Des Gerechten Gebet vermag viel, wenn es ernstlich ist”, sagt Jakobus. Dieser Apostel war ein Nachfolger dessen, der erklärt hat: „So ihr Glauben habt als ein Senfkorn, so möget ihr sagen zu diesem Berge: Heb dich von hinnen dort hin! so wird er sich heben; und euch wird nichts unmöglich sein.” Es sei hier bemerkt, daß Jakobus nicht nur die Macht des wahren Gebetes erkannte, sondern daß er auch sah, warum viele Gebete nicht erhört werden. „Ihr seid begierig”, schreibt er, „und erlangt’s damit nicht; ihr hasset und neidet, und gewinnet damit nichts, darum daß ihr nicht bittet; ihr bittet und nehmet nicht, darum daß ihr übel bittet, nämlich dahin, daß ihr’s mit euren Wollüsten verzehret.” Dies ist ein Vorwurf, welcher den Sterblichen sich selbst und dieser ganzen Frage gegenüberstellt; eine Anklage, welche Selbstsucht, Habsucht und Unehrlichkeit aufdeckt; eine Analyse, welche die ganze menschliche Abweichung von der Gottgleichheit bloßlegt. Der klare Blick dieses Jüngers erkannte sowohl die Wirksamkeit des wahren als auch die Wertlosigkeit des falschen Gebetes. Wer sich in unsern Tagen das gleiche Maß des geistigen Verständnisses aneignet, wie dieser Jünger es besaß, kann die gleiche Einsicht erlangen.
Die Christian Science erklärt der Welt das Gebet in klarer und verständlicher Weise und befähigt sie richtig zu beten, indem sie das Ebenbild Gottes, den geistigen Menschen, offenbart, der keine eignen Gedanken hat, sondern stets den göttlichen Geist (Mind) wiederspiegelt. Das Wiederspiegeln dieses Geistes bedeutet wahres Gebet. Die Gebete der Sterblichen sind so von Zweifel beschwert, so von Furcht erregt, so von Eigenwillen und persönlichen Wünschen beeinflußt, daß sie immer und immer wieder gegen das Gesetz der Gerechtigkeit verstoßen. Das einzige Gebet, welches Wert hat, ist die Gedankentätigkeit — welche Form sie auch annehmen möge —, die das Streben selbstlos macht und Gott den ersten Platz im Herzen einräumt. Dies führt mit der Zeit zum vollkommenen Gebet. Die Sterblichen haben in ihrer Angst blindlings irgend etwas außerhalb sich selbst um Hilfe angerufen. Dieser irregeleitete Selbsterhaltungstrieb weist jedoch auf die Notwendigkeit einer Hilfe hin, die außerhalb der Sinnenwelt liegt, und ermutigt zum Studium der Christian Science, welche zur Erkenntnis Gottes führt und das Herz läutert.
„Ihr wisset nicht, was ihr anbetet; wir wissen aber, was wir anbeten”, sagte Jesus zu der Samariterin. Daraufhin definierte er Gott als Geist und fügte hinzu: „Die ihn anbeten, die müssen ihn im Geist und in der Wahrheit anbeten.” Die weltlich Gesinnten wissen nicht, was sie anbeten; hingegen die Offenbarung der Wahrheit über Gott, welche Christus Jesus der Welt brachte und welche Mrs. Eddy uns wiederum in der Christian Science dargelegt hat, verhilft dem Christian Scientisten zu einem immer klareren Verständnis von dem, was er anbetet, und befähigt ihn immer aufrichtiger zu beten. Die Christian Science macht das Gebet immer wirksamer, bis dasselbe sich zur vielvermögenden Gedankentätigkeit „eines Gerechten” entwickelt.
