Jahrelang Tat Ich so, als sei alles in Ordnung, obwohl ich in Wirklichkeit die ganze Zeit litt.” Diese Worte einer Frau über ihre geschiedene Ehe hätten von mir sein können.
Vor einigen Jahren nahm mein Mann eine neue Stelle als Vertreter an, die beruflich ein großer Schritt vorwärts zu sein schien. Doch Woche für Woche verschlang die Arbeit mehr von seiner Zeit. Schließlich schien sie ihm wichtiger als alles andere zu sein und ihn ganz und gar zu beanspruchen. Für mich und unsere junge Familie hatte er kaum noch Zeit und Kraft.
Nach und nach blieben alle unsere gemeinsamen Interessen auf der Strecke. Mein Mann wurde mir immer fremder, und es schien sich eine Kluft aufgetan zu haben, die kaum noch zu überbrücken war. Schließlich hatte ich das Gefühl, daß nichts mehr unsere Ehe zusammenhielt. Immer öfter dachte ich an Scheidung. Wenn ich mit meinem Mann über die Situation sprechen wollte, reagierte er überhaupt nicht. Seine Arbeit und alles, was damit zusammenhing, nahmen ihn so in Anspruch, daß er keinen Kopf hatte für unsere Probleme. Ich war sehr verletzt, frustriert und verärgert.
Ich begann von ganzem Herzen um Trost und Führung zu beten. Auch sehnte ich mich danach, meine Beziehung zu Gott und meinen unverlierbaren Platz in Seiner Fürsorge besser zu verstehen. Ich las das Lehrbuch der Christlichen Wissenschaft, Wissenschaft und Gesundheit von Mary Baker Eddy, von der ersten bis zur letzten Seite und suchte besonders nach Wahrheiten, die für unsere Ehe von Bedeutung waren. Ich betete aufrichtig darum, Gottes Weisungen hören und ihnen gehorchen zu können, ganz gleich, wohin sie mich führen würden.
Ich fing auch an, jeden Sonntag Christi Jesu Bergpredigt zu lesen, und versuchte beständig, herauszufinden, welche christlichen Eigenschaften ich selbst noch mehr ausstrahlen mußte. „Richtet nicht, damit ihr nicht gerichtet werdet” Mt 7:1., sprang mir viele Wochen lang ins Auge, und ich versuchte, dieser Aufforderung ganz konsequent zu gehorchen.
Ich bemühte mich, an die gottähnlichen Eigenschaften zu denken, die ich an meinem Mann entdecken konnte. Zuerst dauerte es lange, bis ich auch nur eine einzige gute Eigenschaft finden konnte, weil ich so verletzt war und so negative Gedanken hegte. Schließlich konnte ich wenigstens zugeben, daß er ein sehr fleißiger Geschäftsmann war. Mit Hilfe einiger Wörterbücher fand ich heraus, daß Fleiß Beständigkeit, Ausdauer, Treue und Sorgfalt in sich schließt. Aus Wissenschaft und Gesundheit lernte ich, daß Fleiß „in der bildlichen Übertragung von dem göttlichen Gedanken auf den menschlichen ... mit dem höchsten Vorsatz Schritt [hält]“ Wissenschaft und Gesundheit, S. 514.. Das war also eine Eigenschaft, die direkt von Gott kam. Wie mich das freute! Und ich folgerte: Wenn mein Mann diese Eigenschaft in seinen Geschäften ausdrücken kann, dann muß sie zu seinem Wesen gehören und kann in allen Bereichen seines Lebens zum Ausdruck kommen, auch in unserer Familie.
Am nächsten Tag fielen mir noch ein paar geistige Eigenschaften ein, die er widerspiegelte, und bald konnte ich mein Glück kaum fassen, daß ich einen Menschen mit so vielen wunderbaren Eigenschaften kannte!
Damals hatte ich auch die Gelegenheit, die Jahresversammlung Der Mutterkirche, Der Ersten Kirche Christi, Wissenschafter,The First Church of Christ, Scientist in Boston zu besuchen. Ich nutzte diese Zeit, um Gott ganz bewußt nahe zu sein, zu beten, zu lauschen und geistig zu wachsen. Dies war wahrhaftig eine Wiedergeburt für mich. Ich war innerlich aufgewühlt und tief bewegt.
Nach meiner Rückkehr wünschte ich mir innig, meinen Mann mehr in die Familie einzubeziehen. Ich fand praktische Wege, mit den Kindern „zu ihm zu gehen”, Wenn er nicht bei uns sein konnte. Wir bastelten kleine Dinge für ihn und verstauten jeden Tag Briefchen und Süßigkeiten in seinem Firmenwagen.
