„Fäulnis Fährt In meine Gebeine, und meine Knie beben" (Hab 3:16). Dies empfand ich in bezug auf meine Zähne. Und doch wehrte ich mich gegen einen Besuch beim Zahnarzt. Als neues Mitglied einer Zweigkirche der Christlichen Wissenschaft hatte ich mich einer Kirche angeschlossen, „die den Zweck haben sollte, die Worte und Werke unseres Meisters in Erinnerung zu bringen und dadurch das ursprüngliche Christentum und sein verlorengegangenes Element des Heilens wiedereinzuführen" (Handbuch Der Mutterkirche von Mary Baker Eddy, S. 17). Ich sah das als ernste Verpflichtung an. Mir schien, ich sollte beweisen, daß Gebet meine Zähne heilen kann.
Je mehr ich versuchte, schlechte Materie in gute Materie umzuwandeln, um so schlimmer wurde es — es beunruhigte mich, daß sogar Stücke von meinen Zähnen abbrachen. Ich war in den vergangenen Jahren oft beim Zahnarzt gewesen, aber meinte trotzdem, daß es jetzt einem Versagen gleichkäme, wenn ich zu anderen Mitteln außer Gebet Zuflucht nehmen würde.
Was ich wirklich heilen mußte, war im Grunde die Sturheit des menschlichen Willens, mit der ich mich gegen diesen praktischen Schritt wehrte. Jesus sagte: „Nicht mein, sondern dein Wille geschehe" (Lk 22:42). Ferner mußte ich lernen, daß die Christliche Wissenschaft nicht in erster Linie ein System der Gesundheitsfürsorge ist. (Deshalb hatte auch mein Gebet nicht gewirkt — ich hatte nämlich bloß versucht, schlechte Zähne in gute zu verwandeln.)
Jetzt betete ich: „Vater, was soll ich als nächstes tun?" Mir kam der Gedanke, mir einen Termin beim Zahnarzt geben zu lassen. Das tat ich auch sofort. In der Sprechstunde bestätigten Röntgenaufnahmen meine schlimmsten Befürchtungen, und die ganze Zahnsanierung sollte Tausende von Dollar kosten. Ich hatte keine feste Anstellung — wie sollte ich das bezahlen?
Ich betete weiter. Dann vollzog sich ein deutlicher Wandel in meiner Einstellung. Ich betrachtete das Ganze nicht mehr als ein Problem, bei dem es um schlechte Zähne ging, sondern vielmehr als eine Gelegenheit, Gott noch mehr zu vertrauen — eine Gelegenheit, lebenslange Ängste im Zusammenhang mit Zahnarztbesuchen zu heilen.
Während ich vor dem nächsten Termin betete, wurde mir bewußt, daß ich schon gesehen hatte, wie der Zahnarzt und sein Personal Liebe, ethische Grundsätze und Kompetenz zum Ausdruck brachten. Was immer auf mechanische Weise getan werden mußte, der Zahnarzt — so erkannte ich — brauchte nicht meine wahre Substanz, die ja geistig ist, auszubohren, zu ziehen oder zu füllen und konnte es auch gar nicht. Der Mensch ist Gottes gute Idee; kein menschliches Tun konnte mir schaden. Ich empfand tiefe Dankbarkeit und großen Frieden bei diesen heilenden Erkenntnissen.
Am darauffolgenden Nachmittag erhielt ich zu meiner großen Überraschung von unerwarteter Seite einen Anruf mit der Nachricht, daß ich einen Scheck über eine hohe Summe empfangen würde. Ich war ganz erstaunt und höchst dankbar für die reiche Fülle der göttlichen Liebe, die in Wissenschaft und Gesundheit so ausgedrückt wird: „Die göttliche Liebe hat immer jede menschliche Not gestillt und wird sie immer stillen" (S. 494).
Ich wußte, daß ich weiter beten sollte in Vorbereitung auf den ersten Termin für die langwierige Zahnbehandlung. Dennoch wanderten meine Gedanken immer wieder zu einem anderen Problem, das größer war als die Sorge um meine Zähne. Der ganze mittlere Westen der Vereinigten Staaten litt unter einer großen Dürre. Nachbarn und Freunde hatten versengte Gärten; Blumen, Pflanzen und Büsche waren braun und verwelkt von der Sonne. Ich hatte einen Ort besucht, wo mich die folgende Schlagzeile grüßte: „Trockenwüste des Sommers 1988". Ich dachte an Familienmitglieder, die Farmer gewesen waren, an Freunde und Verwandte, die noch eine Farm besaßen, und wie sehr ich die Menschen, die Orte und den Lebensstil in diesem Teil des Landes mochte. Als ich eine Freundin zu ihrer Farm zurückgefahren hatte und von ihrer staubigen Landstraße auf die Autobahn abbog, hatte ich das Gefühl, als ob ich unter einem Mehlsieb durchgefahren wäre — mein Wagen war mit Staub bedeckt. All ihr Getreide war eingegangen, und sie hatte mir viele Hektar große Felder mit verdörrtem Mais gezeigt.