Über die Frage bezüglich des Gebetes schreibt Mrs. Eddy auf Seite 20 ihres Buches „No and Yes“: „Stets gegenwärtige Liebe muß für die stets gegenwärtige Selbstsucht oder den materiellen Sinn stets abwesend sein. Dies erklärt das Übelbitten und das Nichterhalten sowie die allgemein verbreitete Abgötterei der Menschenverehrung.” In dem selben Werk schreibt sie (S. 39): „Das Gebet kann weder Gott ändern, noch kann es Seine Absichten den sterblichen Methoden anpassen; jedoch kann es unsern falschen Begriff vom Leben, von Liebe und Wahrheit ändern, und ändert ihn tatsächlich, wodurch es uns zu Gott emporhebt.” Nicht Gott bedarf des Gebetes, sondern wir bedürfen desselben. Das Gebet hat nicht den Zweck, Gott zu etwas zu überreden oder Ihn zu besänftigen, sondern es soll in unserm Bewußtsein mehr Raum schaffen für die Gegenwart Gottes. Das wahre Gebet nützt vor allem dem, der betet, denn es wandelt sein Bewußtsein um, läutert sein Verlangen, erweitert seinen Gesichtskreis und erhöht seine Erwartungen des Guten. Das Gebet ist eine Jakobsleiter, eine himmlische Treppe, auf der die Engel, d. h. gute Gedanken, hinauf- und herabsteigen können. Dieselben bringen dem himmlischen Vater jedes aufrichtige Sehnen, und übermitteln der Erde den Willen des Himmels. Das Gebet hebt das Denken zur höheren Anwendung des Guten empor, zur Einheit mit Gott und mit allem, was Gott gleich ist. Das Gebet erforscht das Reich Gottes, von welchem Jesus sagte, es sei in uns; es hat die Absicht, das Denken mit Gott bekannt zu machen; es rührt die Motten und den Rost auf, setzt den menschlichen Meltau den himmlischen Sonnenstrahlen aus und erneuert das Leben. Unter dem Einfluß des wahren Gebetes gedeiht das Gute, verschwindet das Übel, gewinnt das Gesetz Gottes die Oberhand.
Wer ist bereit zuzugeben, daß (wie Mrs. Eddy erklärt) der stets gegenwärtige Gott für den Sterblichen wegen dessen stets gegenwärtigen Selbstsucht abwesend ist? Und wer ist ehrlich genug um einzusehen, daß (wie Jakobus deutlich zeigt) dem Sterblichen die Erfüllung seiner selbstsüchtigen Wünsche nur Schaden bringen und ihn in seinem Eigensinn bestärken würde? Wer dies einsieht, ist für das erste wirksame Gebet bereit; er ist dann nicht mehr dem Pharisäer gleich, der dafür dankte, daß er nicht sei wie andre Leute, sondern er erkennt, wie der Zöllner, seine Entfernung von der Gottesähnlichkeit. Man muß unterscheiden zwischen dem geistigen Menschen, nach dem Bilde Gottes geschaffen, und dem Sterblichen, welcher eine Nachahmung des geistigen Menschen ist. Man muß einsehen lernen, daß der Sterbliche nicht der wahre Mensch ist, muß sich zur Erkenntnis der Wirklichkeit des Seins erheben, wenn anders man die richtige Basis des Gebetes klar erkennen will. Die Erkenntnis der geistigen Vollkommenheit des Menschen geht Hand in Hand mit dem Aufdecken der materiellen Unvollkommenheit, welche den Menschen Gottes verhüllt. Der König Salomo erkannte sich als einen „jungen Knaben”, der Führung bedürftig, und kam dadurch Gott näher. Als der Christus, die Wahrheit, den ersten Strahl in das Bewußtsein des Petrus warf, sah dieser seine Sündhaftigkeit ein. Selbst der sündlose Meister erklärte: „Niemand ist gut denn der einige Gott.”
Wenn der Sterbliche erst die Wertlosigkeit alles Sterblichen eingesehen hat, so fängt er an demütig zu werden, und dies ist das erste Erfordernis zum wahren Gebet. Verstandesmäßiges Erfassen, logisches Denken, das Verfolgen guter Absichten — alles dies ist von geringem Wert, wenn der zerschlagene und demütige Geist fehlt. Wer offen und ehrlich eingesteht: „Ich war im Unrecht”, oder: „Es tut mir leid”, und sich dann der Besserung befleißigt, begibt sich dadurch unter geistigen Schutz, denn solche Zugeständnisse schlagen eine Menge schädlicher Gedanken in die Flucht — Gedanken der Selbstgerechtigkeit und des Eigendünkels. Der Geist wahrer Demut darf jedoch nicht mit Selbstentwürdigung oder Selbstverdammung verwechselt werden, denn diese Züge bezeichnen das andre Extrem von Selbstvertrauen und Eigenliebe. Wirkliche Demut äußert sich in dem Wunsch, Gott zu erkennen, weil selbst das Beste im eignen Ich nicht mehr befriedigt. Sie erhebt Gott und erkennt Seine Gegenwart in dem Maße, wie der menschliche Standpunkt aufgegeben wird.
