Ich kaufte mir in Elmshorn bei Hamburg eine kleine Eigentumswohnung im Relhenhauscharakter, voller Licht und Wärme. Meine Eltern halfen mir beim Umzug und bei der Einrichtung der Wohnung. Ich legte viel Wert darauf, ein gemütliches Heim zu haben, stellte Blumentöpfe auf die Fensterbank, dekorierte Lichterketten für eine kuschelige Atmosphäre und setzte einen Akazienbaum vor die eigene Eingangshaustür.
Nach dem Umzug begann auch ein neuer beruflicher Weg für mich.
Nach dem Umzug begann auch ein neuer beruflicher Weg für mich. Als ausgebildete Bankkauffrau legte ich die Prüfung zur Heilpraktikerin ab und wollte in der Wohnung praktizieren. In der Hausordnung war geregelt, dass eine Ausübung von nicht störendem Gewerbe einer Zustimmung der Eigentümer bedarf. Also befragte ich einen Rechtsberater dazu, der mir sagte, dass ich als Freiberuflerin dafür gar keine Zustimmung der anderen sieben Eigentümer benötigte. So fing ich mit der Arbeit in meiner Wohnung an.
Auf einmal bekam ich viele Briefe mit Zahlungsaufforderungen. Gleichzeitig begannen viele Patienten, meiner Naturheilpraxis fern zu bleiben. Ich war ruiniert.
Ein Jahr später traf ich einen Mann, der mir neue Hoffnung für eine Familie zu dritt gab. Mit ihm war auf einmal das Leben wieder schön. Ich war erfolgreich in meinem Beruf und stand mich finanziell sehr gut. Dieser Mann behauptete, dass er sehr viel Geld im Ausland hätte. Wir begannen, vieles zu kaufen. Aber immer wieder war ich diejenige, die alles bezahlen musste. Er sagte aber, dass er es zurückzahlen würde.
Nach einigen Monaten klingelte morgens die Polizei an meiner Haustür. Dieser Mann wurde wegen Betruges und Schulden verhaftet, die er vor meiner Zeit gemacht hatte. Ich entdeckte plötzlich, dass er ein Schwindler war. Auf einmal bekam ich viele Briefe mit Zahlungsaufforderungen. Er hatte Schulden unter meinem Namen gemacht. Ich löste alle meine Ersparnisse auf, aber das reichte bei weitem nicht. Ich nahm einen langfristigen Kredit auf, um die Forderungen begleichen zu können.
Gleichzeitig begannen viele Patienten, meiner Naturheilpraxis fern zu bleiben. Anonyme Drohzettel wurden an die Windschutzscheibe der Patientenautos geklebt. Die Eigentümergemeinschaft beschloss, dass meine Patienten sie störten. Ich sollte meine Praxis schließen. Es kam zu einer Gerichtsverhandlung. Der Richter entschied, dass ich die Praxis innerhalb von sechs Monaten in meinen Wohnräumen beenden musste. Alle Kosten des Vergleichs gingen zu meinen Lasten. Ich war ruiniert.
»Die göttliche Liebe hat immer jeden menschlichen Bedarf gestillt und wird ihn immer stillen«, schreibt Mary Baker Eddy, die Entdeckerin und Gründerin von Christian Science in ihrem Buch Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift. (S.494) In meiner Kindheit hatte ich viele Jahre die Sonntagsschule einer Christian Science Kirche besucht, aber mit Anfang zwanzig hatte ich diesen Weg verlassen.
Die Bibel sagt: »Lasst uns erforschen und prüfen unsern Wandel und uns zum Herrn bekehren!« Und genau das tat ich.
Die Bibel sagt: »Lasst uns erforschen und prüfen unsern Wandel und uns zum Herrn bekehren!« (Klagelieder 3:40) Und genau das tat ich in dieser schwierigen Situation. Ich nahm ebenjenes Buch von Mary Baker Eddy und die Bibel wieder zur Hand und begann allein, darin zu lesen.
