Als ich klein war, waren meine Mutter und mein Vater nicht glücklich miteinander. Eines Tages erklärte meine Mutter meinem Bruder und mir, daß sie unseren Vater verlassen würde und daß wir mit ihr gehen könnten. Wir wollten bei ihr bleiben und gingen mit, und unser Vater lebte dann in einem anderen Teil des Landes.
Ich war oft sehr traurig, aber davon wollte ich niemanden etwas wissen lassen. Darum kletterte ich immer auf einen Baum im Garten des Hauses, in dem wir wohnten. Es war still im Baum. Ich konnte, wenn ich dort oben saß, ganz für mich allein sein, konnte nachdenken und beten.
In der Sonntagsschule der Christlichen Wissenschaft lernte ich, wie man betet. Ich lernte, daß beten nicht heißt, darum zu bitten, daß Gott alles in Ordnung bringt, also zum Beispiel Gott darum zu bitten, es so zu machen, daß Mutti und Vati wieder zusammen glücklich sind. Das ist eher ein Wunschtraum als ein Gebet. Beten ist aber nicht wünschen. Beten heißt: auf Gott lauschen.
Aber manchmal war ich so traurig, daß ich Mühe hatte, auf Gott zu lauschen. Dann rief ich mir erst einmal etwas ins Gedächtnis, was ich über Gott wußte. Ich erinnerte mich an Dinge wie:
Gott ist Geist. Er ist immer gegenwärtig, ist überall. Gott ist allmächtig, die einzige Macht. Gott ist Liebe. Er ist mein Vater und meine Mutter. Gott ist der einzige Schöpfer, und Er hat mich zu Seinem Bild und Gleichnis geschaffen. Gott schuf mich und kennt mich und liebt mich. Er ist jetzt hier bei mir. Er wird mich niemals allein lassen.
Ich dachte auch über die sieben Namen für Gott nach, die die Christliche Wissenschaft benutzt, um Sein Wesen zu erläutern: Leben, Wahrheit, Liebe, Prinzip, Gemüt, Seele, Geist. Ich wußte, daß Gott gut ist, daß Er mich gut macht und mich mit Gutem überschüttet. In Wissenschaft und Gesundheit sagt Mary Baker Eddy: „Alles, was gemacht ist, ist das Werk Gottes, und alles ist gut.“Wissenschaft und Gesundheit, S. 521.
Wenn ich so über Gott nachdachte, fühlte ich mich besser. Ich wußte, daß ich Gott vertrauen konnte. Dann lauschte ich auf neue Gedanken von Ihm. Mir kamen gute Gedanken, und ich wußte, daß Gott direkt zu mir sprach. Es waren Botschaften von meinem Vater-Mutter Gott ganz speziell an mich. Das gab mir das Gefühl, daß ich ganz nahe bei Gott war. Ich wußte, daß Gott mich liebte.
Bald ging es meiner Mutter wieder besser. Sie fand Arbeit, und wir zogen in eine andere Wohnung. Aber das war nun schon die dritte Schule für mich in diesem Schuljahr, und es fiel mir schwer, immer wieder neue Freunde zu finden. Meine Mutter und mein Vater versuchten beide, mir zu zeigen, daß sie mich liebhatten, aber ich wollte nur von allen in Ruhe gelassen werden.
Ich betete weiter. Das einzige, was gleichgeblieben war und sich nicht verändert hatte, war Gott. Ich wußte, daß Gott sich niemals verändern würde. Er ist immer hier. Gott würde mich immer lieben. Ich konnte mich auf Ihn verlassen.
Ich wollte mehr über Gott lernen, und so las ich ganz allein die Bibellektion Die wöchentliche Bibellektion aus dem Vierteljahrsheft der Christlichen Wissenschaft.. Manchmal öffnete ich einfach die Bibel oder Wissenschaft und Gesundheit und las darin. Es machte mir nichts aus, wenn ich nicht alles verstand. Ich las einfach und fand immer irgendeinen Gedanken, der mir wirklich gefiel.
Ich wandte mich mehr und mehr an Gott. Und zwar nicht nur, wenn ich traurig war und weil ich mich dann, wenn ich Gott näherkam, wieder glücklicher fühlte. Ich wandte mich jeden Tag an Gott — wenn ich aufstand, in der Schule, auf dem Spielplatz, zu Hause. Gott war mein bester Freund. Gott sorgt immer für uns.
Das erlebte ich auch an einem Tag, an dem wir früher Schulschluß hatten, weil es einen furchtbaren Schneesturm, einen Blizzard, gab. Ich ging allein von der Schule nach Hause, und es war bitter kalt. Zuerst wünschte ich, daß meine Mutter da wäre, damit ich nicht zu Fuß nach Hause laufen mußte. Aber sie arbeitete ja jetzt. So dachte ich darüber nach, daß Gott mein Vater und meine Mutter ist. Ich betete darum, zu erkennen, daß Gott genau in dem Augenblick bei mir war. Ich betete so, wie ich es immer auf dem Baum getan hatte. Bald kam mir der Gedanke, daß ich schneller laufen sollte. Ich wußte sofort, daß Gott hier sprach und mir half. Und mir war klar, daß ich wirklich schneller laufen konnte. Ich dachte weiter über Gott nach und dankte Ihm dafür, daß Er bei mir war. Ich kam sicher und unversehrt zu Hause an.
Meine Eltern wurden geschieden. Aber Gott half mir, so daß ich keine Angst davor hatte. Je mehr ich wußte, daß Gott mich liebte, und je aufmerksamer ich auf Gott lauschte, desto weniger traurig war ich wegen meiner Eltern. Und desto mehr fühlte ich auch, daß sie mich liebten.
Wenn deine Eltern nicht glücklich sind und an Scheidung denken oder bereits geschieden sind, dann kannst du bei Gott Hilfe und Liebe und Frieden finden. Gott ist dein Vater und deine Mutter. Er liebt dich und gibt dir gute Gedanken. Du kannst Seine ganz speziellen Botschaften hören und Seine Liebe spüren. Wenn du dich an Gott wendest und mehr über Ihn, über Seine Allgewalt und Allgegenwart lernst, dann hilft Er dir. Mein Leben wurde besser, und ich wurde glücklicher, als ich auf Gott lauschte, der der wahre Vater und die wahre Mutter von uns allen ist.