Bei der Vorbereitung zum wahren Gebet nimmt also die Demut die erste Stelle ein. Erst als der verlorene Sohn sah, daß seine Nahrung Treber waren, erst als er erkannte, wie weit er sich von seines Vaters Haus entfernt hatte und wie unbefriedigend alles außerhalb desselben war, wandte er sich von den eitlen Dingen ab und ging zu seinem Vater. In gleicher Weise lernt das stolze Herz erst dann sagen: „Ich will mich aufmachen”, wenn die geistigen Auseinandersetzungen der Christian Science es reumütig gemacht haben. Die Christian Science gestaltet die Gedanken so um, daß dieselben den Menschen zur Demut nötigen. Ihre Lehren führen den, der sie befolgt, zum folgerichtigen, wirksamen Gebet.
Gewiß hat es zu allen Zeiten Leute gegeben, die gebetet haben, und oft folgten ihrem Gebet „die Zeichen”. Jedoch kein Religionssystem, außer dem von Jesu dargelegten und von Mrs. Eddy in unsern Tagen erläuterten, hat des geistigen Menschen Untrennbarkeit von Gott gelehrt; kein andres hat die gänzliche Unwirklichkeit des Übels hervorgehoben; kein andres hat neben der Zerstörung von Sünde die Vernichtung von Krankheit und Tod unternommen; kein andres hat behauptet, daß das Verständnis vom geistigen Gesetz und das Befolgen desselben die Erhörung des Gebetes in folgerichtiger Weise bewirkt. So weiß also der Schüler der Christian Science, daß er das gefunden hat, was das sterbliche Ich dahin tut, wo es hin gehört, das, was Gottes Macht und Gegenwart als über alles erhaben anerkennt. Wenn er richtig betet, so betet er nicht im Gefühl der Selbstgerechtigkeit. Je mehr sein Verständnis von Gott und von des Menschen Beziehung zu Gott zunimmt, desto mehr ist er überzeugt, daß das wahre Gebet erhört wird. Wenn er diesen Punkt erreicht hat, muß er ehrlich zugeben, daß die Christian Science allein ihm diese unendliche Basis zum rechten Gebet sowie zur Erwartung der verdienten Erhörung geben kann.
Der Schüler der Christian Science betet also in Demut und mit festem Vertrauen auf Erhörung, und von diesem rechten Anfang ausgehend, lernt er immer besser beten. Es ist sehr viel gesagt worden über die Unzulänglichkeit des Bittgebetes und den Wert des affirmierenden (die Wahrheit behauptenden oder bekräftigenden) Gebetes. Die Christian Science erklärt, daß wir in irgendeiner Weise beten können, die uns Gott näher bringt und uns mit mehr Liebe zu Ihm erfüllt; daß selbst das sehnende Verlangen, welches sich Ihm zitternd und zweifelnd nähert, die Fittiche erhalten wird, mittels deren es sich zum Vertrauen emporschwingen kann, wenn es nur auf der Erkenntnis beruht, daß Gott stets gegenwärtig und stets hilfsbereit ist. Wenn das Gebet mit Flehen beginnt, so muß es, um wirksam zu sein, mit Affirmation, mit der Behauptung geistiger Tatsachen enden. „Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit”, betete Jesus, nachdem er den Jüngern gesagt hatte, sie sollten um das tägliche Brot, um Vergebung und um Erlösung vom Übel bitten.
Der sehnliche Wunsch nach Erlösung vom Übel mag zuerst in einem an Gott gerichteten Hilferuf zum Ausdruck kommen. Wenn dann das Denken mehr eins wird mit Gott, so wird es getrost und ruhig und erkennt die Tatsache, daß die ganze Schöpfung unter dem göttlichen Schutze steht. Falls der menschliche Wille und die menschlichen Wünsche umherschweifen, so ist der innere Hilferuf oft der Punkt, an welchen die Gedanken umkehren und sich wieder Gott nähern. Somit kann auch ein Hilferuf für einen umherirrenden Sterblichen von Wert sein. Wer jedoch Gott um Hilfe anfleht und dabei im Zweifel verharrt, läßt dem Zweifel und der Furcht freie Hand, so daß ihre bösen Wirkungen sich zeigen können. Die Christian Science ändert die Art des Gebets, indem sie es an diesem unsicheren Punkt vorbei- und zum klaren Bewußtsein der Gutheit Gottes emporführt. Sie erweitert das Gebet dessen, der um Hilfe fleht, bis er voll Freude erkennt, in welcher Weise Gott hilft. Sie fügt dem Gebet des wahren Christen gerade das hinzu, was er wünscht, nämlich die sichere Erwartung, daß Gottes Wille geschehe.