Auf Seite 1:11-14 stehtgeschrieben: »Verlangen ist Gebet; und es kann uns kein Verlust daraus entstehen, Gott unsere Wünsche anzuvertrauen, damit sie geformt und veredelt werden, bevor sie in Worten und Taten Gestalt annehmen.« Welche Wünsche hatte ich eigentlich? Ich wollte wieder arbeiten können, zufrieden leben, seelische Wunden meiner Tochter und mir heilen lassen, ausreichend Geld für den Lebensunterhalt und einen lieben ehrlichen Partner. Aber als ich diesen Satz las, wunderte ich mich. In welchen Worten und in welchen Taten würden diese Wünsche Gestalt annehmen? Und wann würden sie geformt und veredelt werden? Ich hatte nicht die geringste Ahnung. Ich wusste nur, dass ich mich Gott von jetzt an von ganzem Herzen anvertrauen musste. In der Bibel heißt es: »Verlass dich auf den Herrn von ganzem Herzen, und verlass dich nicht auf deinen Verstand, sondern gedenke an ihn in allen deinen Wegen, so wird er dich recht führen.« (Sprüche 3: 5-6)
Ich begann wieder, meine Arbeit langsam und demütig aufzubauen.
Ich bemühte mich vergebens, eine neue Wohnung mit einem Praxiszimmer zu finden. Parallel fand sich auch kein Mieter oder Käufer für meine Eigentumswohnung. M.B.Eddy schreibt »Liebe inspiriert, erleuchtet, bestimmt und führt den Weg. Rechte Motive geben dem Gedanken Schwingen und dem Reden und Handeln Stärke und Freiheit.« (S. 454:19-22) Ich begann diese Stärke und Freiheit für mich zu beanspruchen. Ich machte mit meiner Behandlungsliege zunächst Hausbesuche bei den Patienten. Meine Eltern verstanden meine schwere Situation. Obwohl mein Vater fremde Menschen in seinem Haus nicht wollte, stellte er mir ein Zimmer mit separatem Hauseingang und Patiententoilette kostenfrei zur Verfügung. Der Anfang war sehr schwer. Ich hatte wenig Patienten und viele finanzielle Probleme. Alles fing wieder von vorn an.
Ich wusste nur, dass ich mich Gott von jetzt an von ganzem Herzen anvertrauen musste.
Der Psalm 23 »Der gute Hirte« und besonders die von Mary Baker Eddy gegebene geistige Erklärung auf Seite 578:5-18 hat mir dann besonders geholfen. »Die göttliche Liebe ist mein Hirte, mir wird nichts mangeln. Liebe weidet mich auf einer grünen Aue und Liebe führet mich zum frischen Wasser.« Ich sah, dass Liebe sich in Fürsorge für mich zeigt. Und damit weidet sie mich auf einer grünen Wiese, welche nicht vertrocknet oder ausgedorrt ist. Gott führt mich zum frischen Wasser, welches nicht abgestanden, dreckig oder übel riechend ist. Die Liebe führt mich zu einem Wasser, wovon Jesus am Jacobs-Brunnen mit einer Samariterin sprach: »... wer aber von dem Wasser trinken wird, das ich ihm gebe, den wird in Ewigkeit nicht dürsten, sondern das Wasser, das ich ihm geben werde, das wird in ihm eine Quelle des Wassers werden, das in das ewige Leben quillt.« (Johannes 4:14) Ich verstand, dass ich in diesem Wasser des ewigen Lebens zu Gott geführt war. Mein menschlicher Bedarf würde durch dieses Wasser gestillt sein. Ich begann wieder, meine Arbeit langsam und demütig aufzubauen.
Der Psalm 23 geht weiter: »(Liebe) erquicket meine Seele (meinen geistigen Sinn). (Liebe) führet mich auf rechter Straße um Seines Namens willen«. Langsam verdiente ich wieder genügend Geld aus der Praxistätigkeit, um davon den Lebensunterhalt bestreiten zu können. Aber was ich überhaupt nicht erwartet und gesehen hatte, war der versteckte Segen aus dieser Erfahrung. Durch die Arbeit im Hause meiner Eltern begegneten wir uns viel öfter als vorher. Wir begannen auf einem ganz anderen Niveau miteinander zu reden. Ich empfand eine neue Art von Liebe für meine Eltern; und ganz besonders für meinen Vater. Es war eine Qualität von Kommunikation, die ich vorher nicht kannte. Ich fühlte mich nicht mehr abgelehnt, sondern geliebt!
