr aggressiv auf ein einziges Ziel hingearbeitet — die Gewinnmaximierung —, wobei ganz offensichtlich nicht viel Rücksicht genommen wurde auf die wesentlichen Bedürfnisse der südafrikanischen Gesellschaft. Wir standen also vor der Frage: Wenn die Aufgabe eines Unternehmens nicht allein in der Erzielung der höchstmöglichen Gewinne liegt, ja, worin besteht sie dann?
Vor etwa fünf Jahren kamen wir zu dem relativ einfachen Schluß — „relativ einfach“, wenn man von den biblischen Prioritäten ausgeht —, daß ein Unternehmen die Aufgabe hat, seine Mittel in den Dienst der Menschen zu stellen, sei es durch die Produktion von Gütern oder durch Dienstleistungen, die für das Gemeinwesen nützlich sind. Der Gewinn wäre somit nicht das oberste Ziel, sondern nur noch einer von mehreren menschlichen Maßstäben, an denen wir ablesen können, wie gut wir dieser Hauptaufgabe gerecht geworden sind.
In Ihrer Ansprache „Moral auf den Märkten der Welt“ haben Sie davon gesprochen, daß die Ressourcen auf der Erde überaus ungleichmäßig verteilt sind. In vielen Teilen der Welt entstehen dadurch Spannungen — Spannungen zwischen der ersten Welt und der dritten Welt, zwischen den Besitzenden und den Nichtbesitzenden. Wie gehen Sie — der Sie ja auch Geschäftsmann sind — diese Probleme auf der Grundlage der Christlichen Wissenschaft an? Wie beten Sie? Der Ausgangspunkt ist ohne Frage der, daß man sich selbst als Gottes Kind sieht und zugleich jeden anderen Menschen ebenfalls als Kind desselben Gottes erkennt. Der Gott, der Liebe ist, versorgt alle Seine Kinder mit allem, was sie brauchen. In Seinem Reich gibt es keinen Mangel, sondern Gutes die Fülle. Wenn wir unseren Tageslauf und unser Geschäftsgebahren ganz und gar unter diese Wahrheit stellen, wird sich in zunehmendem Maße erweisen, daß völlig ausreichende Versorgung für uns alle da ist. Und zu einer vollkommenen Versorgung gehört auch der angemessene Arbeitsplatz. Ferner gehört dazu, daß das Bedürfnis nach einer Wohnung erfüllt wird. Wenn wir mehr über Gottes Reich in Erfahrung bringen und das in unserem Leben ausdrücken, wird es keine Obdachlosen geben. Und wenn wir uns fest an das Verständnis halten, daß Gottes unendliche Versorgung eine Realität ist, wird diese Wirklichkeit immer mehr in Erscheinung treten.
Bitte erzählen Sie doch etwas darüber, wie sich in Ihrer eigenen Erfahrung ausreichende Versorgung gezeigt hat? Wir haben das in dem Geschäft, für das wir verantwortlich sind, immer dann in reichem Maße erfahren, wenn wir die Mittel unseres Unternehmens in den Dienst Gottes und Seines Volkes stellten, anstatt zu versuchen, den größten materiellen Gewinn herauszuschlagen. Wir haben erlebt, daß dadurch nicht nur das Leben der Bevölkerung, der wir unsere Dienste zur Verfügung stellen, sondern auch das Leben unserer Mitarbeiter bereichert worden ist.
Als wir zum Beispiel zuerst diese Richtung einschlugen, hatte unser Unternehmen, das auf dem Gebiet der Wohnungsfinanzierung tätig ist, noch nie Kredite an Schwarze vergeben. Nun haben wir in den zurückliegenden vier Jahren schwarzen Familien sechzigtausend Darlehen bewilligt. Das bedeutet, daß nunmehr mindestens sechzigtausend schwarze Familien in Eigenheimen wohnen, die von unserem Kreditinstitut finanziert worden sind.
Die Gewinne in unserem Unternehmen haben sich daraufhin keineswegs verschlechtert. Im Gegenteil, sie haben sich verbessert und sind heute als durchaus zufriedenstellend zu betrachten — aber nicht weil das unser Ziel war, sondern weil dies die normale Folge ist, wenn man seine Mittel im Dienste des Reiches Gottes einsetzt.
