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Unversehrt in der einen Liebe

Aus der Dezember 1993-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft


Während Menschen Auf der ganzen Welt für die Rechte des einzelnen eintreten, sind die Nachrichten voll von Berichten über ethnische Spaltungen. Viele sehnen sich nach Stabilität in einer Zeit, wo Regierungen fallen und die Völker ihre Unabhängigkeit erklären. Man könnte denken: „Wie kann ich helfen, und wo fange ich nur an? Ich kann ja kaum meine eigenen Probleme bewältigen. Wie kann ich einen heilenden Einfluß auf die Welt haben?“

Als ich eines Tages mitten in Chicago an einem Geschäft vorbeiging, fiel mir ein Plakat im Schaufenster auf. Es zeigte fröhliche Gesichter von Menschen aus aller Welt, und darüber stand fettgedruckt ein Zitat von H. G. Wells: „Unsere wahre Nationalität ist die Menschheit.“ Die Aussage ließ mich innehalten. Ich schaute mir die Leute um mich her auf der Straße an, Leute aus allen Schichten der Gesellschaft. Tief in meinem Herzen wußte ich, daß wir alle Mitglieder einer großen Familie sind — Gottes Familie — und daß die wahre Identität eines jeden von uns Sein geistiges Bild und Gleichnis ist.

Ich wußte aber auch, daß ich dies besser verstehen mußte. Die Christliche Wissenschaft hatte mich gelehrt, daß bloßes Nachdenken über die Brüderschaft der Menschen die tief eingefleischten Spaltungen, Ängste und Mißverständnisse nicht heilen würde. Wahre Einheit mußte aus einem tieferen Verständnis der Einheit des Menschen mit seiner Quelle, Gott, kommen.

Wie es im Buch des Propheten Jeremia wiedergegeben wird, sagt Gott: „Und ich will ihnen einerlei Sinn und einerlei Wandel geben, daß sie mich fürchten ihr Leben lang, auf daß es ihnen wohlgehe und ihren Kindern nach ihnen.“ Jer 32:39. Dieser „Wandel” wurde im Leben Christi Jesu klar veranschaulicht. Jesus legte das Fundament für die Erkenntnis, daß alle Menschen Brüder sind. Die umwandelnde Macht hinter Jesu Werk war Liebe — nicht nur eine menschliche Liebe, sondern Liebe als reiner und unverderblicher Ausdruck Gottes, der göttlichen Liebe. Und diese unparteiische, allgegenwärtige Macht Gottes heilt.

Ich betete, um zu erkennen, wie ich selber mehr tun konnte. Mir kam der Gedanke, daß ich mich und alle Menschen in meiner Umgebung viel mehr lieben konnte. Ich konnte so lieben, wie Jesus es gelehrt hatte, nämlich ohne Heuchelei.

Ich fing an, meine Gedanken zu prüfen und darauf zu achten, wie ich die Menschen betrachtete und was ich über sie dachte. Schaute ich wirklich nach Gottes geistigem Menschen aus, oder akzeptierte ich das oberflächliche Erscheinungsbild? Ich betete voller Hingabe, um Gottes Bild und Gleichnis in mir und anderen zu erkennen — um die Güte und Reinheit unserer wahren Identität zu sehen.

Als ich mir stärker der Macht und Gegenwart der Liebe bewußt wurde, sah ich mich und andere mehr und mehr in einem neuen Licht. Das gelang mir nicht völlig mühelos, nicht ohne wachsam zu sein, doch es machte mir klar, warum Jesus so sicher war, daß der einzelne die Fähigkeit hat, einen heilenden Einfluß auf die Welt auszuüben. Zweifellos bewies er selbst diese Fähigkeit. Sein Bewußtsein war so geistig, so rein, daß die Menschen sich zu ihm hingezogen fühlten und von weit her kamen, um geheilt zu werden.

Jeder von uns kann die Geistigkeit pflegen, die uns befähigt, zu heilen und Jesu Beispiel zu folgen. Mrs. Eddy schreibt: „Wisset denn, daß ihr unumschränkte Macht besitzt, recht zu denken und zu handeln, und daß nichts euch dieses Erbes berauben und gegen die Liebe verstoßen kann.“ Kanzel und Presse, S. 3. In dem Verhältnis, wie wir diese Macht erkennen und leben, werden wir feststellen, daß wir eine heilende Wirkung auf die Welt um uns her haben.