Wir lesen weiter in dem Psalm 23: »Und ob ich schon wanderte im finstern Tal, fürchte ich kein Unglück; denn (Liebe) ist bei mir, (der Liebe) Stecken und (der Liebe) Stab trösten mich. (Liebe) bereitet vor mir einen Tisch im Angesicht meiner Feinde. «Wo waren meine Feinde? Der Schwindler, durch den ich so viel Geld verloren hatte? Meine Nachbarn, die meiner finanziellen Versorgung im Weg standen? Durch Gebet begann ich zu verstehen, dass diese Leute in Wirklichkeit mir meine eigenen Ängste widerspiegelten. Es ging hier nicht um Personen, sondern um das Erkennen der wahren geistigen Identität aller Gottes Kinder.
Der Psalmist schreibt weiter: »(Liebe) salbet mein Haupt mit Öl und schenket mir voll ein«. Voll, nicht halb leer. Und so rief ich einen ehemaligen Sonntagsschüler aus der »alten Zeit« an. Wir trafen uns bei ihm zum Tee und plauderten mehrere Stunden über unseren Lebensweg und Christian Science. Er gab mir den Tipp, nächstes Wochenende eine Esoterikmesse zu besuchen. Dort wäre auch ein Stand mit den Schriften von Mary Baker Eddy vertreten. Ich ging hin und war sehr überrascht, wie sich »Kirche«, im Gegensatz zu meinen Kindheitserinnerungen, positiv verändert hatte. Ich fing daraufhin wieder an, regelmäßig eine Zweigkirche zu besuchen. Dann ergab sich alles sehr schnell. Im nächsten Jahr wurde ich Mitglied der Mutterkirche, besuchte in Boston die Jahresversammlungund absolvierte die Elementarklasse. Den Jahresabschluss machte ich mit der Mitgliedschaft in der Zweigkirche, in der ich viele Jahre die Sonntagsschule besucht hatte.
Ich war sehr überrascht, wie sich »Kirche«, im Gegensatz zu meinen Kindheitserinnerungen, positiv verändert hatte.
Am Ende des Psalms 23 lesen wir: »Gutes und Barmherzigkeit werden mir folgen mein Leben lang und ich werde bleiben im Hause des Herrn (dem Bewusstsein der Liebe) immerdar.« Ich las immer mehr in dem Buch, studierte die Bibel und betete. Daraufhin wurde es immer schwieriger für mich, den Menschen in der Naturheilpraxis zu erzählen, wie krank sie seien. Mary Baker Eddy erklärt in ihrem Buch, dass das wahre Leben nur von unserem geistigen Sinn erfasstwerden kann. Nur mit dem Bewusstsein der Liebe, die für mich ein anderer Begriff für Gott ist, Konnte ich meinen Mitmenschen richtig helfen. Nur »im Hause des Herrn« ist es möglich, den Menschen zu sehen, wie er in Wirklichkeit ist: geistig, als Gottes Bild und Gleichnis geschaffen und erhalten, rein und ewig. Der Standpunkt von meiner Naturheilpraxis ging von einer anderen begrenzten Lebensauffassung aus, welche ich nicht mehr vertreten konnte.
Ich beschloss, die Tätigkeit als Heilpraktikerin ganz und gar aufzugeben und mich der Christian Science Praxis zu widmen.
Ich beschloss, die Tätigkeit als Heilpraktikerin ganz und gar aufzugeben und mich der Christian Science Praxis zu widmen. Ein Jahr später heiratete ich wieder. Da mein Ehemann im Ausland lebt, wollte ich umziehen. Ich fand jetzt für meine Wohnung eine sehr gute Mieterin. Als ich in den Umzugsvorbereitungen steckte, bekam ich einen Anruf. Es war der Schwindler. Er hatte geheiratet, den Namen seiner Frau angenommen und sein Leben geordnet. Er wollte sich entschuldigen. Den Kredit zahle ich noch heute ab. Ich war ihm nicht böse, denn ich hatte ihm längst verziehen und wünschte ihm alles Gute.
Heute lebe ich mit meiner Tochter bei meinem Mann und seinen zwei Kindern in Belgien. Ja, es war richtig, meine Wünsche wirklich Gott anzuvertrauen.