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Liebe deinen Nächsten wie dich selbst

Aus der Dezember 1993-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft


Früher hatte ich Christi Jesu Gebot „Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst“ Mt 22:39. eher als eine Forderung aufgefaßt, meinen Nächsten ebensosehr wie mich selbst zu lieben. Durch Gebet und mein Studium der Christlichen Wissenschaft erkannte ich, daß das Gebot, unseren Nächsten zu lieben wie uns selbst, auch eine Bedingung in sich schließt: Wir müssen erst uns selbst lieben, um andere lieben zu können.

Die Liebe, mit der wir uns selbst lieben müssen, ist weit von Eigenliebe entfernt. Sie ist vielmehr eine Liebe zu unserem wahren Selbst als Gottes Ebenbild, Seiner Idee. Sie bedeutet, daß wir uns selbst als Gottes vollkommene, geistige Schöpfung erkennen müssen. Wenn wir das beständig tun, wird uns klar, daß unsere scheinbaren Schwächen und Charakterfehler keinen Teil unseres wahren Seins ausmachen können und daß wir sie deshalb überwinden können. Je mehr wir unser wahres Wesen anerkennen und uns bemühen, es zum Ausdruck zu bringen, desto zuversichtlicher könne wir sein, daß negative Charakterzüge aus unserem Denken und Leben verschwinden werden. Vermögen wir erst einmal uns selbst auf diese Weise zu lieben, dann sind wir fähig, andere auf die beste Weise zu lieben — indem wir sehen, wer sie wirklich als Gottes Kinder sind.

Durch sein Gleichnis vom barmherzigen Samariter Siehe Lk 10:30–37. macht uns der Meister klar, daß unser Nächster nicht nur unsere Nachbarn sind, sondern alle, denen wir begegnen, unabhängig von ihrem sozialen Status, ihrer Staatsangehörigkeit, ihrem Glaubensbekenntnis, ihrer Rasse. Ja, unser gedanklicher Wirkungskreis und unsere geistige Liebe sollten sich immer weiter ausdehnen über unsere Familie, unsere Gemeinde und sogar unser Vaterland hinaus, bis sie die ganze Menschheit umfassen. Die Familie dient sozusagen als Vorschule der Liebe. Wir lernen von klein auf, unsere Eltern, Geschwister und sonstigen Verwandten zu lieben. Wir lernen, uns zu entschuldigen für Fehler, die wir begangen haben, und die Fehler anderer zu verzeihen. Wir bringen dann dieselbe Liebe und Versöhnlichkeit in alle unsere Beziehungen und in unsere Gebete für die Welt.

Ein kindliches Gemüt vergißt leicht Enttäuschung und Schmerz. Doch durch den Glauben an die Wirklichkeit des materiellen Lebens mit seinem Auf und Ab können wir dieses kindliche Gemüt verlieren. Wir bleiben uns vielleicht unserer eigenen Fehler und der anderer bewußt oder zumindest bleiben sie in unserem Unterbewußtsein haften und schaffen dadurch in uns ein verkehrtes Bild von uns selbst und von unseren Mitmenschen. Wir müssen wieder das kindliche Gemüt erlangen, das nur Gott, das Gute, die göttliche Liebe, kennt. Dies gelingt uns immer häufiger, wenn wir verneinen, daß irgendein Fehler zur unendlichen, guten Schöpfung Gottes gehören kann, ob es sich scheinbar um die eigenen Fehler oder die anderer handelt. Gott schuf den Menschen zu Seinem Ebenbild, für immer fehlerlos, liebenswert, vollkommen. Wir alle sind in Wirklichkeit Gottes geliebte Kinder, ohne Unterschied.

