Jungen Wollen Vor ihren Freunden nicht als Schwächlinge dastehen. Dies gab kürzlich ein Jugendlicher als Grund an für die Vergewaltigung einiger junger Mädchen von einer Gruppe von Jungen. Sie sagten, es habe damit zu tun, daß man zeigt, wie knallhart man ist, daß man „dazugehört“, daß man seine „Männlichkeit“ beweist. Eltern und Lehrer sind natürlich über solch eine Haltung und Handlungsweise entsetzt — und noch mehr über Berichte, daß sie sich immer weiter zu verbreiten scheint.
Offensichtlich ist es notwendig, besser verstehen zu lernen, was Männlichkeit wirklich bedeutet — zu erkennen, daß sie nicht im Physischen zu finden ist und sich nicht in animalischer Triebhaftigkeit äußert oder in irgendwelchen böswilligen Gedanken und Handlungen. Das wäre unmöglich. Die Natur des Menschen, sein wirkliches Wesen, wird von seinem Ursprung bestimmt. Und dieser Ursprung ist weder fleischlich noch tierisch, sondern göttlich und vollkommen gut. Der Mensch ist der Ausdruck alles dessen, was Gott ist — der Ausdruck von Liebe, Gemüt, Geist, von unendlichem Guten. Im Menschen gibt es nichts Böses, nichts der Liebe Entgegengesetztes, nichts Unintelligentes oder Ungeistiges.
Aber warum hört man dann so viel von jungen Männern, die jemand im Namen der Männlichkeit verhöhnen, sexuell belästigen oder sogar tätlich angreifen? Wird wahre Männlichkeit deshalb immer weniger zum Ausdruck gebracht, weil wir heute in einer gewalttätigen Zeit leben, oder kommt es durch die herabziehenden Einflüsse in der Gesellschaft? Ist an solchem Verhalten — wie einige junge Leute sagen — wirklich nichts auszusetzen? Hat die Natur des Menschen eine dunkle Seite, oder weist solch destruktives Verhalten nur darauf hin, daß diese Natur falsch verstanden wird?
Die Mißhandlungen, von denen wir heutzutage immer häufiger hören, entspringen der allgemeinen Überzeugung, daß der Mensch eben doch ein Sterblicher ist, daß er von tierischen Impulsen beherrscht wird; daß er, obwohl seine Natur vielleicht auch gute Elemente enthält, doch eher dem Bösen zuneigt. Und dennoch kann an der Tatsache nicht gerüttelt werden, daß die Verderbtheit, die sich manchmal so aufdringlich zeigt und die als Männlichkeit abgestempelt wird, nicht mit dem Menschen Gottes in Einklang steht. „Ein gottloser Sterblicher ist nicht die Idee Gottes“, schreibt Mary Baker Eddy, die Entdekkerin und Begründerin der Christlichen Wissenschaft. Und sie fährt fort: „Er ist kaum mehr als der Ausdruck des Irrtums.“ Wissenschaft und Gesundheit, S. 289.
Echte Männlichkeit hat nichts mit dem Körperbau zu tun, noch kann sie daran gemessen werden, wie aufsässig jemand sein kann, welch unflätige Redensarten er im Mund führt oder wie gemein er sich beträgt. Doch die verführerischen sinnlichen Bilder, mit denen wir heute überall, nicht nur in den Medien, konfrontiert werden, möchten der Jugend — ja, uns allen — einen falschen Begriff von Männlichkeit aufdrängen. Aggressives oder unmoralisches Verhalten, das sich als Zeichen von Männlichkeit ausgibt, ist absolut keine Männlichkeit.
Die wahre Natur des Menschen — jedes Mannes, jeder Frau und jedes Kindes — stammt von Gott. Das Leben Christi Jesu veranschaulichte diese Natur. An Jesu Leben beeindruckt besonders die große Macht, die Autorität, die er ausübte, als er die unbegrenzten Fähigkeiten des wirklichen, des geistigen Mannestums demonstrierte. Seine Macht hatte nichts mit sozialem Status, mit Statur oder Persönlichkeit zu tun. Christus, Wahrheit, verlieh Jesus die Vollmacht, seine mächtigen Werke zu tun, Krankheit zu besiegen und die Sünder umzuwandeln. Und diese moralische und geistige Macht war untrennbar verbunden mit Demut und Barmherzigkeit. Wir sehen in seinem Leben das ganze Spektrum des Gutseins ausgedrückt — Sanftmut, gesunden Menschenverstand, moralischen Mut, Reinheit, Liebe, Intelligenz und so weiter.
Obwohl Jesu beispielhafte Männlichkeit uns als Vorbild zur Verfügung steht, haben doch viele Menschen Schwierigkeiten, weil ausfallendes Benehmen, Herrschsucht und Sinnlichkeit — mit anderen Worten, das Böse — am Steuer zu sitzen scheinen. Und das Endresultat eines vom Bösen beherrschten Denkens ist sündiges Verhalten. Doch wenn wir dies wirklich heilen wollen, ist es nicht genug, mit dem Finger auf diese oder jene destruktive Tat zu zeigen und zu erklären, daß sie ihre Wurzel in der Sünde habe — und uns dann einzubilden, wir hätten alles getan, was nötig ist. Die Sünde wird nicht lediglich dadurch zerstört, daß wir sie brandmarken — so notwendig dieser erste Schritt auch ist. Um die Sünde zu zerstören und dadurch den Sünder umzuwandeln, muß man tiefer gehen.