Manche würden sagen, daß Sie damit genau das Gegenteil von dem getan haben, was ein Unternehmen tun sollte, daß nämlich ein Unternehmen zu allererst auf die größtmöglichen Gewinne bedacht sein sollte. Glauben Sie, daß dieses Konzept — daß man zuerst der Bevölkerung dienen soll — von anderen Unternehmen übernommen werden kann? Sicherlich ist man dafür heute sehr aufgeschlossen. Es wird nicht länger einfach hingenommen, daß im Bereich des materiellen sterblichen Lebens Ziele oder Zwecke formuliert und dann höchst zweifelhafte Mittel eingesetzt werden, um diese Ziele zu erreichen. In der Geschäftswelt ist unser Ziel nur allzuoft der größtmögliche Profit, und wir dulden es dann, daß dieses Ziel auch mit zweifelhaften Mitteln angestrebt wird. So wird zum Beispiel mit Alkohol gehandelt, mit Tabakwaren, Pornographie oder anderen „nichtnützlichen“ Produkten oder Dienstleistungen, oder man quetscht aus den Mitarbeitern eine möglichst hohe Arbeitsleistung heraus oder wendet fragwürdige Geschäftspraktiken an, um so die Wettbewerbs- oder Gewinnsituation zu verbessern.
Wenn wir uns vor Augen halten, daß es bei einem christlichen Leben im wesentlichen darum geht, wie wir — von einer Minute zur nächsten und Stunde um Stunde — unser Leben führen, und nicht so sehr darum, ob wir ein bestimmtes Ziel erreichen, dann gewinnt unser Leben eine ganz andere Perspektive. Ich denke häufig an das wunderbare Gedicht von Mary Baker Eddy, das mit den Worten beginnt: „Hirte, über Berge steil zeig den Weg mir klar...“ Das heißt, zeig mir, wie ich gehen soll, nicht nur wohin oder wann oder auch wo das Ziel ist. Zeig mir, wie ich mein Leben und mein Geschäft von Minute zu Minute führen soll.
Ein ums andere Mal habe ich in der Geschäftswelt erlebt, daß die Menschen sehr bereitwillig und begeistert auf ein Geschäftsgebahren ansprechen, das sich an christlichen Wertvorstellungen orientiert.
Worauf führen Sie dieses positive Echo, diese Empfänglichkeit, zurück? Ich würde sie auf das machtvolle und unaufhörliche Wirken des Geistes in einem jeden von uns zurückführen. In Wirklichkeit ist kein Mensch je von Gott getrennt. Gott wirkt immer in Seinen Kindern und durch Seine Kinder. Und dieser Geist macht uns willig, Seinen Willen zu tun.
Erinnern Sie sich an Situationen, in denen Sie das erlebt haben?
Wenn ich einen Augenblick darüber nachdenken könnte, kämen mir sicherlich unendlich viele Beispiele in den Sinn. Ich kann sagen, daß meine Arbeit für mich eine einzige unglaubliche Freude ist, wenn ich beständig versuche, an meinem höchsten Verständnis der Wissenschaft des Christus festzuhalten. Jeder Tag meines Lebens ist angefüllt mit wunderbaren Erlebnissen. Ich erlebe, wie die Menschen auf ganz unterschiedliche Weise auf das göttliche Prinzip reagieren — zum Beispiel in der Durchführung geschäftlicher Besprechungen oder indem sie persönliche Vorstellungen und Egoismus beiseite legen, indem sie nach dem Guten und Bleibenden streben anstatt nach dem, was materiell und vergänglich ist.
Sie dürfen nicht vergessen, daß wir unser Unternehmen in einem Land führen, das offensichtlich stark polarisiert ist, wo in den einzelnen Regionen Meinungen, Temperamente, Kultur und soziale Verhältnisse weit auseinanderklaffen. Und doch veranstalten wir Tag für Tag Treffen mit diesen offensichtlich bunt zusammengewürfelten und gegensätzlichen Menschen und erleben auf wunderbare Weise die Wirkung des einen Gemüts. Eine schier unglaubliche Harmonie, folgerichtiges Denken und Handeln und vernünftige Ziele sind die Folge.