Ich möchte dies durch eine Erfahrung erläutern. Eines Tages, als ich auf der Straße ging, liefen vor mir zwei Männer; sie waren ungefähr einen halben Meter voneinander entfernt. In dem Augenblick, als der vordere einen Laden betrat, verlor er seine Geldtasche. Der andere griff sofort danach, blieb stehen und kontrollierte, wieviel Geld darin war. Dann ging er weiter. Als ich dies beobachtete, betete ich still; ich hielt ganz energisch daran fest, daß Gott niemals einen unehrlichen Menschen geschaffen hat. Ich erklärte, daß Gottes Kinder ehrlich sind und daß der Augenschein der materiellen Sinne eine Lüge ist; ein Kind Gottes kann nur richtig handeln.

Kaum hatte ich diesen Gedanken verfolgt, als der erste Mann mit einem ganz verzweifelten Gesichtsausdruck aus dem Laden stürzte und nach seiner Geldtasche suchte. Ich war inzwischen an der Stelle angelangt, wo er sie verloren hatte. Der andere Mann drehte sich um, kam einige Schritte zurück und überreichte dem Verlierer die Geldtasche. Auf mich deutend, sagte er: „Diese Dame hat mir gesagt, daß ich Ihnen die Geldtasche zurückgeben soll.” Ich hatte kein Wort mit ihm gesprochen. Diese Sinnesänderung war die Auswirkung davon, daß er auf die göttliche Wahrheit ansprach.

Es ist wichtig, daß wir keinen negativen Gedanken über unseren Nächsten festhalten. Gott ist der einzige wirkliche Richter. Unsere Aufgabe und Nächstenliebe besteht darin, in jedem Menschen Gottes vollkommene Schöpfung anzuerkennen. Dürfen wir dann niemals jemanden auf seine Fehler aufmerksam machen? Gelegentlich mag es angebracht sein, aber am wichtigsten ist, daß wir uns vor Augen halten, was über unsere zu Gottes Ebenbild geschaffenen Mitmenschen wahr ist. Das ist die beste Hilfe, die wir ihnen geben können, um Fehler zu überwinden.

Wie steht es aber um unsere Feinde? Jesus sagt uns: „Liebt eure Feinde; tut wohl denen, die euch hassen; segnet, die euch verfluchen”. Lk 6:27, 28. Das können wir nur tun, wenn wir in jedem Menschen Gottes Bild und Gleichnis sehen; dann erkennen wir, daß es keine Feinde gibt. Mrs. Eddy sagt es uns in ihren Vermischten Schriften ganz klar: „, Liebe deine Feinde’ ist gleichbedeutend mit, du hast keine Feinde’.“ Verm., S. 9. In dem Maße, wie wir uns den geistigen, vollkommenen Menschen vor Augen halten, schwinden Feindschaft und Haßgefühle aus unserem Bewußtsein, und wir betrachten unseren sogenannten Feind als einen Freund oder zumindest als jemanden, dem wir als Gottes Kind Achtung entgegenbringen können. Und dieses Verständnis von dem wahren Wesen unseres sogenannten Feindes als Gottes Kind kann dazu beitragen, daß er oder sie von den falschen Vorstellungen frei wird, die Feindseligkeit, Disharmonie und Traurigkeit ausgelöst haben. Dann lieben wir nicht nur unseren Nächsten, sondern wir helfen ihm auch, Frieden, Freude und Heilung zu finden.

Dieses Überwinden jedes feindlichen Gedankens übt eine mentale Wirkung aus, wie ein Stein, der in einen ruhigen See geworfen wird und immer größere Kreise auf der Oberfläche des Wassers zieht. So laßt uns immer nur Edelsteine der Liebe in den See des menschlichen Bewußtseins werfen, damit diese Liebe eine immer ausgedehntere Wirkung ausübt, bis sie die ganze Menschheit erreicht. Dann leisten wir einen wichtigen Beitrag zum Weltfrieden. Laßt uns beten, damit wir des Meisters Gebot erfüllen: „Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst.“

Wenn du deine Gabe auf dem
Altar opferst und dort kommt dir in den Sinn,
daß dein Bruder etwas gegen dich hat, so laß dort. ..
deine Gabe und geh zuerst hin
und versöhne dich mit deinem
Bruder und dann komm
und opfere deine Gabe.

Matthäus 5:23, 24

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