Ein Freund meiner Tochter Luise hatte schlaflose Nächte. Der Grund: Umstrukturierungsmaßnahmen! In seinem Lehrbetrieb, einer mittelständischen Metallverarbeitungsfirma mit an die 200 Mitarbeitern, sollten etwa 25% von ihnen entlassen werden. Ob auch Uwe als Lehrling betroffen sein würde, wurde ihm nicht mitgeteilt.
Na ja, sagen Sie vielleicht, dann kann man die schlaflosen Nächte schon verstehen. Vielen Mitarbeitern, ob Festangestellten oder Auftragnehmern, ist eine Umstrukturierung schlicht ein Schreckgespenst, das von Zeit zu Zeit jede Firma heimzusuchen scheint. Wie jemand, der Lohn oder Gehalt bezieht, damit umgeht, ist so unterschiedlich wie die Charaktere selbst. Die einen arbeiten bis zum Umfallen, um ihren Verbleib auf der Gehaltsliste durch übermenschlichen Fleiß zu rechtfertigen. Manchmal mit fatalen Folgen nämlich dass sie irgendwann wegen völliger Überarbeitung bzw. Krankheit ausfallen. Andere halten stur an dem fest, was sie ihr ganzes Leben lang getan haben. Man könnte meinen sie versuchen anstehende Änderungen zu vermeiden, indem sie sie verdrängen. Und es gibt auch Fälle, wo die Betroffenen zunächst in die totale Panik verfallen. Die Aussicht, sich arbeitslos melden zu müssen, wird (leider) oft genug als der vermeintliche Tiefpunkt der eigenen Karriere angesehen.
Ein Fernsehfilm vor einiger Zeit im ZDF hat das emotionale Chaos, das durch eine solche Situation entstehen kann, einerseits humorvoll, andererseits durchaus bestürzend aufgezeichnet. Ein angesehener und gut bezahlter Teamchef einer ganzen Abteilung wird ohne Vorankündigung vor die Tür gesetzt. »Ich finde schon was Neues!«, tröstet er seine Frau. Aber der Frust etlicher erfolgloser Bewerbungen macht auch vor ihm nicht halt. Das Arbeitsamt kürzt gnadenlos (aber berechtigt) seine Bezüge, weil er sich erst nach drei Monaten heimlich hinschleicht. um seinen Antrag auf Arbeitslosengeld abzugeben.
Die Familie muss das Traumhaus verkaufen. Inzwischen hat er einen kleinen, für deutsche Verhältnisse äußerst unkonventionellen, fröhlichen, aber überhaupt nicht normgerechten Kindergarten für sieben, acht Kinder, einschließlich seiner eigenen, übernommen. Die Kinder lieben ihn, er liebt die Kinder, alles Mögliche geht schief — aber sie sind glücklich, ... bis der Kindergarten geschlossen wird.
Das Ende der Geschichte: Er bewirbt sich zum werweißwievielten Mal, diesmal bei einer Firma, wo er zunächst eine abenteuerliche Geschichte über seinen Karrieresprung erzählt. Aber schließlich rückt er mit der Wahrheit raus — und der Chef ist begeistert! Von ihm, seiner Liebe zu den Kindern, seinem Fachwissen aus diesem und seinem früheren Arbeitsbereich — und stellt ihn vom Fleck weg ein.
Und die Moral von der Geschicht'? Fürchte dich vor Wandel nicht! Ich kenne inzwischen viele Menschen, die eine ganz eigene und wie ich finde bewundernswerte Art haben, mit Umstrukturierungen (und Umbrüchen überhaupt) umzugehen. Sie akzeptieren die Herausforderung, ihre Qualitäten für ihren Arbeitgeber zu durchleuchten. Und sie sehen die Gelegenheit, sich selbst und die Firma neu zu betrachten. Sie sind bereit, möglicherweise neue Kenntnisse und Fähigkeiten zu erwerben, um die Aufgaben sinnvoll und effektiv bewältigen zu können. Aber sie haben auf diese Weise auch eine klare Wahrnehmung für ihren Wert als »Arbeitskraft-Anbieter«. Sie wissen, was sie leisten können und auch leisten wollen. Und deshalb wirft es sie auch nicht vom Sockel, wenn sich zeigt, dass es irgendwo einen neuen Arbeitsplatz für sie geben wird oder geben muss, für den sie ihre Fähigkeiten einsetzen werden. Selbst wenn sie noch nicht wissen, wann, wo, wie es für sie weitergeht. Aber was diese Menschen eint, ist wohl eine zu Grunde liegende Überzeugung, dass eine Umstrukturierung ja letztlich immer eine Verbesserung, eine »Vernützlichung« einer Struktur sein kann. Und durch die Bereitschaft, dieser Nützlichkeit voranzuhelfen, werden sie letztlich Teil eines Prozesses, in dem es keine Verlierer gibt. Sie sind Teil der Struktur — und jede Verbesserung dieser Struktur ermöglicht eine — auch manchmal unerwartete — Veränderung und letztlich Verbesserung für alle. Sie verstehen sich als aktiver Bestandteil der Veränderungen — und das sichert ihren Wert als »Arbeitskraft-Anbieter« — für andere und für sich selbst.
Ohne die Suche, also die Bereitschaft, Neues zu entdecken, gäbe es keine Erfindungen, keine erfolgreiche Forschung.
Veränderungen verlieren oft ihren Schrecken, wenn man bedenkt, dass die Suche nach Neuem ganz direkt zum Menschen gehört. Ohne diese Suche, also die Bereitschaft, Neues zu entdecken, gäbe es keine Erfindungen, keine erfolgreiche Forschung. Schon Kinder »erobern« sich ihre Welt und wagen sich hinaus, überwinden Begrenzungen.
Gebet, so wie es Mary Baker Eddy in Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift auf sechzehn Seiten beschreibt, verleiht dem Menschen, inmitten aller neuer Erfahrungen aber eben auch das Vertrauen, nicht im Ungewissen verlorenzugehen. Ihr ganz praktischer Hinweis für jedes einzelne Gebet lautet: »Das göttliche Ohr ist kein Gehörnerv. Es ist das allhörende und allwissende Gemüt, das immer jedes Bedürfnis des Menschen kennt und auch stillt« (S. 7).
Das Gebet, das von dieser liebenden Macht Gottes ausgeht, führt zu Antworten und neuen Möglichkeiten. In Uwes Fall erfuhr er nach einigen Wochen, dass er seine Ausbildung in seinem Lehrbetrieb fortsetzen konnte.
Gebet verleiht dem Menschen inmitten aller neuer Erfahrungen auch das Vertrauen, nicht im Ungewissen verlorenzugehen.
Und wann bringen Sie in Erfahrung, welche neuen Qualitäten für Sie und für Ihren Arbeitgeber in Ihnen schlummern — an Ihrem alten oder einem neuen Arbeitsplatz?
