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Wie steht es mit Vergebung?

Aus der Mai 1996-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft


Angesichts Der Abscheulichen Verbrechen, die in der jüngsten Vergangenheit in Bosnien, Ruanda, Tokio und in Oklahoma begangen wurden, ringt mancher Christ mit dem Begriff der Vergebung. Wie kann man solche schrecklichen Angriffe gegen Männer, Frauen und Kinder überhaupt vergeben? Welche Rolle spielt die Vergebung bei der Heilung von zerbrochenen Existenzen und der Wiederherstellung einer sozialen Ordnung?

Die Verwirrung, die bei diesem Thema herrscht, stammt teils daher, daß das, was Jesus lehrte und tat, falsch verstanden wird. Schließlich erwiderte ja Jesus, als er gewarnt wurde, daß Herodes ihn töten wolle: „Geht hin und sagt diesem Fuchs: Siehe, ich treibe böse Geister aus und mache gesund heute und morgen, und am dritten Tage werde ich vollendet sein." Lk 13:32. Bei einer anderen Gelegenheit sagte Jesus, als er über den Glauben der Kinder sprach: „Wer aber einen dieser Kleinen, die an mich glauben, zum Abfall verführt, für den wäre es besser, daß ein Mühlstein an seinen Hals gehängt und er ersäuft würde im Meer, wo es am tiefsten ist." Mt 18:6.

Diese beiden Stellen lassen uns an Mary Baker Eddys prägnante Bemerkung in Wissenschaft und Gesundheit denken: „Man erzählt, daß ein römischer Magistrat aus der Zeit Jesu folgenden Ausspruch hinterlassen hat:, Sein Tadel ist furchtbar.' Die starke Sprache unseres Meisters bestätigt diese Beschreibung." Wissenschaft und Gesundheit, S. 6.

Vergebung heißt nicht, einfach einen Schlußstrich zu ziehen; wir können nicht für jemand anders einen Schlußstrich ziehen. Auch ist Vergebung kein Akt der Begnadigung. Einzelne Menschen können das Böse, das ein anderer getan hat, nicht verzeihen, und Gott verzeiht niemals Sünde oder schaut stillschweigend darüber hinweg. Sein Gesetz der Wahrheit und Liebe zerstört sie. In Nein und Ja schreibt Mrs. Eddy: „Wird ein Verbrecher von dem Richter begnadigt, so mag dies ihn ermutigen, das Vergehen zu wiederholen; denn Vergebung im allgemein üblichen Sinne des Wortes kann weder ein Verbrechen tilgen noch die Beweggründe, die dazu geführt haben. Der Glaube an die Sünde — an ihre Freuden, ihre Schmerzen, ihre Macht — muß leiden, bis er sich selbst zerstört hat., Was der Mensch sät, das wird er ernten.'" Dieser wichtige Punkt ist auch in den Glaubenssätzen Der Ersten Kirche Christi, Wissenschafter, enthalten. Und wenn man die Wörterbuchdefinitionen ausscheidet, die Vergebung mit Begnadigung oder Nachsicht verbinden, bleibt folgendes übrig: „aufhören, Groll gegen jemanden zu hegen: seinen Feinden vergeben".

Vergebung stellt unsere eigene Erlösung von Groll, Ärger, Haß, Verbitterung, Selbstgerechtigkeit und Kummer dar. Der Frieden, der eintritt, wenn wir von sterblichen Leidenschaften und Kummer befreit werden, ist nicht zu beschreiben. Die Kanäle der Liebe öffnen sich weit, und wir spüren, wie die Fluten göttlicher Güte uns reinigen und erneuern. Es ist wunderbar, sich bewußt zu werden, daß die Sünden anderer niemanden von der Liebe und Macht Gottes trennen können. Zorn und das Verlangen, sich zu rächen, sind zerstörerisch, aber sie schaden nur denen, die sich ihnen hingeben. Das Herz, das sich statt dessen Christus zuwendet, wird gestärkt durch die Offenbarung der Macht des Guten, der Einheit des Menschen mit dem göttlichen Leben und der nie unterbrochenen Regierung Gottes, des göttlichen Gemüts. Wenn wir die Tatsachen anerkennen, die Christus offenbart, spüren wir Gottes Gnade. Vergebung ist ein Zeichen dafür, daß in unserem eigenen Leben Wiederherstellung und Heilung stattfinden. Es ist die Weigerung, unser Leben vom Bösen korrumpieren, beeinflussen oder in irgendeiner Weise manipulieren zu lassen.

Nun mag jemand sagen: „Ich weiß einfach nicht, wie ich das tun kann. Dieses Gefühl sitzt so tief." Das ist tatsächlich schon ein Schritt vorwärts. Es ist viel besser, als zu erklären: „Das tu' ich nicht!" Die Samen der Demut und des Gottvertrauens sind gepflanzt worden. Dies hilft uns, uns zu Gott hinzuwenden und demütig und mit ernsthaftem Verlangen Ihn um Hilfe zu bitten. Dann sind bereit, die Rechtsprechung des Christus, der Wahrheit, zu akzeptieren und zu erkennen, daß das Bewußtsein von Gott regiert wird. Was ist, wenn unsere nächsten Angehörigen ermordet wurden? Gottes zärtliche Liebe ist größer als der tiefste Schmerz. Wir finden Schutz vor dem Sturm, wenn wir uns an Ihn wenden. Jesus versprach, daß die Leidtragenden getröstet werden sollen. Christus, Wahrheit, bringt diesen Frieden in unser Herz und erleuchtet die dunkle Nacht mit der Gewißheit, daß Gott, das Gute, immer bei uns ist. Je größer die Not, um so größer ist der Beweis, den wir von Gottes heilender Gegenwart erlangen. Die göttliche Wahrheit macht uns frei.