Das Gebet des Scholastizismus beruht auf der Annahme, daß Gott das Übel sowohl als das Gute kenne und daß Er oft das Gute vorenthalte und aus unerklärlichen Gründen das Übel sende. Wer so betet, ist wie ein schwankendes Rohr und erfährt Enttäuschungen. Das Gebet der Christian Science gründet sich unerschütterlich auf dem Verständnis, daß Gott nur Gutes erschafft, nur Gutes kennt und nur Gutes sendet. Deshalb weiß der Christian Scientist, daß Gott nur Gutes für ihn bestimmt hat, und sein Gebet bringt stets freudiges Vertrauen zum Ausdruck. Er betet, um Furcht, Zweifel und Verwirrung aus seinen Gedanken zu entfernen; um zu erkennen, was Gott mit ihm vor hat. Er tut dies dadurch, daß er Gott, den göttlichen Geist, als den einen ursprünglichen Denker erkennt; durch das Verständnis, daß der nach Seinem Bilde erschaffene Mensch Gott geistig wiederspiegelt und in dieser Weise Gottes Gedanken durch Widerspiegelung denkt; daß nichts, was dem göttlichen Geist (Mind) ungleich ist, Geist ist, sondern bloß eine vorübergehende falsche Vorstellung, die man weder anzuerkennen noch zu fürchten braucht. Er weist materielle Gedanken ab und gibt sich geistigen Gedanken hin, bis die ersteren ihn verlassen und die letzteren ihn in Besitz nehmen. Dann erscheint das Wunder des erhörten Gebetes. Die Sünde nimmt ab, Krankheit wird geheilt und die Herrschaft über das Übel macht sich in menschlichen Angelegenheiten bemerkbar. Dies ist das Gebet der Affirmation; dies ist die Basis der Hilfeleistung in der Christian Science; dies ist der Glaube, welcher Berge versetzt.
Die Heilige Schrift, wie das Christian Science Textbuch sie auslegt, enthüllt die Wahrheit über Gott und Seine Schöpfung. Die materiellen Sinne hingegen legen falsches Zeugnis ab über den Schöpfer und die erschaffenen Dinge. Das Gebet berichtigt das Denken, damit Wahrheit erscheinen und alle Unwahrheit verschwinden möge. Dies erklärt ihre Notwendigkeit und den Wert des Gebetes. Wahres Gebet ist das Affirmieren des geistigen Gesetzes, verbunden mit einem festen Vertrauen, daß dieses Gesetz alle menschlichen Bedürfnisse befriedigen wird. Es ist das Sinnen des Herzens, welches die Tätigkeit des geistigen Gesetzes zwecks Zerstörung des Übels in Anwendung bringt. Es bezeichnet das Übergangsstadium, in welchem das Denken sich andächtig nach dem Guten sehnt. Es ist die offene mentale Tür, durch welche die Christusgleichheit eingeht und die Schlange der Sünde vertreibt. Das rechte Gebet erneuert die Gesinnung des Betenden. Es hat eine höhere Selbstlosigkeit zur Folge. Das auf diese Weise gereinigte Denken kann der Erhörung des Gebetes gewiß sein. Unwissenheit, Sünde, Zweifel und Furcht trennen das Gebet von seiner Erhörung. In Wirklichkeit setzt die Möglichkeit des Gebetes das Vorhandensein von dessen Antwort voraus, denn wenn das Gebet bei den Menschen ist, so muß die Antwort in Gott sein. Wenn das Denken mit Gott eins wird, so wird es mit dem erhörten Gebet eins.
