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Liebe in der Kirche

Aus der März 1996-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft


Die Neigung, Sich mit anderen anzulegen — sei es auf dem Schlachtfeld, in Duellen oder vor Gericht — ist wohl so alt wie die Menschheit. Sie ist so alt wie die Sagen von den heidnischen Kriegsgöttern: der Gott Mars bei den Römern, der Gott Ares bei den Griechen, der Hindugott Indra und der germanische Gott Thor. Oder so alt wie die biblische Geschichte über den Streit der Brüder Kain und Abel. Oder wie der kämpferische Dualismus des Yin und Yang in der alten chinesischen Religion.

Natürlich ist es nicht schwer einzusehen, daß der Krieg an sich ein Übel ist. Aber andere Konfliktformen scheinen uns vielleicht weniger gefährlich und möglicherweise sogar nützlich zu sein. Gerichtsverfahren werden zum Beispiel oft als angemessene Mittel zur Lösung von geschäftlichen, ehelichen und anderen Meinungsverschiedenheiten betrachtet.

Doch auch das Rechtssystem und seine Möglichkeiten haben Grenzen. Darauf wies der Vorsitzende des Obersten Gerichtshofes der Vereinigten Staaten, Warren Burger, schon vor mehr als zehn Jahren hin auf einer Ansprache vor der Amerikanischen Rechtsanwaltskammer. Daß man dieses System überbeanspruchte, sah er als Gefahr an. „Es ist ein Fehler, der der Korrektur bedarf", sagte er, „wenn man sich bei der Lösung von Konfliktsituationen grundsätzlich auf streitige Verfahren verläßt. Kein anderes Land läßt es zu, daß die Beziehungen so sehr von einem streitigen System beherrscht werden, wie die Vereinigten Staaten."

Richter Burger sagte weiter: „Der ganze Juristenstand — Anwälte, Richter und Rechtswissenschaftler — lassen sich so von dem stimulierenden Wettbewerb im Gerichtssaal hypnotisieren, daß dabei leicht vergessen wird, daß wir eigentlich Heiler sein sollten — Heiler von Konflikten.... Sollten Anwälte nicht Heiler sein? Heiler statt Krieger? Heiler statt Kuppler? Heiler statt bezahlter Killer?"  „Jahresansprache über die Justizverwaltung“, Halbjahreskonferenz der Amerikanischen Anwaltskammer, 1984.

Trotz der Warnung des Vorsitzenden des Obersten Gerichtshofes Burger hat das Prozessieren während der letzten zehn Jahre in den Vereinigten Staaten nicht nachgelassen. Die Fachleute stöhnen über die vielen Prozesse um Nichtigkeiten und über die überlasteten Gerichte. In der Palm Beach Post stand kürzlich: „Wir sind eine prozeßsüchtige Gesellschaft. Mehr als jedes andere Volk der Welt verklagen wir einander. Bei Meinungsverschiedenheiten von Nachbarn am Gartenzaun, beim Verkehrsunfall zwischen Autofahrern, unter Firmen bei der Auslegung von Verträgen und wenn Partner ihre Ehe beenden, immer sind wir schnell dabei, den andern zu verklagen und suchen nur allzu langsam das Gespräch mit ihm." Steven A. Mayans, The Palm Beach Post, 22. Mai 1995.

Besonders traurig ist es natürlich, wenn Rechtsstreitigkeiten unter Freunden oder Familienmitgliedern ausgetragen werden. Oder unter Mitgliedern einer Kirchenfamilie. Das gilt auch für ein Verfahren, das zwei Mitglieder Der Ersten Kirche Christi, Wissenschafter, gegen jetzige und ehemalige Beamte der Kirche angestrengt haben. Doch wie wir in der Bibel lesen können, hat es für das Christentum schon von Anfang an solche Bedrohungen gegeben.

Rechtsstreitigkeiten unter den Mitgliedern der Gemeinde von Korinth in Griechenland bildeten für die von Paulus gegründete Kirche eine besondere Bedrohung. Im alten Korinth kreuzten sich viele Handelswege, und daher bestand die Mitgliedschaft dieser Gemeinde aus sehr unterschiedlichen Menschen: Männer und Frauen, Sklaven und Freie, Arme und Reiche, Juden und Heiden. Als Paulus nach achtzehn Monaten Aufbauarbeit aus Korinth abgereist war, bildeten sich in der sehr unterschiedlichen Mitgliedschaft schnell viele Gruppierungen. Einige blieben bei den lehren des Paulus, andere fühlten sich von dem Konvertiten Apollos angezogen, wieder andere hörten auf Kephas, und so fort.

Über kurz oder lang begannen diese verschiedenen Gruppen sich gegenseitig zu verklagen, und sie riefen die römischen Gerichte an, um ihre Streitigkeiten zu schlichten. Als Paulus davon hörte, schrieb er mehrere Brandbriefe und forderte die Mitglieder in Korinth auf, ihre Streitigkeiten miteinander zu beenden. Einer dieser Briefe erscheint im Neuen Testament als erster Brief an die Korinther.

Im Abschnitt „Rechtssachen unter Christen" fordert Paulus die Korinther auf, sich nicht gegenseitig vor Gericht zu ziehen, wo die Kirchenangelegenheiten von „Ungläubigen" beurteilt werden. „Wie kann jemand von euch wagen", fragt er, „wenn er einen Streit hat mit einem andern, sein Recht zu suchen vor den Ungerechten [der römischen Verwaltung] und nicht vor den Heiligen [den Kirchenmitgliedern]?"

