Wie viele bekümmerte Herzen haben nicht schon mit den Jüngern demütig gefleht: „Herr, lehre uns beten”! Diese Bitte drückt ein instinktives Vertrauen auf die Güte Gottes aus. Sie erkennt Ihn an als eine sichere Zuflucht in jeder Not, als einen nie versiegenden Quell der Kraft, wenn die Unzuverlässigkeit menschlicher Stützen, das Schwinden irdischer Hoffnungen uns mit dem Psalmisten ausrufen läßt: „Schaffe uns Beistand in der Not, denn Menschenhilfe ist nichts nütze.”
Die Jünger hatten lange genug mit ihrem Meister verkehrt, um zu erkennen, daß er ein unbedingtes Vertrauen auf seinen himmlischen Vater besaß. Sie sahen, daß er sich stets ohne Zögern an den Quell aller Weisheit wandte, wenn es sich um die Lösung eines schwierigen Problems handelte. Sie hatten gesehen, wie er die Kranken heilte, die unsauberen Geister austrieb. Sie waren Zeugen des wunderbaren Fischzuges gewesen, welcher der Lohn war für den Gehorsam gegen Jesu Befehl an Petrus: „Fahret auf die Höhe und werfet eure Netze aus”. Sie sahen, wie auf das Wort Jesu der Wind und die Wogen sich legten und ihre Furcht verschwand; wie die trauernde Witwe zu Nain ihren Sohn wieder erhielt und wie die Menge auf wunderbare Weise mit fünf Broten und zwei Fischen gespeist wurde. Alle diese und viele andre wunderbare Werke wurden in ihrem Beisein vollbracht, so daß sie glauben mußten, obgleich sie dieselben anfangs nicht verstanden. Wiederholt hatten sie beobachtet, wie Jesus als Vorbereitung auf diese „großen Taten” sich im Gebet an Gott wandte.
Die Zeit war gekommen, da sie in die umliegenden Städte und Dörfer gehen sollten, um die „verlorenen Schafe aus dem Hause Israel” zu suchen und zu erretten, dem Befehl des Meisters zufolge: „Prediget das Evangelium und heilet die Kranken”. Sie dachten wohl viel an dieses ihnen bevorstehende Werk, und es ist daher kein Wunder, daß sie die Bitte an ihren Meister richteten: „Herr, lehre uns beten”. Sie wollten wissen, wie auch sie sich mit Erfolg an den wenden könnten, von dem Jesus sagte: „Derselbige tut die Werke”.
Als Antwort gab ihnen Jesus das Gebet, welches bis auf unsre Zeit mustergültig ist —-„das Gebet, welches alle menschlichen Bedürfnisse deckt”, wie sich Mrs. Eddy in ihrer klaren geistigen Auslegung vom Gebet ausdrückt („Science and Health“, S. 16). Indem sich die Jünger mit diesem Gebet der Affirmation und Behauptung der Macht und Liebe Gottes an Ihn wandten, vermochten sie „stark in dem Herrn” auszugehen und alles Übel zu überwinden. Solange sie sich auf den unveränderlichen Gott verließen, konnten sie mit David sagen: „Und ob ich schon wanderte im finstern Tal, fürchte ich kein Unglück; denn du bist bei mir”.
Warum wenden sich so viele Leute der Christian Science zu? Weil sie von dem unaussprechlichen Sehnen erfüllt sind, Gott, Geist, so zu erkennen, wie Er ist — als Leben, Wahrheit, Liebe, als unendlich und allmächtig; weil die Menschen den scheinbar weit entfernten und ihnen sehr wenig bekannten Gott suchen, um Ihn als „eine Hilfe in den großen Nöten” zu erkennen; weil sie Gott ernstlich, aber vergebens um Hilfe angefleht haben. Diese Leute haben (oft zu ihrer Überraschung) durch das Studium und die Demonstration der Lehren der Christian Science die lang erhoffte Erlösung von Kummer und Krankheit erlangt. Sie haben erfahren, daß „für diejenigen, die sich auf den erhaltenden Unendlichen stützen, ... das Heute reich an Segnungen” ist (Ibid., Pref., S. vii).
Die Christian Scientisten haben Grund zu tiefer Dankbarkeit, indem sie durch das Studium und die Anwendung der Lehren der Christian Science richtig beten gelernt haben. Sie kennen jetzt das Gebet, das jedem Gedanken an das Übel die Tür verschließt. In geistiger Gemeinschaft mit dem unendlichen, allmächtigen Gott affirmieren sie Seine Allheit und Güte sowie den von Ihm erschaffenen, vollkommenen Menschen. In dem wunderbaren Kapitel über das Gebet in „Science and Health“ sagt Mrs. Eddy: „Wir haben vor allem das Gebet des ernsten Verlangens nach Wachstum in der Gnade nötig, wie es durch Geduld, Demut, Liebe und gute Werke zum Ausdruck kommt” (S. 4). Wohl dürfen wir unsern himmlischen Vater bitten, uns wachen und beten zu lehren, damit wir das Bewußtsein der Einheit mit Ihm erlangen und dadurch den mit Krankheit und Sünde Beladenen Hilfe bringen mögen, bis auch sie gelernt haben, verständnisvoll zu beten: „Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit.”
 
    