Nachdem ich Wissenschaft und Gesundheit durchgelesen und auch dem Studium der Bibel viel Zeit gewidmet hatte, stellte ich fest, daß sich meine Auffassung von meinem Mann vollständig gewandelt hatte. Ich hatte nicht länger das Gefühl, von ihm oder der göttlichen Liebe getrennt zu sein. Seine unmöglichen Arbeitszeiten bedrückten mich nicht mehr. Ich fand neue Interessen und Aufgaben, für die ich mich einsetzen konnte, und fühlte mich viel stärker und erfüllter. Ich wurde frei davon, dauernd zu verdammen und zu verurteilen, und versuchte aufrichtig, das reine Selbst eines jeden Menschen als Idee Gottes zu lieben. Ich gestand jedem das Recht zu, sein Heil mit dem Vater allein auszuarbeiten.
Von da an sah ich allmählich Fortschritte in unserer Ehe — ein bißchen Nachgiebigkeit und mehr Ausgeglichenheit. Ich dachte, nun sei die Heilung wohl vollständig. Doch nach einer sehr schwierigen Situation in unserer Familie wandte sich mein Mann von allem ab, was mit Religion zu tun hatte, und vergrub sich wieder völlig in seiner Arbeit.
Dies zwang mich dazu, noch tiefer zu gehen, um zu verstehen, daß Vollkommenheit und Freude nicht von einer Person abhängig sind. Durch Gebet gelangte ich schließlich an den Punkt, wo ich wußte, daß ich Gott mein Leben und das Wohlergehen unserer Kinder voll und ganz anvertrauen konnte.
Ich lernte, daß Glück von Gott kommt und unaufhörlich durch jedes Seiner Kinder ausgedrückt wird. Deshalb konnte und mußte ich es beanspruchen und jeden Augenblick leben. Ich lernte, daß ich für meine Gedanken verantwortlich bin, und erkannte, daß ich, wenn ich darauf bedacht bin, meine eigenen Gedanken rein zu halten, mir weniger Sorgen darum mache oder weniger davon abhängig bin, was andere tun.
Langsam änderte sich einiges in unserer Ehe. Ich fand in meinem Mann wieder den Menschen, den ich kannte und liebte, und spürte seine Liebe und Fürsorge für mich und die Familie. Ich fühlte, daß ihm unsere Ehe sehr wichtig war und er sich dafür einsetzte. Zum nächsten Weihnachtsfest schenkte er mir einen wunderschönen Ring in Form einer Blume. Mein Ehering war wie eine Knospe geformt, und ich hatte nun wirklich das Gefühl, daß unsere Ehe sich geöffnet hatte und aufgeblüht war. Mir war tatsächlich so, als hätte ich zum zweiten Mal geheiratet.
Das alles ist nun schon gut zehn Jahre her, und wir lernen und wachsen weiter in unserer Ehe. Wir empfinden mehr Verständnis, Zärtlichkeit und Fürsorge füreinander als je zuvor.
Wenn Gebet unsere Ehe erhalten und gefestigt hat, kann es das ganz sicher auch für andere Ehen tun. Mrs. Eddy schreibt in Wissenschaft und Gesundheit: „Gerade den Umstand, den dein leidender Sinn für schreckensvoll und quälend erachtet, kann Liebe zu einem Engel machen, den du ohne dein Wissen beherbergst. Dann flüstert der Gedanke freundlich:, Komm! Erhebe dich aus deinem falschen Bewußtsein zu dem wahren Sinn der Liebe und sieh die Braut des Lammes — die Liebe, die sich ihrer eigenen geistigen Idee vermählt.’ “ Ebd., S. 574.
Die Wahrheiten in Wissenschaft und Gesundheit und in der Bibel haben meine Ehe gerettet. Die geistigen Wahrheiten haben mich getröstet, gestärkt, ermutigt, zurechtgewiesen und erneuert. Durch die Bereitschaft, diese Wahrheiten zu verstehen und mit ihnen zu wachsen, kann eine Ehe erneuert, gefestigt und liebevoller werden. Und das segnet nicht nur die Beteiligten, sondern die ganze Welt.
Anmerkung des Ehemannes
Liebe Redaktion,
hiermit möchte ich bestätigen, was meine Frau über die Probleme geschrieben hat, die wir in den 21 Jahren unserer Ehe auszuarbeiten hatten. Die Welt von heute fördert nicht gerade das Verständnis, die Zärtlichkeit, die Hingabe und Liebe, die für das Aufblühen und Wachsen einer Ehe notwendig sind. Ich weiß, daß die standhafte Bereitschaft meiner Frau, diese Situation durch Gebet zu heilen, viel dazu beigetragen hat, daß wir uns geändert haben und bessere Ehepartner geworden sind. Ich bin tief dankbar für die Hingabe, mit der sie im Gebet Antworten suchte, und daß unsere Ehe dadurch gefestigt wurde.
Lobet, ihr Völker, unsern Gott,
laßt seinen Ruhm weit erschallen.
Kommt her, höret zu, alle,
die ihr Gott fürchtet; ich will erzählen,
was er an mir getan hat.
Zu ihm rief ich mit meinem Munde
und pries ihn mit meiner Zunge.
Gott hat mich erhört
und gemerkt auf mein Flehen.
Gelobt sei Gott, der mein Gebet nicht verwirft
noch seine Güte von mir wendet.
Psalm 66:8, 16, 17, 19, 20
