Sie Erklärte Ihren Eltern, daß sie hier nicht leben wollte. Das neue Haus und der neue Wohnort waren einfach nichts im Vergleich zu den früheren.
Die Reaktion des Mädchens zeigte, daß etwas Neues, selbst wenn es Fortschritt bedeutet, nicht immer so ist, wie wir es erwartet haben. Der Vater des Mädchens hatte viele Monate hindurch gebetet, um Klarheit darüber zu finden, wie er in seinem Beruf weiterkommen konnte. Seine Gebete hatten sich nicht nur um die eigene Weiterentwicklung gedreht — sie schlossen auch alle anderen ein.
Der Vater wünschte sich, den großen Segen zu erleben, der daraus erwächst, daß wir — durch Gebet wie auch das Studium der Bibel und des Lehrbuchs der Christlichen Wissenschaft, Wissenschaft und Gesundheit von Mary Baker Eddy — mehr über Gott und den Menschen lernen. Er wollte wirklich erkennen können, daß Gott, die göttliche Liebe, den Fortschritt aller regiert — und nicht das Hin und Her des menschlichen Willens, der unter Umständen töricht sein kann.
Aber die Tochter sah einfach nicht ein, was das mit ihr zu tun hatte. Sie hatte Freunde zurücklassen müssen. Jemand anders spielte jetzt an ihrer Stelle im Volleyballteam ihrer alten Schule. Alles schien so verkehrt zu sein, so falsch geplant. All das Gerede über Gott und Gebet und geistiges Wachstum füllte die schmerzliche Leere in ihrem Inneren nicht aus.
So betete ihr Vater weiter. Er wollte erkennen, wie er allen Familienmitgliedern die Umstellung erleichtern könnte. Natürlich ging es dabei nicht nur um einen reibungslosen Umzug. Beide Eltern waren sich sicher, daß sie jeden Schritt im Einklang mit der göttlichen Weisheit getan hatten. Sie fühlten intuitiv, daß die Entscheidungen richtig gewesen waren, die sie aufgrund ihrer Gebete getroffen hatten. Sie wußten, daß Gott Seine Kinder weder falsch führt noch sie im Stich läßt, und sie waren sich darüber klar, daß Gott nichts in Seiner Schöpfung ungetan oder unbedacht lassen könnte. Gott ist Geist, und Seine Schöpfung ist vollständig, ist vollendet, wie die Bibel uns sagt (siehe 1. Mose 2:1). In Wissenschaft und Gesundheit schreibt Mary Baker Eddy: „Diese Schöpfung besteht in der Entfaltung geistiger Ideen und deren Identitäten, die von dem unendlichen Gemüt umfaßt und immerdar widergespiegelt werden.“ Wissenschaft und Gesundheit, S. 502.
Schließlich kam dem Vater beim Gebet ein ganz einfaches Beispiel in den Sinn, über das er mit seiner Tochter sprechen konnte. Er sagte ihr, sie solle sich doch einmal vorstellen, sie hätte viele, viele Geschenke bekommen. Dann fuhr er fort: „Nimm einmal an, du hast das erste Geschenk ausgepackt und dich so sehr darüber gefreut, daß du die anderen Geschenke ganz vergißt, die dir auch gehören und die nur darauf warten, ausgepackt zu werden. Und stell dir nun vor, das nächste Päckchen enthält etwas noch Tolleres, woran du nicht einmal im Traum gedacht hast!“
Allmählich verstand sie, was er ihr damit sagen wollte. Es lag auf einer Linie mit dem, was sie als Schülerin in der Sonntagsschule der Christlichen Wissenschaft über Gott als Vater-Mutter gelernt hatte, als einen alliebenden, allintelligenten Gott, der Seine Kinder niemals mit dem Zweitbesten oder etwas Schlechterem abspeisen würde.
Nun, diese Familie machte die Erfahrung, daß der Wandel, der mit geistigem Wachstum Hand in Hand geht — sei es für einen einzelnen oder für viele —, manchmal reichlich unsanft und unerwünscht eintritt. Es ist gar nicht immer einfach, das Alte um des Neuen willen aufzugeben! Wenn wir uns jedoch bemühen, Gott gehorsam zu sein, und nur Ihm folgen wollen, dann gehen wir unter Gottes Leitung voran, und jeder Wechsel, den wir durchmachen müssen, ist zu unserem Besten.
Bald zeigte sich das auch in diesem Fall. Am nächsten Tag schon fand die Tochter eine sehr liebe Freundin, und die nächsten Jahre waren schöner als alles, was sie sich je hätte vorstellen können. Am wertvollsten aber war vielleicht das, was jedes Familienmitglied über gottregiertes Wachstum lernte.
