Als Kind liebte ich Weihnachten — das Geben und Empfangen von Geschenken, das Singen von Weihnachtsliedern, die Festlichkeiten und Freuden der ganzen Weihnachtszeit. Aber einmal zu Weihnachten lernte ich etwas Wichtiges, was mir half, diese besondere Zeit besser zu verstehen.
Als ich zur höheren Schule ging, hatte ich eine Teilzeitbeschäftigung bei einem Floristen im Ort. Ich trug Blumen aus. Wenn der Empfänger nicht zu Hause war, gab ich die zarten Blumen wegen der Kälte und des Schnees bei Nachbarn ab. Zu meinem Erstaunen waren einige Nachbarn manchmal etwas betroffen, wenn sie erfuhren, daß die Blumen nicht für sie waren. Eine Welle von Traurigkeit schien dann über sie zu kommen; andere waren einen Moment lang enttäuscht. Ich konnte sehen, wie eine materialistische Einstellung in bezug auf das Weihnachtsfest die Menschen empfindlich gemacht hatte. Das wirkte sich auf meine jugendliche Weihnachtsfreude aus. Ich fragte mich, ob es sich lohnte, Geschenke zu geben, wenn es Menschen unglücklich machte.
Was ich brauchte, war ein tieferes Verständnis von Weihnachten. Nach vielem Gebet kam ich dann zu folgender Erkenntnis: Beim Weihnachtenfeiern sollten nicht die Geschenke im Vordergrund stehen, sondern die Freude über die Macht und ständige Gegenwart des Christus, der Wahrheit, die Jesus so bewußt gelebt hatte. Christus verkündet, daß der Mensch Gottes Kind ist und daß unser wahres Selbst daher geistig und vollständig ist. Diese wichtige Wahrheit bildete die Grundlage für Jesu Heiltätigkeit. Und wie die Christliche Wissenschaft uns zeigt, vertreibt dieselbe Wahrheit, wenn sie verstanden wird, auch heute noch die Wolken, die die gottgegebene Gesundheit und Freude des Menschen verdunkeln.
Weihnachten ist also eine Gelegenheit für uns, die biblische Botschaft aus dem Johannesevangelium zu feiern! „Wie viele ihn aber aufnahmen, denen gab er Macht, Gottes Kinder zu werden, denen, die an seinen Namen glauben, die nicht aus dem Blut noch aus dem Willen des Fleisches noch aus dem Willen eines Mannes, sondern von Gott geboren sind.“ Joh 1:12, 13. Das Verständnis, daß der Mensch Gottes Kind ist, kann zu Heilung führen. Es bringt den traurigen Herzen Freude, unzufriedenen Menschen Frieden und den Kranken Gesundheit. Als Gottes Geschöpf ist der Mensch in Wirklichkeit nicht von materiellen Bedingungen abhängig — und das ist beweisbar.
Dieser Gedanke gefiel mir! Ich beschloß, diese Wahrheit von der Einheit des Menschen mit seinem Vater-Mutter Gott — des von Gott erschaffenen und von Ihm versorgten Menschen — in jedes Haus zu bringen.
Wenn ich nun die Blumen austrug, machte ich mir klar, daß die Gegenwart der göttlichen Liebe jeden zärtlich umfängt. Welche Freude erfüllte mich, als ich bewußt an der Erkenntnis festhielt, daß wir keine Sterblichen sind, die mit allen möglichen Schwierigkeiten zu kämpfen haben, sondern die geliebten Kinder Gottes. Ich weigerte mich, von dieser Wahrheit abzulassen. So feierte ich das fortwährende Erscheinen des Christus im menschlichen Alltag. Und meine Erfahrungen änderten sich! Jeden Tag boten sich so viele Gelegenheiten, Gottes Liebe auszudrücken und zu sehen, wie andere sie zum Ausdruck brachten. Es gab keine traurigen Szenen in Nachbarhäusern mehr. Die Blumen auszutragen fiel mir leichter als je zuvor. Aber noch wichtiger war, daß ich an jeder Türschwelle Gottes Gnade empfand. Und bei jeder Begegnung wurde in gewisser Weise diese tiefere Bedeutung von Weihnachten gefeiert.
Ich bin in jener Weihnachtszeit reifer geworden, und noch heute ist mir jene Erfahrung ein Maßstab für das Feiern von Weihnachten.
Jedes Weihnachtsfest sollte uns den Christusgeist näherbringen. Mrs. Eddy schrieb einmal: „Ich liebe es, Weihnachten in der Stille, in Demut, Mildtätigkeit und Nächstenliebe zu begehen, indem ich Wohlwollen gegen den Menschen, beredtes Schweigen, Gebet und Lobpreis meinen Begriff vom Erscheinen der Wahrheit bekunden lasse.
Der Glanz dieser Geburt Christi enthüllt unendliche Bedeutungen und verleiht mannigfaltige Segnungen.“ Die Erste Kirche Christi, Wissenschafter, und Verschiedenes, S. 262.
Wie viele von uns wünschen, sie hätten vor Jahrhunderten dort an der Krippe sein und die Ankunft des Heilands miterleben können. In einem tieferen Sinn besteht die Möglichkeit noch heute. Dadurch, daß wir unser Denken und Leben rein halten und den Menschen als Gottes Ebenbild wahrnehmen, können wir das ewige Kommen des Christus, der Wahrheit, zur Menschheit feiern. Die gleichen Eigenschaften, die damals nötig waren, sind auch heute nötig. Das erste Christfest wurde angekündigt durch Demut, Wohlwollen, Stille und Lobpreisen von Josef, Maria und den Hirten. Wenn diese Eigenschaften heute gelebt werden, helfen sie, die Tränen, die Frustration und die Leere, die der Materialismus diesem heiligen Fest aufzwingen will, hinwegzuwischen. In der Krippe gebet-vollen Denkens können wir in jedem Menschen das Kind Gottes wahrnehmen. Das bewußte Anerkennen, daß der Mensch nicht aus Fleisch oder aus menschlichem Willen entstanden ist, sondern daß sein Vater-Mutter Gott ihn geschaffen hat und ewiglich liebt, segnet andere, wie nichts anderes es tun kann.