In Bezug auf das Gebet der Affirmation muß das menschliche Herz sorgfältig bewacht werden. Es ist wahr, daß das Verständnis der Allmacht und Allgegenwart Gottes, wie die Christian Science es uns predigt, die Kranken heilt, die Sünde vernichtet und alle Arten des Übels zerstört. Wenn man aber Gottes Fürsorge und Schutz zu irgendeinem persönlichen Zweck affirmiert, so läuft man Gefahr, umsonst zu beten. Das wahre Gebet gibt sich nicht mit menschlichen Wünschen ab; es bittet Gott nicht, auf den Schauplatz menschlicher Angelegenheiten zu treten und dieselben nach dem Gutdünken des Bittenden zu ordnen. Wer den Erfolg menschlicher Zwecke und Pläne affirmiert, selbst wenn sie zur Zeit ganz gut zu sein scheinen, mißbraucht das Gebet. Solange der menschliche Wille nicht durch die göttliche Liebe selbstlos gemacht worden ist, ist er ein Übertreter des göttlichen Gesetzes und sein Gebet, sei es in der Form einer flehentlichen Bitte oder einer Affirmation, gilt dem eignen Ich; deshalb stimmt es nicht mit der Wahrheit überein und ist verdientermaßen vergeblich. Der echte Christian Scientist verfährt mit seinen eignen Wünschen, wie Abraham mit Isaak verfuhr. Nichts Geringeres als eine völlige Hingabe kann eine Gebetserhörung bewirken. Also muß der Christian Scientist alles aufgeben, was zum materiellen Begriff des Seins gehört, muß seine persönlichen Pläne und Entwürfe auf den Altar legen, wenn anders er sein Wohlergehen ganz dem Gesetz Gottes anvertrauen will. Wenn er betet: „Dein Wille geschehe”, so muß es ihm mit diesen Worten auch wirklich ernst sein. Er beseitige den Wunsch, der erwarteten Erhörung seines Gebetes eine bestimmte Form zu geben, und er wird wahrhaft beten.
Der Betende muß also bereitwillig seine eignen Wünsche beiseite legen und in der Bekanntschaft mit dem göttlichen Geist und mit allem, was derselbe für ihn umfaßt, Schutz suchen, denn sonst ist sein Gebet vergeblich. Wenn er nur Wohlgefühl im Fleische sucht und kein Verlangen hat, Gott ähnlicher zu werden, so sollte er, um konsequent zu sein, überhaupt nicht beten; auch sollte er keine Hilfe von Gott erwarten. Denn das echte Gebet bittet um Erlösung von der Materie, nicht um Frieden in derselben; um Erlösung von den Dingen in uns, die uns krank machen, nicht um bloße Befreiung von Krankheit. Ein solches Gebet ist gerecht, weil es alles besiegt, was geistigen Fortschritt hindert. Es ist wirksam, denn es vertreibt die Ursachen der Störungen aus dem Denken und man hat dann weniger mit Störungen zu kämpfen.
„Des Gerechten Gebet vermag viel, wenn es ernstlich ist”. Der Ernst unsres Gebetes wird durch unser Interesse an den Dingen des Geistes bedingt. Mit dem, was uns ganz besonders am Herzen liegt, nehmen wir’s am ernstesten. Wer in lauer Weise betet, wird nach genauer Selbstprüfung finden, daß er Gott am wenigsten und die Welt am meisten liebt. Wenn das Gebet im Bewußtsein des Menschen ein lebendiges und erfrischendes Gefühl der Einheit mit Gott und der Gottgleichheit bewirkt, so ist es ernstlich. Nachdem das Denken in dieser Weise genügend erleuchtet worden ist, um wenigstens teilweise zu verstehen, daß das Übel in der Allgegenwart Gottes keinen Raum hat, so wird das Gebet unwiderstehlich. Christus Jesus sagte: „Alles was ihr bittet in eurem Gebet, glaubet nur, daß ihr’s empfahen werdet, so wird’s euch werden.” Und Mrs. Eddy, deren Leben ein stetes Gebet ist, das die Menschen unsrer jetzigen Generation veredelt hat, erklärt genau die Bedingung, welche die Erhörung des Gebetes möglich macht, wenn sie schreibt („Science and Health“, S. 495): „Gott wird die Kranken durch den Menschen heilen, wenn der Mensch unter Gottes Leitung steht.”
Copyright, 1910, by Mary Baker Eddy.
Verlagsrecht 1910, von Mary Baker Eddy.
