Einmal bekamen wir zu Weihnachten einen Anhänger für unseren Tannenbaum geschenkt — einen fein geschnitzten Engel mit Flügeln, der auf einer Trompete blies. Wir hängten ihn nicht an den Baum, sondern ins Fenster, damit das Licht durch ihn hindurchscheinen konnte. Die leichten Luftzüge am Fenster ließen den Engel ständig an seinem Band hin und her schaukeln. Dabei klopfte er sachte ans Fenster, als wolle er sagen: „Hier bin ich.“
Das gab mir zu denken. Natürlich wußte ich, daß Engel keine kleinen Menschen mit Flügeln sind. Aber mir wurde klar, daß Flügel ein Symbol für die Freiheit und Tatkraft der Engel waren.
Das Studium der Christlichen Wissenschaft hatte mich gelehrt, daß Engel Gottes heilige Gedanken sind. Sie sind keine menschlichen Gedanken, obwohl sie zum menschlichen Bewußtsein kommen, wenn wir beten und auf Gottes Stimme lauschen. Sie sind göttliche Ideen, der Ausdruck von Gottes reinem Wesen und Seiner Gegenwart. Diese Ideen können menschlich wahrgenommen werden, sind aber, da Gott sie sendet, vollkommen geistig. Sie sagen uns, daß unser wahres Selbst vollkommen ist, daß Gott gegenwärtig und das Leben tatsächlich ewig und harmonisch ist.
Engel sind eine Offenbarwerdung des Christus, eine Offenbarwerdung von Gottes heilendem Einfluß im menschlichen Denken. Der Christus ist immer am Wirken und bringt Segen und Erneuerung. In dem Maße, wie wir für diesen göttlichen Einfluß empfänglich sind, werden wir seine erneuernde Kraft fühlen, die Furcht und Begrenzungen beseitigt.
Wenn Gottes reine Gedanken immer verfügbar sind und uns segnen, wie kommt es dann, daß wir sie nicht ständig hören oder ihre Gegenwart spüren? Der Grund liegt in einer materialistischen Auffassung vom Leben, die sich geistigen Ideen, geistigen Botschaften gegenüber nicht zugänglich zeigt.
Um Gottes Liebe zu spüren und Seine Gedanken wahrzunehmen, müssen wir durch Gebet die Tür vor dem Aufruhr im menschlichen Denken verschließen und uns erwartungsvoll und demütig dem einen göttlichen Gemüt zuwenden. Wir müssen innehalten und lauschen, indem wir unseren gottgegebenen geistigen Sinn betätigen. Dann werden wir die Gedanken wahrnehmen, die Gottes Güte und die geistige Vollkommenheit des Menschen verkündigen und die uns erheben, so daß wir das heilende Wirken und die erneuernde Kraft der göttlichen Liebe spüren. Mrs. Eddy sagt in ihrem Buch Vermischte Schriften: „Die Sterblichen brauchen sich nur dem Gesetz Gottes zu unterwerfen, mit ihm übereinzustimmen und Seinen Willen geschehen zu lassen. Dieses ununterbrochene Wirken des Gesetzes der göttlichen Liebe erquickt die Mühseligen und Beladenen.“ Verm., S. 208.
Auch inmitten der dringendsten Anforderungen des Tages können wir immer innehalten und auf Gottes Engel lauschen. „Seid stille und erkennet, daß ich Gott bin!” Ps 46:11. lesen wir in den Psalmen.
Warum sollten wir innehalten und auf Gottes Weisungen lauschen? Weil Er unser Schöpfer ist, der unendlich weise für Seine Kinder sorgt. Weil Gottes geistige Eingebungen den Weg frei machen für Frieden und Fortschritt. Warum sollte es da nicht unser Wunsch sein, uns von der Welt nicht mehr herumstoßen zu lassen und statt dessen auf Gott zu lauschen?
Eines Tages fühlte sich eine Frau bei ihrer Arbeit plötzlich überwältigt von den zunehmenden Anforderungen ihres Vorgesetzten. Die mentale Liste der Dinge, die sie zu tun hatte, lastete so schwer auf ihr, daß Erschöpfung und Frustration sie beinahe übermannten. Aus lauter Verzweiflung begann sie zu weinen.
Da fiel ihr ein Abstellraum nahebei ein; sie schloß die Tür auf, ging hinein und setzte sich auf einen Stapel Matratzen. Ihr wurde bewußt, wie ruhig der Abstellraum war, da die Matratzen alle Geräusche dämpften. Es war, als hätte sie plötzlich eine andere Welt betreten.
Sie saß ganz still da. Die Stille hatte eine beruhigende Wirkung auf sie. Aber sie wußte, daß sie mehr brauchte, als nur physische Stille. Sie wandte sich an Gott um Führung und spürte sofort, wie ihr eine Flut von geistigen Ideen kam. Sie fühlte sich von Gottes allgegenwärtiger Liebe getröstet, von Seinem Gesetz gestützt, von Seiner unendlichen Macht gestärkt und von Seiner Intelligenz inspiriert. Das Bewußtsein der Gegenwart Gottes und Seiner völligen Herrschaft überwand ihre Frustration und Erschöpfung vollständig. Sie fühlte die Gegenwart des Christus.
Dieses heilende Verständnis von Gottes engelhafter Gegenwart erfrischte sie. Es veränderte sie. Sie stand auf und verließ den Abstellraum fröhlich und inspiriert. Sie hatte ihr Denken den Engelsgedanken geöffnet und darüber die lange Liste der Dinge vergessen, die sie zu tun hatte. Aber dann lauschte sie erneut. Sie beschloß, das zu tun, was ihr als erstes in den Sinn kam, und danach das nächste Projekt in Angriff zu nehmen. Das gab ihr so ein Gefühl von Ordnung und Ruhe, daß sie alles schnell und leicht erledigen konnte. Ihr war fast so, als würde sie auf Flügeln durch jede Aufgabe getragen.
Ganz gleich, wie sehr wir unter Druck stehen oder wieviel wir zu tun haben, Gottes Gedanken sind immer am Wirken. Und mit ihrer Hilfe können wir die Orientierung, Inspiration oder Heilung erlangen, die wir brauchen. Gottes Gedanken bestehen ewig. Sie sind lebenspendend. Wenn wir auf sie lauschen und ihrer göttlichen Führung folgen, werden wir erkennen, daß sie immer etwas für uns tun. Sie bringen immer Harmonie und Segen.
