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Wenn etwas fehlt

Aus der Juli 1992-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft


Hätte Man Mich vor zwei Jahren gefragt, warum ich Abstinenzlerin bin, so hätte ich niemals geantwortet: „Aus religiösen Gründen." Das lag einmal daran, daß ich nicht unbedingt erklären wollte, was die Christliche Wissenschaft ist. Und zweitens bin ich an der Universität oft mit Leuten zusammen, die Religion als die langweiligste und unbedeutendste Sache der Welt betrachten.

In letzter Zeit jedoch habe ich intensiver über dieses Thema nachgedacht, und ich nehme jetzt einen festeren und ehrlicheren Standpunkt ein, wenn es um die wahren Gründe meiner Entscheidungen geht. Ich verstehe besser Mary Baker Eddys Aussage in Wissenschaft und Gesundheit über die zu Gottes Ebenbild geschaffene geistige Individualität des Menschen: „Diese wissenschaftliche Auffassung vom Sein, die die Materie um des Geistes willen aufgibt, deutet keineswegs darauf hin, daß der Mensch in der Gottheit aufgeht und seine Identität einbüßt, sondern diese Auffassung verleiht dem Menschen eine erweiterte Individualität, eine umfangreichere Sphäre des Gedankens und der Tätigkeit, eine umfassendere Liebe, einen höheren und dauernderen Frieden.“

In meiner Schulzeit trank ich keinen Alkohol, weil ich dem Beispiel meiner Eltern folgte. Manchmal jedoch fühlte ich mich von meinen Freunden abgesondert — anders. Wenn man mich zum Trinken herausforderte, sagte ich immer: „Das schmeckt mir nicht“ oder: „Alkohol ist zu teuer“ oder: „Ich will nicht die Kontrolle über mich selber verlieren.“

Diese Antworten wurden im allgemeinen akzeptiert, und sie gelten auch nach wie vor für mich. Aber als ich an der Universität zu studieren begann, fragte ich mich, ob ich mir nicht etwas entgehen ließ. Ich hatte mich gegen den Genuß von Alkohol verschrieben, ohne Alkohol je probiert zu haben. Mehr noch, ich verstand eigentlich gar nicht richtig die geistige Grundlage für die Ablehnung von Rauschmitteln, und die anderen Begründungen klangen — selbst für mich — nicht immer überzeugend.

Ich entschloß mich schließlich, nicht herauszufinden, was mir entging, wenn ich nicht trank, sondern die Religion, in der ich aufgewachsen war, gründlicher zu studieren — mehr über die „wissenschaftliche Auffassung vom Sein“ herauszufinden, die die Christliche Wissenschaft erklärt. Und die Verlockung, herauszufinden, was ich zu verpassen meinte, benutzte ich als Gelegenheit, mehr von der „erweiterten Individualität“ zu entdecken, von der Mrs. Eddy spricht.

Ich war mit den grundlegenden Lehren der Christlichen Wissenschaft vertraut — daß Gott, Geist, vollkommen ist und daher Seine Idee, der Mensch, geistig und vollkommen sein muß —, aber ich konnte mir die praktische Verbindung zwischen diesen geistigen Wahrheiten und meinen menschlichen Entscheidungen oder Verhaltensweisen nicht richtig erklären. Es mußte etwas geben, was eine Beziehung zeigt zwischen dem, was der Mensch, relativ und fleischlich gesehen, zu sein scheint und was er als Sprößling Gottes in Wirklichkeit ist. Ich glaube, ich wollte wissen, ob das Menschliche in irgendeiner Weise mit dem Göttlichen übereinstimmt. Gab es nur die materielle, menschliche Natur?

Die Christliche Wissenschaft ist radikal. Sie erklärt, daß es — im buchstäblichen Sinn — möglich ist, Christus Jesus zu folgen. Jesus war sich stets der Einheit des Menschen mit Gott bewußt. Er sagte: „Ich und der Vater sind eins.“ Er sagte auch: „Wer an mich glaubt, der wird die Werke auch tun, die ich tue, und er wird noch größere als diese tun.“

Trotz der Armut, trotz Krankheit, Tod, starrer Theologie und Falschheit in der Welt um ihn her, heilte Jesus jede Art von Krankheit und Not. Er sprach davon, daß das Himmelreich schon jetzt erreichbar ist. Und er betonte immer wieder, daß Reinheit, Sanftmut und ein Verlangen nach Gerechtigkeit Freude mit sich bringen.

So begann ich über den Unterschied zwischen dem geistigen Sinn und den materiellen Sinnen nachzudenken. Dabei nahm ich einen Vergleich zu Hilfe. Ich verglich Gott und Seinen Christus, die immergegenwärtige Wahrheit, die jeden Irrtum zerstören kann, mit Sonne und Licht. Und die materiellen Gedanken, die behaupten, der Mensch sei zugleich Schöpfer und Vernichter und sei allen Ängsten, Krankheiten und Nöten der Menschheit ausgesetzt, verglich ich mit Nebel.