Wenn wir uns danach sehnen, Heilung zu bringen, anstatt darauf aus zu sein, daß die anderen „büßen" müssen, wissen wir, daß wir Fortschritt machen. Heilung, nicht Rache, ist notwendig. Paulus schrieb von dem „Gott allen Trostes, der uns tröstet in aller unserer Trübsal, damit wir auch trösten können, die in allerlei Trübsal sind, mit dem Trost, mit dem wir selber getröstet werden von Gott" 2. Kor 1:3, 4.. Wenn wir selber Erneuerung durch die Christliche Wissenschaft erlebt haben, wie könnten wir dann in solchen Zeiten der Not nicht auf den Hilfeschrei der Menschheit eingehen? Bombenangriffe, Massaker und so weiter rufen in so vielen Menschen Schrecken und Zorn hervor. Diese Reaktionen rühren von dem Glauben her, daß das Böse mächtig ist, daß es uns alle treffen kann, daß es ansteckend ist und die Herzen anderer infizieren kann. Wenn wir Gefühle wie Zorn und Furcht überwinden lernen, können wir die Machtlosigkeit des Terroristen demonstrieren. Das Böse erreicht nichts; es kann Gottes Güte oder Ordnung nicht zerstören. Und Sie sind immer in Sicherheit, wenn Sie sich der Allmacht Gottes bewußt sind. Der Mensch ist nicht das Opfer des Bösen; er ist Gottes Ausdruck, der Ausdruck des Prinzips, der vom göttlichen Gesetz regiert wird.

Doch was geschieht mit denen, die diese Verbrechen begangen haben? Darauf könnte man erwidern: „Was geht uns das an?" Mrs. Eddy rät uns: „Laß Wahrheit den Irrtum in Gottes eigener Weise aufdecken und zerstören, und laß die menschliche Gerechtigkeit die göttliche nachahmen." Wissenschaft und Gesundheit, S. 542. Das göttliche Gemüt ist eine mächtige Hilfe für Polizeibeamte und alle, die mit der Verbrechensbekämpfung zu tun haben. Unsere Gebete können ihre wichtige Arbeit unterstützen. Nicht unsere Leidenschaften werden gebraucht, sondern die Anerkennung, daß das göttliche Gesetz am Wirken ist, deckt das Verbrechen auf, gebietet ihm Einhalt und bestraft es.

Die Bibel ermahnt uns: „Rächt euch nicht selbst, meine Lieben, sondern gebt Raum dem Zorn Gottes; denn es steht geschrieben:, Die Rache ist mein; ich will vergelten, spricht der Herr.' " Röm 12:19. Sünde bringt ihr eigenes Leid mit sich. Die Qualen, die schreckliche Verbrechen doch nach sich ziehen müssen, kann man sich nicht vorstellen. Wir wissen nur, daß Kain schrie: „Meine Strafe ist zu schwer, als daß ich sie tragen könnte" 1. Mose 4:13. und daß Judas, als er seine furchtbare Schuld erkannte, hinausging und sich erhängte. Gott, das Prinzip allen Seins, stellt die Menschen nicht vor Gericht und bestraft sie dann. Die Sünde bestraft und zerstört sich selbst. Die Tätigkeit und Allheit der Wahrheit muß den Irrtum aufdecken und ausmerzen. Diejenigen, die sich mit der Sünde identifizieren, erleiden die Qualen der Sünde, bis die Identifizierung ausgelöscht und der „letzte Pfennig" bezahlt worden ist. Wie lange das dauert, „weiß niemand".

Es ist wichtig zu erkennen, daß Erlösung von Sünde auf zwei grundlegenden Tatsachen basiert: 1.) Sünde ist sterblich, und 2.) der Mensch, Gottes Schöpfung, ist unsterblich. Der Mensch überlebt die sündigen Annahmen, die ihn zu beherrschen behaupten. Das ist das Licht am Ende des Tunnels, das all jenen Mut macht, die schweres Unrecht begangen haben und sich bessern wollen. Das ist Teil von Christi Jesu Erbe der Liebe an die ganze Menschheit.

Dies führt uns dazu, Jesu Lehre von der Feindesliebe zu betrachten. Doch Liebe ist nicht naiv, noch wirft sie „Perlen vor die Säue". Sie trägt zur Heilung bei, indem sie die Wahrheit über den Menschen so tief anerkennt, daß man die Umformung des Bösen als Menschen, das Gleichnis Gottes, absolut verwirft. Die Christliche Wissenschaft läßt uns die unendlichen Forderungen Gottes an Menschen, gottähnlich zu sein, erkennen. Dann verstehen wir, wie unmöglich es ist, der geistigen Forderung nach dem Guten zu widerstehen oder auszuweichen. Wer Groll oder Haß hegt, schadet nur sich selbst. Das Wirken des göttlichen Gesetzes zu erkennen, etwas von seiner Tiefe und Macht zu spüren, sich bewußt zu sein, daß es den Menschen völlig bestimmt, ist ein Akt der Liebe. Liebe hält den wahren Mann und die wahre Frau hoch und reißt die garstige Maske ab, die sich als Mensch zur Schau stellt. Die Anerkennung, daß sich der Mensch unter der Rechtsprechung der göttlichen Liebe befindet, ist der Schlüssel zum Heilen von Sünde.

Vergebung ist wesentlich, wenn wir effektiv als christliche Heiler wirken wollen. Vergebung sorgt dafür, daß wir uns nicht vom Bösen korrumpieren lassen. Sie erwächst aus der geistigen Liebe, die die Rechtsprechung Gottes und den Menschen Seiner Schöpfung anerkennt.

Freier Mitarbeiter des Herolds der Christlichen Wissenschaft, des Christian Science Journals und des Christian Science Sentinels

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