Wie bereiten Sie sich auf Besprechungen vor, damit Sie nicht von den enormen Gegensätzen und dem Argwohn oder gar Haß überwältigt werden? Ich ziehe mich zurück und bete. Ich werde still und vergegenwärtige mir das Heil Gottes und mache mir klar, daß es nur ein Gemüt gibt und dieses sich durch alle Anwesenden kundtun kann. Daran halte ich fest. Auch während einer Besprechung bete ich oft so. Glücklicherweise sprechen wir ja nicht alle ununterbrochen. Während der Besprechung besteht immer wieder, etwa, wenn man jemandem zuhört, die Gelegenheit, sich still vor Augen zu halten, daß das göttliche Gemüt sich kundtut. Und natürlich muß man immer daran festhalten, daß man selber Teil dieser Kundwerdung des einen Gemüts ist, das da am Werke ist.
Mich hat sehr beeindruckt, was Sie in Ihrer Ansprache über Christus Jesus gesagt haben. Normalerweise ist Jesus für uns der berausragende Heiler und Lehrer, aber wir betrachten ihn nicht unbedingt als Geschäftsmann. Und doch haben Sie über seine zwei großen Gebote — Liebe zu Gott und Liebe zum Menschen — gesagt, daß damit die Aufgaben eines Unternehmens gut beschrieben werden. Weswegen glauben Sie, daß Gottes Gesetz und Jesu Lehren für die Geschäftswelt von so grundsätzlicher Bedeutung sind? Weil ich glaube, daß wahre Geschäftstätigkeit darin besteht, unsere Ressourcen, die eine Sichtbarwerdung der Liebe Gottes zu uns allen sind, im Dienst an Seinem Volk und zum Wohl aller Seiner Kinder zu nutzen. Christus Jesus hat uns gezeigt, was es bedeutet, Gott zu dienen und dem Menschen.
Wenn man sechs Tage die Woche versucht, ein Unternehmen ohne Gott zu führen — während doch das Unternehmen die Liebe Gottes zum Ausdruck bringen sollte, die jede menschliche Not stillt, dann ist das ein Widerspruch in sich. Unser Unternehmen sechs Tage die Woche zu führen heißt eigentlich: beständig zu beten — und zwar in dem Sinne, daß wir uns darum bemühen, unsere Mittel in den Dienst des Guten oder in Gottes Dienst zu stellen.
Wie paßt der Konkurrenzkampf in dieses Bild? Ich glaube, daß Wettbewerb — mit dem Ziel, den größten Nutzen aus dem zu ziehen, was man hat, um die besten Güter und Dienstleistungen für unsere Mitbürger zu produzieren — etwas durchaus Wunderbares und höchst Wünschenswertes ist. In gewissem Sinne stehe ich denn auch mit anderen im Wettbewerb, und ich habe nicht den geringsten Zweifel, daß dieser Wettbewerb für mich und für andere sehr gut ist, um das Beste und Höchste an Effizienz und Qualität zu erreichen.
Doch sollten wir uns darüber klar sein, daß Wettbewerb und Zusammenarbeit völlig verschiedene Dinge sind, und der überwiegende Teil unserer Unternehmenstätigkeit sollte sich auf Zusammenarbeit und nicht auf Wettbewerb gründen. Nehmen wir zum Beispiel das Verhältnis zur Belegschaft. Wir versuchen ganz gewiß nicht, unsere Mitarbeiter zu übervorteilen, indem wir versuchen, für ein möglichst niedriges Arbeitsentgelt eine immer höhere Arbeitsleistung aus ihnen herauszupressen. Wir arbeiten mit ihnen zusammen, wir sind im Grunde genommen Partner. Sie sind unsere wichtigsten Ressourcen und Teil des Gesamtausdrucks göttlicher Fülle. Der alte Gegensatz zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer verschwindet. Es entsteht ein höchst kooperatives Verhältnis.