Wenn man Sie aufforderte, den Nebel aufzulösen (nur angenommen natürlich!), so würden Sie wohl kaum noch mehr Nebel hinzufügen, sondern eher eine große Portion Sonnenschein bestellen! Sind Sie nun unglücklich, allein oder voll Furcht, erwarten sie dann, daß die Lösung von derselben Quelle kommt, die die Schwierigkeiten brachte, das heißt von der Verworrenheit (dem Nebel) über Ihr wahres Wesen als Mensch Gottes? Früher oder später müssen wir eingestehen, daß menschliche Lösungen, die die geistige Natur des Menschen außer acht lassen und auf einer begrenzten, falschen Vorstellung vom Menschen gründen, uns niemals bleibende Antworten auf Lebensfragen geben oder uns moralisch heben können; auch können sie nicht unsere Probleme an der Wurzel packen und sie wirklich beseitigen, denn wir brauchen zuallererst mehr Geistigkeit.

Die Sonne braucht sich nicht zu verändern, ja sie braucht nicht einmal um den Nebel zu wissen, um ihn aufzulösen. Sie tut einfach, was sie zu tun hat, und scheint. Ebensowenig muß Gott sich ändern oder etwas besser tun. Liebe bleibt Liebe, Leben bleibt Leben, Wahrheit bleibt Wahrheit — Gott bleibt sich in Seinem ganzen Wesen immer gleich. Christus Jesus lehrte, daß sich unsere Auffassung vom Menschen ändern muß, damit wir den materiellen Nebel oder Irrtum vertreiben können. Und tatsächlich wird der Nebel zu einem Nichts, wird er machtlos, wenn wir die Sonne hindurchscheinen sehen, oder noch wichtiger, wenn wir Gott mit dem geistigen Sinn begreifen. Mrs. Eddy schreibt in Wissenschaft und Gesundheit: „... der Mensch [ist] nicht materiell; er ist geistig.“ Und dieser Gedanke ist grundlegend für alles, was die Christliche Wissenschaft lehrt.

Ich sah mein Ziel nun darin, zu versuchen, den geistigen Sinn für das, was wirklich und wichtig ist, zu entwickeln. Ganz offensichtlich gibt man sich doch Illusionen hin, wenn man von einer Droge (sei es Alkohol oder sonst ein Mittel), die keine eigene Intelligenz besitzt, erwartet, daß sie Sicherheit, Glück oder Zufriedenheit bringt. Wenn die Wirkungen der Droge nachlassen, bleibt man mit denselben alten Ängsten, seiner Einsamkeit und den rechtfertigenden Ausflüchten zurück, die man vorher schon hatte.

Langsam begriff ich, daß es etwas Natürliches ist, auf Gott zu vertrauen. Er ist die Quelle unserer Substanz, unserer Güte und Intelligenz. Lernen wir Ihn verstehen, so erhalten wir eine verläßliche Stütze. Je weniger wir glauben, daß unsere materiellen Sinne das Informationszentrum über unser wahres Sein sind, um so geringer wird unsere Abhängigkeit von der Materie. Unsere gottgegebene Autorität über Furcht, Krankheit, Einsamkeit, Unzufriedenheit und Entmutigung wird uns dann klarer. Wenn wir unseren geistigen Sinn benutzen, lassen wir langgehegte Annahmen, Begrenzungen und Illusionen der Sinne hinter uns.

Das sind, kurz gefaßt, meine Gedankengänge gewesen. Ich weiß nicht genau, wann sich der Wandel vollzog, aber ich merkte kürzlich, daß ich mich nicht mehr im geringsten ausgeschlossen fühle, weil ich nicht trinke. Im Gegenteil, ich bin sicherer und glücklicher als je zuvor. Jetzt erkenne ich, daß es gar nicht anders hätte sein können. Da ich das geistige Prinzip verstand, das meinen Entscheidungen zugrunde lag — sie nicht nur blind übernahm, um dadurch wie meine Eltern zu sein —, drückte ich ganz natürlich Freude, Vitalität und Zufriedenheit aus, Eigenschaften, die der Mensch von Natur aus besitzt. Es bedurfte keiner Rechtfertigungen, noch fühlte ich mich irgendwie befangen, weil ich das Trinken ablehnte.

Ich war imstande, alles abzuschütteln, was mich belastete und mich davon abhielt, allein auf Geist zu vertrauen (so auch die Annahme, Drogen könnten vielleicht doch eine angenehme und positive Wirkung haben). Früher hatte ich die Einstellung meiner Eltern zum Glauben übernommen. Jetzt verstand ich, daß es weise ist, auf Gott zu vertrauen, und daß es einem Freiheit bringt. Mir wurde klar, daß ich von meinem geistigen Sinn Gebrauch machte und meinem wahren Wesen gemäß lebte, wenn ich Herrschaft über mein Verhalten, meine Worte und Werte hatte.

Christus Jesus sagte: „Das sage ich euch, damit meine Freude in euch bleibe und eure Freude vollkommen werde.“ Ich begreife langsam, was er damit meinte. Durch mein Studium der Christlichen Wissenschaft lerne ich, wie ich auf den geistigen Sinn hören und reagieren kann.

Ich amüsiere mich — auf Partys, zu Hause, an der Uni —, aber nicht, weil die materiellen Sinne mir mitteilen, wie die Dinge laufen (gut oder schlecht), sondern weil mir der geistige Sinn immer sagt, daß ich als Widerspiegelung Gottes vollständig, liebevoll, freudig und zufrieden bin. Ich lerne, daß jedes Gefühl der Isoliertheit von selbst vergeht, wenn ich mich an Gott wende, um mehr über die wahre geistige Natur des Menschen herauszufinden.

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