Kurz nachdem ich das Schaufensterplakat gesehen hatte, ging ich ins Kino. Ich betrat den dunklen Saal, als die vorhergehende Vorführung fast zu Ende war. In der Hoffnung, einen Platz zu finden, ohne jemanden zu stören, bog ich schnell in eine Reihe ein. Erst in dem Moment bemerkte ich eine Frau, die es sich auf ihrem Sitz bequem gemacht hatte. Sie schrie auf und klagte, ich stünde auf ihrem Fuß. Als ich mich entschuldigte, sagte sie: „Gehen Sie bloß weiter, bevor Sie noch jemanden umbringen.“ Selbst nachdem ich schon saß, fuhr sie mit ihren Bemerkungen fort und stöhnte sogar laut wegen ihres Fußes.

Ich hatte das Gefühl, daß mehr dahintersteckte, als daß ich ihr auf den Fuß getreten war. Ich bezweifelte nicht, daß Rassenspannungen ein Faktor waren und daß sie den Tritt nicht nur physisch empfunden hatte. Während ich dort saß, wandte ich mich im Gebet an Gott. Ich dachte über Gottes Liebe zu einem jeden von uns nach und erkannte, daß es in Seinen Kindern, die die göttliche, unendliche Liebe widerspiegeln, nichts gab, was verletzen oder verletzt werden konnte. Es stand nicht in meiner Macht, jemand anders herabzusetzen. Auch gab es keine wirkliche Macht, die einen von uns des Friedens berauben konnte, denn Frieden ist unser göttliches Erbe. Ich konnte darauf vertrauen — das war mir klar —, daß diese Gedanken die Macht hatten, die heilende Gegenwart des Christus zum Ausdruck zu bringen, die immer das letzte Wort hat.

Als die nächste Vorführung begann, fühlte ich, wie jemand sich mir von hinten näherte und die Arme um mich legte. Es war dieselbe Frau. Es tue ihr leid, sagte sie, solch eine Szene gemacht zu haben. Sie erzählte mir, daß sich hinterher ihre Tochter neben sie gesetzt habe. Die Tochter hatte sich erinnert, daß wir uns auf dem Weg aus den Toiletten begegnet waren (und einander zugelächelt hatten), und sie hatte zu ihrer Mutter gesagt: „Mutti, diese Frau ist doch nett.“ Wir unterhielten uns noch eine Weile und lachten wie alte Freunde; wir spürten die Gegenwart unseres Vater-Mutter Gottes.

Mir gefiel der Film, aber er war nicht annähernd so gut wie das, was ich an jenem Abend über Gottes Liebe erlebt hatte. Ich merkte, daß in meinem Bewußtsein Mauern dahinschmolzen, und das öffnete den Weg für ein klareres Verständnis von der Güte des Menschen. Ich freue mich immer noch darüber, wie selbstverständlich es war, daß in einem dunklen Kino in der Stadt eine fremde Frau auf mich zukam und mich umarmte. Der Christus hatte den Anschein von Verletzung und Spaltung aufgelöst und offenbart, wie natürlich gegenseitiges Verstehen und Liebe ist.

In bezug auf den endgültigen Sieg über alle Sünde, schreibt Mrs. Eddy: „Ein lauterer Gesang, lieblicher, als er je zuvor zum hohen Himmel emporgedrungen ist, steigt nun klarer und näher zu dem großen Herzen Christi auf, denn der Ankläger ist nicht da, und Liebe läßt ihre ureigene und ewige Weise erklingen.“ Wissenschaft und Gesundheit, S. 568. Wenn wir den Haß durch die Macht der Liebe überwinden, werden wir unseren Part in dem Gesang finden, der zum hohen Himmel empordringt. Die göttliche Liebe ist es, die alle Sünde und Spaltung heilt und die Reinheit unseres Einsseins mit Gott enthüllt.

Wenn ihr nur zu euren Brüdern freundlich seid,
was tut ihr Besonderes? Tun nicht dasselbe
auch die Heiden? Darum sollt ihr vollkommen sein,
wie euer Vater im Himmel vollkommen ist.

Matthäus 5:47, 48

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