Dies war ein Schock für mich, und daher betete ich aus tiefstem Herzen. Ich wußte, daß die Christliche Wissenschaft diesen Zustand heilen konnte. Stundenlang betete ich so konsequent, wie ich konnte, und war dankbar für Gottes allgegenwärtige Liebe. In Wissenschaft und Gesundheit heißt es: „Sind wir wirklich dankbar für das schon empfangene Gute? Dann werden wir uns die Segnungen, die wir haben, zunutze machen und dadurch befähigt werden, mehr zu empfangen" (S. 3). Ich machte beharrlich weiter mit diesem Gebet. Und ich erinnerte mich daran, daß in Wissenschaft und Gesundheit auch gesagt wird, daß die göttliche Liebe „der Vater des Regens" (S. 257) ist. Ich wußte, daß das die Wahrheit ist, und war dankbar für diese Wirklichkeit.
Es begann zu regnen! Der Regen dauerte an. Mehr Regen kam. In einer Schlagzeile in der Zeitung wurde behauptet, daß der Regen nicht viel ausrichten würde, weil es nicht genug war. „Andachtsvolle Undankbarkeit"? „Andachtsvolle Undankbarkeit". .. dieser machtvolle Gedanke aus einer Randüberschrift im Kapitel „Gebet" in Wissenschaft und Gesundheit (S. 3) kam mir in den Sinn.
Andachtsvolle Undankbarkeit? Andacht? Gebet? Dankbarkeit? Erlebte ich eine „Trockenperiode"? Eine Dürre? Einen Mangel an Dankbarkeit? Zuerst langsam, aber dann in rascher Aufeinanderfolge kamen Ideen der Dankbarkeit. .. Dankbarkeit! Liebe! Dankbarkeit für Liebe! Dankbarkeit für Gottes Liebe! Gebet? Gott lehrte mich, wie ich beten sollte! Mehr Regen kam,. .. es goß! Ein Nachrichtensprecher verkündete: „Der Kreislauf ist gebrochen."
Als ich früh an jenem Morgen die Bibellektion aus dem Vierteljahrsheft der Christlichen Wissenschaft las, fiel mir ein Bibelvers ins Auge: „. .. daß Christus durch den Glauben in euren Herzen wohne und ihr in der Liebe eingewurzelt und gegründet seid" (Eph 3:17). Unmittelbar darauf spürte ich so etwas wie winzige Sandkörnchen, die sich in meinen Zähnen und im Kiefer verlagerten. Wieder empfand ich den Frieden der Allgegenwart der Liebe und Dankbarkeit dafür, und mir war klar, daß diese Liebe die Menschen segnete und sie von dieser Trockenheit befreite. Ich dachte daran, daß Gottes unendliche Liebe, da sie ja allumfassend ist, auch mich einschloß!
Später an dem Morgen untersuchte der Zahnarzt meine Zähne und sah sich die Röntgenaufnahmen an, bevor er mit der für den Tag geplanten Zahnwurzelbehandlung beginnen wollte. Aber die Zahnwurzelbehandlung war nicht mehr nötig; obwohl es aus dem Röntgenbild ersichtlich war, konnte man in meinem Mund nichts mehr davon sehen. Ich erinnerte mich an das sandige, körnige Gefühl im Mund. Meine Zahnarztrechnung wurde drastisch reduziert, weil ein Teil der Arbeit nun nicht mehr getan zu werden brauchte. Die Zahnfleischerkrankung, vor der ich mich gefürchtet hatte, war auch verschwunden.
Der Zahnarzt machte die Bemerkung, daß doch wirklich eine besondere Beziehung zwischen uns entstanden sei. Ich war überzeugt, daß die göttliche Liebe diese Beziehung auf einen festen Boden gestellt, die Lücke geschlossen und mir sogar dazu verholfen hatte, die Rechnung zu bezahlen! Diese Heilung bringt mir noch immer Segen.
Carmel, Indiana, USA
