ENGLISCHE BIBELN AUS DER MITTE UNSERES JAHRHUNDERTS
Man nehme einen Wortschatz von 850 Wörtern, füge 50 biblische Bezeichnungen und 100 Wörter als Hilfe für das Zusammenleimen der Verse hinzu — und man hat die Basic Bible in English, die 1949 auf den Markt kam. Diese Bibel, herausgegeben von der Cambridge University Press, beschränkt ihren Wortschatz auf rund 1000 Wörter. Die Übersetzer waren Gelehrte der Universität London.
Der Engländer Charles Kingsley Williams — ebenfalls ein sehr „wortschatzbewußter" Bibelübersetzer — war lange Jahre als Missionar und Lehrer in Indien und Afrika tätig. Viele Menschen in diesen Ländern fühlten sich von der Sprache der King-James-Bibel überfordert, und so übersetzte er für sie oft Bibelstellen direkt aus dem Griechischen.
Als er im Ruhestand war und wieder in England lebte, verbrachte er fünfzehn Jahre damit, die vielen kleinen Brocken seiner Übersetzungen zu einem Neuen Testament zusammenzufügen: The New Testament. A New Translation in Plain English, das 1952 veröffentlicht wurde. Williams beschränkt sich dabei auf gut 1500 allgemein gebräuchliche englische Ausdrücke und zusätzlich etwa 160 doktrinäre Bezeichnungen.
Im Gegensatz dazu war Kenneth Wuest — ein Griechischlehrer am Moody-Bibelinstitut in Chicago — kein Verfechter eines beschränkten Wortschatzes für Bibelübersetzungen. Er wollte vielmehr das, was er „die linguistische Zwangsjacke" der vorhergehenden Bibelübersetzungen nannte, abwerfen und eine „erweiterte Version" schaffen, in der so viele Wörter verwendet wurden, wie ihm nötig erschienen, um die biblische Wahrheit zu vermitteln. Wuest's Expanded Translation of the Greek New Testament wurde 1956 veröffentlicht.
Zwei Jahre später gab J. B. Phillips sein New Testament in Modern English heraus. Phillips war während des Zweiten Weltkrieges Vikar in einer englischen Pfarrei gewesen. Er meinte, daß seine Pfarrgemeinde — wie einst die Urchristen — großen Gefahren entgegengehe, und er wollte daher den Mitgliedern der Gemeinde, besonders der Jugendgruppe, eine Lesart der Bibel bieten, die nicht ganz so förmlich war wie der King-James-Text, sondern ihnen Trost und Ermutigung in einer Sprache bringen konnte, die sie ohne Schwierigkeiten verstanden.
Und so begann Phillips, während die Bomben auf London fielen, mit einer zeitgemäßen Bibelübersetzung ins Englische. Der christliche Schriftsteller C. S. Lewis ermutigte ihn, sein Neues Testament nach und nach herauszugeben. Es wurde außerordentlich populär.
Die Jerusalem Bible (1966) ist die englische Übersetzung von La Bible de Jérusalem, einer französischen Bibel, die von der Bibelschule der Dominikaner in Jerusalem veröffentlicht wurde. Es war die erste vollständige römisch-katholische Version, die aus den hebräischen und griechischen Urtexten übersetzt worden war. Der englische Text wurde von zwanzig Mitgliedern der Britischen Katholischen Bibelgesellschaft erarbeitet, zu denen auch J. R. R. Tolkien, der Verfasser des Buches Der Herr der Ringe gehörte.
Eine Neubearbeitung dieser Bibel, The New Jerusalem Bible, wurde 1985 veröffentlicht. In dieser Version werden für die Geschlechter Bezeichnungen gebraucht, die alle Menschen einschließen. Zum Beispiel lautet der Psalmvers, der in der King-James-Bibel mit „Glücklich ist der Mann. .. "beginnt, hier: „Wie gesegnet ist jeder. . ."
In den sechziger Jahren arbeitete in England ein protestantisches Übersetzerteam daran, eine weitere Bibel in modernem Englisch zusammenzustellen — und zwar eine, die nicht auf Tyndales Formulierungen aufbaute. Die Bibel, die sie herausgaben, The New English Bible, ist ausgerichtet auf die Bedürfnisse junger Leute und aller, die sich für ein privates Bibelstudium interessieren; für den Gebrauch in der Gemeinde ist sie weniger gedacht. Sie wurde zum erstenmal 1970 veröffentlicht und 1989 als The Revised English Bible neu herausgegeben.
DIE NEUESTEN BIBELN — FÜR BESONDERE LESERGRUPPEN
In den Buchhandlungen erschien 1971 eine englische Bibelübersetzung, die viele als einen der größten Erfolge in der Geschichte des Verlagswesens bezeichnen: The Living Bible, Paraphrased.
Diese Bibel ist das Werk eines einzigen Mannes, Kenneth Taylor, der fasziniert war von der Idee, die Heilige Schrift „Gedanke für Gedanke" zu übersetzen. Er meinte, die meisten Bibeln seien theologisch „eingefärbt", und so wollte er seine eigene theologische Einstellung von vornherein ehrlich darlegen — was in seinem Fall eine „strikt evangelische Position" bedeutete. In den siebziger Jahren griffen 46 Prozent aller Bibelkäufer in den Vereinigten Staaten zu seiner Übersetzung, und sie wurde in über hundert Sprachen der Welt übersetzt.