Wenn wir uns in unserem Leben durch Gebet inspirieren und zu etwas Neuem führen lassen, brauchen wir nicht mit Furcht oder Widerstand zu reagieren. Sogar wenn wir noch gar nicht so sicher sind, daß etwas Gutes auf uns wartet, können wir doch darauf vertrauen, daß Gott den Menschen leitet. Der Mensch ist unentbehrlich für Gott, und Er sorgt für alles, was der Mensch zu seinem Wohlergehen und seinem Glück braucht. Gott ist allgut, deshalb kann man immer darauf vertrauen, daß Seine Leitung weder zu Verlusten noch in Gefahr führt. Den Menschen, die Angst hatten, sich der Macht und Herrschaft Gottes und Seines Christus zu überlassen, gab Christus Jesus die tröstliche Zusicherung: „Fürchte dich nicht, du kleine Herde! Denn es hat eurem Vater wohlgefallen, euch das Reich zu geben.“ Lk 12:32.
Wir dürfen niemals auch nur einen einzigen Augenblick denken, daß wir das, was Gott dem Menschen gibt, vielleicht irgendwann einmal wieder aufgeben müßten, möglicherweise als Vorbedingung dafür, daß wir mehr von Seiner Güte empfangen. Das Gute, das von Gott kommt, ist keine Leihgabe, die uns eines Tages wieder weggenommen werden könnte. „Alles, was schön und gut ist in deinem individuellen Bewußtsein, ist von Dauer“ Einh., S. 8., schreibt Mary Baker Eddy in ihrem Buch Die Einheit des Guten.
Das einzige, was aufgegeben werden muß, ist letztlich das, was die zunehmende Geistigkeit begrenzen will oder sich ihr entgegenstellt. Das gilt für jeden Bereich unseres Lebens, ob wir nun mitten in einem Umzug sind oder nicht. Das fleischliche Gemüt ist der Geistigkeit entgegengesetzt, und es steckt hinter jeder Form des Widerstands gegen geistiges Wachstum. Der Widerstand ist vielleicht zunächst gar nicht so offensichtlich. Er kann beispielsweise als Neid auftreten, wo Dankbarkeit und guter Wille gebraucht werden; als Sichabkapseln von anderen, wo wir aktiv und fürsorglich sein sollten; in verhärteten Gefühlen, wo Zartheit oder Vergebung angebracht wären.
Der Mensch, Gottes Gleichnis, verkörpert keine solchen fleischlichen oder gottunähnlichen Neigungen. Deshalb haben sie weder Daseinsberechtigung noch wirkliche Macht, sich unserem Fortschritt entgegenzustellen, und wir dürfen ihnen keinerlei Einfluß auf unser Leben zugestehen. Der Erfolg dieser Arbeit ist gesichert, wenn wir die Unendlichkeit und Vollkommenheit des Geistes, Gottes, erkennen, der kein Gegenteil haben kann — keinen wirklichen Gegenspieler.
Nun haben wir vielleicht auf dieser Linie gebetet und uns konsequent bemüht, mehr darüber verstehen zu lernen, daß unsere Identität und Individualität geistig und unbegrenzt, nicht materiell, ist. Und trotz unseres ernsten und beständigen Bemühens sehen wir keinen Erfolg. Gibt es noch etwas, was wir tun können?
Ja. Es ist immer klug, unser Herz zu prüfen, um zu sehen, inwieweit wir wirklich willens sind, geistig zu wachsen — mehr geistig und weniger fleischlich gesinnt zu werden. Das ist ein Wandel, der unerläßlich ist.
Man kann sich nicht aussuchen, wie man geistig wachsen will. Wir dürfen uns nicht einbilden, daß wir uns nur gerade genug geistige Gesinnung zuzulegen brauchen, um zum Beispiel von einem körperlichen Problem frei zu werden, während wir gar nicht daran denken, eine sündige Gewohnheit aufzugeben. Das wäre etwa so, als würde man versuchen, sein Bankkonto abzustimmen, indem man alle Additionsfehler korrigiert, nicht jedoch die Fehler in der Substraktion.
Der Mensch, Gottes Bild, ist sündlos und frei von Krankheit, eine vollkommene geistige Idee. Auch wenn dies für uns eine völlig neue Vorstellung ist und sie uns abverlangt, daß wir ein paar alte, liebgewordene ungeistige Vorstellungen über den Menschen aufgeben, so kann uns dies doch niemals des Guten, in welcher Form auch immer, berauben.
Wenn wir diesem Gleichnis Gottes immer ähnlicher werden wollen, so ist geistiges Wachstum erforderlich — und das heißt auch Wandel. Aber es ist ein Wandel, den wir stets willkommen heißen können. Er bringt mehr Gutes in unser Leben. Wir können ihn als ein Geschenk betrachten, das uns zugedacht ist und das nur darauf wartet, ausgepackt zu werden. Und es ist faszinierender als alles, was wir uns je vorstellen können.
Der Herr ist mein Gut und mein Teil;
du erhältst mir mein Erbteil. Das Los ist mir gefallen
auf liebliches Land; mir ist ein schönes Erbteil geworden.
Darum freut sich mein Herz... Du tust mir kund den Weg
zum Leben: Vor dir ist Freude die Fülle und Wonne
zu deiner Rechten ewiglich.
Psalm 16:5, 6, 9, 11