Wenn wir eine fehlerhafte, körperliche Persönlichkeit mit verderblichen Neigungen als das Selbst eines Menschen akzeptieren, haben wir uns noch nicht gründlich genug mit der Sünde auseinandergesetzt. Solange wir glauben, wir oder andere Menschen seien Sterbliche, die von unbezwinglichen tierischen Instinkten beherrscht (oder davon angezogen) werden, bleibt unser wirkliches, uns von Gott verliehenes Selbst bis zu einem gewissen Grade vor uns verborgen. Wissen wir jedoch, daß Sünde unser wahres Selbst lediglich verbirgt — es aber nicht bestimmt —, so können wir die Sünde entthronen. Sünde ist die Illusion, daß der immerdar reine und vollkommene Mensch Gottes zu einem gefallenen und manchmal boshaften Geschöpf geworden ist. Diese Behauptung der Sünder — diese Unwissenheit über das wahre Selbst des Menschen, der gut und intelligent ist, der Ausdruck Gottes — ist eine Lüge. Das ist nicht der Mensch — und es ist ganz bestimmt nicht mannhaft. Der Mensch ist das Geschöpf Gottes, des Guten, und es ist äußerst wichtig, uns und andere so zu identifizieren — durch den geistigen Sinn zu erkennen, daß jeder seiner Natur und seiner Identität nach christusgleich ist: liebevoll, gerecht und weise.
Das erfordert, daß wir die Versuchung überwinden zu glauben, der Mensch sei etwas Geringeres als Gottes Gleichnis oder will es sein. Wir müssen der Sünde entschlossen entgegentreten, dürfen ihr nie nachgeben und sie nie für notwendig oder unvermeidlich halten.
Die Sünde möchte unsere Aufmerksamkeit von dem weiten Spektrum geistiger Eigenschaften ablenken, mit denen wir uns identifizieren sollten — ja identifizieren müssen —, damit wir so sein können, wie Gott uns geschaffen hat. Die Sünde stellt Fleischlichkeit und Sinnlichkeit als etwas Gutes, etwas Mannhaftes dar und zieht uns damit immer tiefer in eine materielle Vorstellung vom Sein hinein, beschneidet unsere Fähigkeiten und verschleiert unser echtes Wesen.
Wir kommen einfach nicht darum herum: geistiges Wachstum ist dringend gefordert. Und was uns vorwärtsträgt, ist das konsequente Bemühen, den anderen anzuschauen und dabei mit größter Klarheit zu erkennen, daß der Mensch weder das Objekt noch das Instrument der Sünde sein kann. In Wahrheit reagiert der Mensch nur auf Gott, das Gute, und strahlt die Eigenschften wahren Menschentums — wahrer Männlichkeit — aus.
Ein solches Wachstum ist alles andere als eine Art „religiöse“ Ablenkung für Schwächlinge. Mrs. Eddy sagt dazu: „ ... wissenschaftliches Wachstum bekundet sich weder in Schwäche, Verweichlichung, trügerischen Phantasien, träumerischer Gedankenlosigkeit, Auflehnung gegen die bestehenden Gesetze noch in Verlust oder Mangel an dem, was das wahre Menschentum ausmacht.“ Vermischte Schriften, S. 206.
Dieses Wachstum ist unbedingt notwendig. Es offenbart Schritt für Schritt das, was schon immer an Wahrem und Wundervollem in uns und allen anderen Menschen angelegt ist. Die Gesellschaft muß von ihrem völlig veralteten Menschenbild frei werden und mehr von der wunderbaren, wahrhaft untrennbaren Beziehung des Menschen zu Gott sehen. Danach sehnt sich die Menschheit von ganzem Herzen. Jeder Sieg über die Ansprüche der Sünde, den wir durch die Christliche Wissenschaft erringen, bringt uns einen Schritt vorwärts. Und er segnet nicht nur uns, sondern zeigt auch anderen etwas von dem vollen Potential des Menschen, das der Allmächtige ihm gegeben hat.
So ermahne ich euch nun,
ich, der Gefangene in dem Herrn,
daß ihr der Berufung würdig lebt,
mit der ihr berufen seid,
in aller Demut und Sanftmut, in Geduld.
Ertragt einer den andern in Liebe.
Einem jeden aber von uns ist die Gnade
gegeben nach dem Maß der Gabe Christi.
Bis wir alle hingelangen zur Einheit
des Glaubens und der Erkenntnis des Sohnes Gottes,
zum vollendeten Mann,
zum vollen Maß der Fülle Christi.
Epheser 4:1, 2, 7, 13