Die Good News Bibel ist ein Versuch der Bibelgesellschaften, weltweit eine Bibel in Englisch für alle anzubieten, deren Muttersprache Englisch ist oder die Englisch als Zweitsprache sprechen. Englische Worte, die in Alltagssprache nicht gebräuchlich sind, wurden in dieser 1976 herausgegebenen, leicht lesbaren Übersetzung durch gängige ersetzt. (Eine entsprechende Bibel in einfachem, modernen Deutsch erschien auch in Deutschland: Die Bibel in heutigem Deutsch — Die Gute Nachricht des Alten und Neuen Testaments. )
Die Contemporary English Version oder CEV ist eine neue Bibel, die 1995 von der Amerikanischen Bibelgesellschaft herausgegeben wurde. Diese Bibel wurde direkt aus dem Hebräischen und Griechischen übersetzt. Als Zielgruppe hatte man zunächst die Jugend im Auge, aber die klare und einfache Sprache der Übersetzung, die sich sehr eng an den Urtext hält, war auch bei Erwachsenen sofort ein solcher Hit, daß sich die Bibelgesellschaft entschloß, alle englischsprechenden Leser in die Werbung dafür einzubeziehen.
Fans der populären Fernsehserie Star Trek werden sich freuen, von dem Plan zu hören, die Bibel in „Klingonisch" zu übersetzen — in die erfundene Sprache der höhlenmenschenähnlichen Weltraumwesen aus dieser Serie. Beim ersten Treffen des Klingonischen Sprachinstituts in Philadelphia im Juni 1994 gab die Gruppe eine spezielle klingonische Bibelübersetzung in Auftrag.
ELEKTRONISCHE BIBELVERSIONEN
Die Amerikanische Bibelgesellschaft sponsert ein Multimillionen-Projekt zur Produktion einer Rock-Video-„Übersetzung" der Bibel. Diese Bibelversion, die besonders auf junge Leute zugeschnitten ist, wird etwa zehn bis zwölf Bibelgeschichten aus der Perspektive des späten 20. Jahrhunderts interpretieren. Der erste Teil der Serie — eine schrille, aber bewegende Wiedergabe der Heilung des besessenen Geraseners — schildert Jesus als jeanstragenden Schweißer und den Besessenen als großstädtischen Fixer.
Ebenfalls in Vorbereitung ist eine dreißigstündige Fernsehfassung des Alten Testaments. Der erste Abschnitt dieser Serie, der das Leben Abrahams schildert, wurde Anfang 1995 in den Vereinigten Staaten ausgestrahlt. Richard Harris spielt die Hauptrolle in „Abraham", das in der südmarokkanischen Sahara gedreht wurde. Harris sagt, „Abraham" habe sein Leben verändert. „Es hat einen enormen geistigen Einfluß auf mich gehabt", sagt er, „sehr tief und sehr bewegend."
DIE UNIVERSALITÄT BIBLISCHER TEXTE
Einige moderne Varianten der Evangelien sind von Leuten erstellt worden, die „außerhalb" des traditionellen Christentums stehen. Zum Beispiel hat Stephen Mitchell The Gospel According to Jesus herausgegeben.
Mitchell, ein Zen-Buddhist und Übersetzer alter chinesischer Schriften, findet, daß die Lehren Jesu sehr gut mit anderen Religionen zu vereinbaren sind. Er sagt: „Was Jesus spricht, steht in Harmonie mit den erhabenen Lehren aller großen Religionen: den Upanischaden, dem Tao-te-ching, den buddhistischen Sutras, den Meistern des Zen, des Sufismus und des Chassidismus." Mitchell hat erkannt: „Wenn die Worte aus der tiefsten geistigen Erfahrung kommen, aus einem Herzen, das rein ist von Doktrinen und Glaubenssystemen, dann überschreiten sie die Grenzen der Religionen und können zu allen Menschen sprechen — Männern und Frauen, Sklaven und Freien, Griechen und Juden." Und er bemüht sich, diese universalen Aspekte der Heiligen Schrift in dem herauszustellen, was er seine „wesentliche" Version des Evangeliums nennt.
Seit dem Beginn des 19. Jahrhunderts hat sich die Bibelübersetzungs-Bewegung geradezu explosionsartig ausgebreitet — vor allem dank der internationalen Bibelgesellschaften, die damals ins Leben gerufen wurden. Um 1800 war die vollständige Bibel noch nicht einmal in fünf Sprachen erhältlich. Heute kann man sie in 333 Sprachen kaufen. Damals konnten Teile der Bibel nur in 68 Sprachen gelesen werden, heute — fast unglaublich — in 2018 Sprachen! Diese Übersetzungen erreichen jeden Kontinent und berühren fast alle Kulturen und Sprachen der Erde — von den Akhoe in Namibia bis zu den Zuni in New Mexico, USA. Und die Bibelgesellschaften sind eifrig dabei, die letzten Lücken zu schließen.
So vereint die Bibel in gewissem Sinn die Welt in einer universalen Sprache der Heiligen Schrift — einer universalen Sprache der göttlichen Liebe. Gemeinsam stellen die vielen modernen Fassungen der Bibel die mannigfaltigen Wege dar, auf denen das Wort der Gottheit alle Männer, Frauen und Kinder erreicht — und sie heilt, erneuert und umwandelt.
Dieser Artikel beschließt unsere Serie „Die umwandelnde Macht der Heiligen Schrift". Die Christlich-Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft plant, im Herbst eine erweiterte Fassung der ganzen Serie als Buch (nur in Englisch) herauszugeben. Die Leseräume der Christlichen Wissenschaft auf der ganzen Welt werden über die Einzelheiten unterrichtet werden. Auch das Christian Science Journal, der Christian Science Sentinel und der Herold werden weitere Informationen darüber bringen.