Das Gleiche gilt für den technischen Bereich. Wir stehen nicht in Konkurrenz mit der Technik. Wir arbeiten mit ihr zusammen. Es ist ausgesprochen wichtig, daß die technischen Möglichkeiten, die ja stets ein äußeres Zeichen der ununterbrochenen Offenbarwerdung göttlicher Ideen sind, auch genutzt werden. Unser Unternehmen muß ausgewogen sein: Es braucht ein kooperatives Verhältnis zu den Menschen, zur Technik und zu den anderen Ressourcen, und gleichzeitig muß es seine Geschäfte effizient und gut abwickeln — und dabei steht es im üblichen Sinn des Wortes im Wettbewerb.
In Ihrer Ansprache sagten Sie, daß wir keine faulen Ausreden gebrauchen können, wenn wir Gottes Gesetz in der Geschäftswelt zur Entfaltung bringen wollen — daß wir zum Beispiel unmöglich sagen können: „Ich liebe zwar meinen Nächsten, aber nur, solange dadurch nicht der Gewinn beeinträchtigt wird.“ Würde nicht der eine oder andere darauf entgegnen, daß ein gewisses Lavieren einfach praktischen Sinn verrät und daß gerade Unternehmen doch praktisch denken sollten? Ist es nicht zu radikal zu versuchen, auf den Märkten der Welt ohne Wenn und Aber von einem geistigen Standpunkt aus zu agieren? Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, wie man sich — wenn man wirklich versteht, daß die Wissenschaft des Christus oder die Wissenschaft der Gesetze Gottes uns beherrscht, uns als Seine Ideen unmittelbar regiert — dann nonchalant über die Anwendung dieser Wissenschaft im Geschäftsleben hinwegsetzen kann.
Mary Baker Eddy hat in ihrem Buch Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift gegen Ende des Kapitels „Fußtapfen der Wahrheit“ folgendes geschrieben: „Gott verlangt Vollkommenheit, aber nicht eher, als bis die Schlacht zwischen Geist und Fleisch ausgefochten und der Sieg gewonnen ist.“ Dem, was sie unmittelbar davor sagt, wird damit kein Abbruch getan, nämlich: „Die Menschen sind konsequent, die wachen und beten, die, laufen‘ können, und nicht matt werden,... wandeln‘ können, und nicht müde werden‘, die das Gute schnell erringen und ihre Stellung behaupten oder die es langsam erlangen und sich nicht entmutigen lassen.“
Es gibt keinen Grund, warum wir in der Geschäftswelt nicht beständig danach streben sollten, das absolute Prinzip als sichtbares Zeichen des Reiches Gottes anzuwenden.
Könnten Sie ein Beispiel bringen, wo es Ihnen leichter gefallen oder zweckmäßiger erschienen wäre, sich nicht an das Prinzip zu halten, wo aber Ihr Festhalten am Prinzip zu einem entscheidenen Durchbruch geführt hat? Im letzten Jahr wurde in unserer Unternehmensgruppe eine leitende Stelle frei, für die ich die Voraussetzungen mitgebracht hätte. Ich wurde übergangen. Mir wurde aber gleichzeitig eine offensichtlich sehr attraktive Stelle bei einem anderen Unternehmen angeboten. Vom persönlichen Standpunkt aus wäre diese Berufung eine angemessene Anerkennung für meine bisherige Leistung gewesen.
Ich war zunächst sehr durcheinander und suchte einen Ausüber der Christlichen Wissenschaft auf. Mit seiner Hilfe wurde mir klar, daß es gar nicht um „Anerkennung“, „Selbstrechtfertigung“ oder um „Eigenwillen“ ging. Ich beschloß, auf meinem bisherigen Arbeitsplatz zu bleiben. Und seither spüre ich immer deutlicher, wie Gottes Wille sich kundtut und sich neue Möglichkeiten für den Einsatz meiner Fähigkeiten eröffnen.
Zwei Wochen später wurde ich gebeten, ein Unternehmensplanspiel für uns und eine andere größere Unternehmensgruppe zu leiten. Ich konnte dabei sehr unterschiedliche Personen zusammenbringen. Nach sechsmonatiger Zusammenarbeit wurde eine völlige Übereinstimmung erzielt.