Im weiteren verdammt Paulus alle diese Gerichtsverfahren unter Mitgliedern. Er sagt: „Es ist schon schlimm genug, daß ihr miteinander rechtet."  1. Kor 6:1, 6, 7. Oder nach den Worten einer zeitgenössischen englischen ÜbersetzungContemporary English Version.: „Wenn einer von euch den anderen vor Gericht bringt, dann verliert ihr alle."

Aber Paulus läßt es nicht dabei. Nachdem er den Korinthern klargemacht hat, daß sie in einigen wichtigen Punkten total versagt haben, kommt er in seinem Brief zu einer inspirierten Lösung für die Kirche, nämlich „Liebe".

Und was für eine wunderbare Lösung das ist! Liebe — die reine Liebe zu Gott und Seiner Familie, Seinen Kindern in aller Welt —, das sei die höchste christliche Tugend, sagt Paulus. Ohne diese Liebe ist die schönste Predigt, die tiefste prophetische Einsicht oder der unerschütterlichste Glaube nichts. Die Liebe währt lange, sie ist stark und wahr, selbst wenn alle anderen Gaben des Geistes schwinden. Mit einem Wort, wie Paulus sagt: „Die Liebe hört niemals auf."  Siehe 1. Kor 13:1-13.

Und wie können Sie und ich solche heilende und reinigende Liebe empfinden? Wie kann man jene „innere Zuneigung" gegenüber anderen empfinden, die in den Wörterbüchern als wirkliche Liebe bezeichnet wird? Wir empfinden sie, wenn uns Gott und Seine wirkliche, völlig gute geistige Schöpfung so wichtig ist, daß nichts, aber auch gar nichts uns unsere Liebe nehmen kann — daß keine durch die sterblichen Umstände hervorgerufene Enttäuschung oder Ernüchterung uns von der Abwesenheit der göttlichen Liebe überzeugen kann. Gottes Liebe kann niemals und nirgends fehlen, denn Gott ist Alles. Er ist die Liebe selbst.

Welche Bedeutung hat das für die Christen unserer Zeit? Was bedeutet es für die Kirche Christi, Wissenschafter? Es bedeutet, daß die Schöpfung der göttlichen Liebe nur voller Liebe sein kann, egal, was irgend jemand dagegen sagen mag. Es bedeutet, daß die Kirchenmitglieder (die Heiligen, von denen Paulus sprach) von ihrem unendlich liebevollen Schöpfer mit himmlischer Liebe ausgerüstet sind, die ausreicht, jede Not zu stillen und jede Meinungsverschiedenheit zu schlichten. Es bedeutet, daß die wirkliche Kirche, die Mary Baker Eddy in Wissenschaft und Gesundheit als den „Bau der Wahrheit und Liebe“ beschreibt, als „alles, was auf dem göttlichen Prinzip beruht und von ihm ausgeht“ Wissenschaft und Gesundheit, S. 583., ganz natürlich alles zurückweist, was ihr ungleich ist. Es bedeutet, was Paulus vor Jahrhunderten sagte, daß die Liebe niemals aufhört. Sie hört weder für Sie noch für mich auf. Sie hört nicht für die Kirche Christi, Wissenschafter, auf.

Man könnte sagen, die Einrichtung der Kirche sei eine Art Versuchsfeld, auf dem die Mitglieder für die einigende Macht des einen Gottes Zeugnis ablegen können. Sie ist ein Ort, wo sie ihre Fähigkeit, Gottes nie versagende Liebe zum Ausdruck zu bringen, üben und vervollkommnen können. Sie ist ein Ort, wo sie für sich und die Welt die großartigen, heilenden Ergebnisse demonstrieren können, die sich ergeben, wenn im Leben der Menschen das Lied der göttlichen Liebe wiederhallt. In der Kirche können Sie und ich lernen, den Glauben an die alten Kriegsgötter, an Streit und Haß, abzulegen. In der Kirche können wir (durch unser Beispiel!) voneinander lernen, daß Christi Weg der Weg der Liebe ist. Wir können beweisen, daß die folgende wichtige Zusicherung aus Wissenschaft und Gesundheit wahr ist: „Das Lebenselement, das Herz und die Seele der Christlichen Wissenschaft, ist Liebe.“ Ebd., S. 113.

Mrs. Eddy war zuversichtlich, daß treue Christliche Wissenschafter in Übereinstimmung mit dem „Herzen und der Seele“ ihrer Religion leben können und werden. Sie wußte, daß die dynamische Kraft christlicher Liebe nicht nur menschliche Gemüter und Körper, sondern auch Kirchen heilen kann. Aus diesem Grund war sie so fest davon überzeugt, daß es der Kirche Christi, Wissenschafter, und ihren Beamten keinen Nutzen bringt, sich in gerichtliche Auseinandersetzungen verstricken zu lassen. Ein Rechtsstreit — davon war sie überzeugt — würde für alle Beteiligten viel Kummer bedeuten. Er könnte sogar zu einer tragischen Einmischung des Staates in die inneren Angelegenheiten der Kirche führen.

Die Auszüge aus ihren Briefen auf den folgenden Seiten zeigen, wie sehr diese Fragen die Führerin der christlich-wissenschaftlichen Bewegung berührten. Und sie zeigen, wie sehr sie davon überzeugt war, daß Meinungsverschiedenheiten — insbesondere hinsichtlich der Kirche — am besten durch einen Appell ans moralische Bewußtsein überwunden werden können. Sie werden am besten durch die Liebe behoben, die der ganzen Idee der Kirche innewohnt.

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