Die Ergebnisse gründeten sich nicht auf Personen, noch waren sie von Personen vorangetrieben worden oder von speziellen Sonderinteressen bestimmt, und daher wurden sie mit großem Interesse aufgenommen, nicht nur von den beiden beteiligten Unternehmensgruppen, sondern auch von anderen wichtigen Entscheidungsträgern, die für den Gang der Ereignisse in Südafrika mitverantwortlich sind. Klare Hinweise sprechen dafür, daß Interessenten aus allen Bevölkerungsschichten die Ergebnisse in ihre Positionsbestimmung und Planung mit einbeziehen.
Rückblickend kann ich jetzt sagen: Gerade weil ich zu jener Zeit an meinem höchsten Verständnis vom Prinzip festgehalten habe, sind mir Möglichkeiten eröffnet worden, zum Fortschritt beizutragen — Möglichkeiten, an die ich nicht einmal im Traum gedacht hätte.
Sind Sie auf Unverständnis gestoßen, als Sie diese Überzeugungen in Ihrem Unternehmen zu „verkaufen“ versuchten? Nein, ganz und gar nicht. Denn wenn ich meine Ansichten darüber darlege, wie wir unserem Land besser dienen können, so sind das nicht lediglich die Ansichten eines Vorstandsmitglieds dieses Unternehmens. Diese Auffassungen sind vielmehr im gesamten Unternehmen verbreitet. Mitarbeiter in allen Führungspositionen und auch alle anderen Angestellten sind sehr gerne bereit, die Rolle unseres Unternehmens im sozialen Umfeld zu hinterfragen und nach einem höheren Geschäftsprinzip zu suchen, als es in der Geschäftswelt bislang die Regel ist.
Hier ein Beispiel dafür, daß es sich tatsächlich um die vorherrschende Auffassung handelt... Vor kurzem haben einige Angestellte den Vorschlag gemacht, daß angesichts der Spannungen und der Gewalt in unserem Land allen Mitarbeitern jede Woche zu einer festgelegten Zeit die Möglichkeit eingeräumt werden sollte, für den Frieden im Lande zu beten. Ich habe mich daraufhin in einem persönlichen Schreiben an alle Mitarbeiter gewandt und ihnen nahegelegt, über diesen Vorschlag nachzudenken und sich zu überlegen, ob sie dabei mitmachen würden, und daß sie, wenn immer möglich, anderen die Möglichkeit geben sollten, sich an diesem Gebet zu beteiligen, wenn sie das wünschten.
Das Echo auf diesen Brief war einfach wundervoll. Beachtlich viele Mitarbeiter haben mir mitgeteilt, daß sie für diese Anregung dankbar seien und daß sie ihr im Rahmen ihrer Möglichkeiten sofort nachkommen wollten. In einigen Zweigniederlassungen unseres Instituts haben die Mitarbeiter eigene Initiativen zu diesem Vorschlag entwickelt. Es besteht somit hinsichtlich der Funktion und Aufgabe unseres Unternehmens eine breite Übereinstimmung.
Ich könnte mir vorstellen, daß einige Leute sagen: Das klingt ja so, als sei der Himmel auf Erden ausgebrochen — als sei hier ein Arbeitsplatz, wo Geschäftsleitung und Angestellte im Geist der Einigkeit zusammenarbeiten. Hätten wir diesen Himmel doch bloß schon erreicht! Ohne Frage gibt es in unserem Unternehmen auch Probleme. Doch glaube ich, daß wir eine Grundlage haben, eine sehr solide Grundlage, von der aus wir diese Schwierigkeiten anpacken können und auch wirklich anpacken — und lösen.
Wir arbeiten beständig daran, unser Unternehmen zum Nutzen der Bevölkerung zu führen. Wir sagen auch offen, daß dies unser Geschäftsziel ist, und die Menschen haben seither begeistert darauf reagiert. Wir haben ohne Zweifel eine ganze Reihe Mitarbeiter, die nicht des Geldes oder ihrer persönlichen Karriere wegen bei uns sind, sondern weil sie dieses Geschäftsgebahren und die Ziele unseres Unternehmens gutheißen — eben daß wir nicht rücksichtslos ein Maximum an materiellem Gewinn erreichen wollen, sondern uns dem Dienst am Mitmenschen verpflichtet fühlen.
[Der zweite Teil dieses Interviews folgt im August-Herold.]
