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Einiges über Gewohnheiten

Aus der Juli 1914-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft


Wenn wir unsre Lebensweise näher betrachten, so finden wir, daß unser Begriff vom Dasein sich zum großen Teil aus Gewohnheiten zusammensetzt, aus guten wie aus schlechten. Nun ist aber keine Gewohnheit oder keine Handlungsweise gut, die sich nicht aus der Anpassung unsrerseits an das Gesetz der Wahrheit ergibt. Mrs. Eddy sagt uns: „Wahrheit nicht Irrtum, Liebe nicht Haß, Geist nicht Materie regiert den Menschen” (Wissenschaft und Gesundheit, S. 420). Wer also dem geistigen Menschentum näher- kommt, wird immer weniger von vernunftloser Gewohnheit und immer mehr von göttlicher Intelligenz beherrscht.

Ein kleiner Vorfall, der mir neulich zur Kenntnis kam, liefert einen Beweis dafür, welch großen Anteil bloße Gewohnheit an der tierischen Natur hat und wie vernunftlos sie ist. Mein Bruder nimmt seine Hunde gewöhnlich mit ins Geschäft, wo sie in einer großen Kiste untergebracht werden. Dort bleiben sie, bis es Zeit ist, nach Hause zu gehen. Als sie einst auf dem Wege zum Geschäft recht naß und schmutzig geworden waren, wollte man sie von ihrem gewohnten Platz irgendwo anders hinbringen, wo Stroh lag. Die Tiere sind Vorstehhunde und auf absolutes Parieren dressiert-, auch sind sie gutmütig und ihrem Herrn zugetan. Aber sie waren von klein auf gewohnt, in dieser besonderen Kiste sich aufzuhalten, und sträubten sich nun gegen eine Änderung. Mein Bruder versuchte sie erst mit Güte, dann mit Gewalt wegzubringen, doch vergebens. Als er sie zwingen wollte, fletschten sie die Zähne und wären eher auf ihn losgegangen, als daß sie ihren gewohnten Platz aufgegeben hätten.

In der Christlichen Wissenschaft lernen wir erkennen, daß wir uns nicht von unsern Gewohnheiten, sondern von unserm Begriff von Intelligenz und Recht beherrschen lassen müssen. Sodann sollten wir stets eine vernunftgemäße Antwort auf die Frage geben können, warum wir etwas in dieser oder jener Weise tun, und nicht nur sagen: „Ach, das ist so meine Gewohnheit!” Wir haben alle, wenn auch in verschiedener Weise, erfahren, wie ein neuer Gedanke wirkt, wenn er in einer Gemeinde von jemand vorgebracht wird, der als Außenstehender klar erkennt, daß die Änderung einer bestehenden Verfahrungsweise jedermann zum Vorteil gereichen würde. Zu unsrer Verwunderung mußten wir oftmals erleben, daß sich unserm Vorschlag zumeist diejenigen widersetzten, für die er am vorteilhaftesten gewesen wäre. Vergebens suchten wir ihnen zu zeigen, wie vernünftig unser Vorschlag war. Die Schwierigkeit bestand eben darin — ob wir dies erkannten oder nicht —, daß wir nicht mit der Vernunft zu kämpfen hatten, sondern mit einer Gewohnheit, die vielleicht das Ergebnis einer lange beobachteten Verfahrungsart war — einer Verfahrungsart, die seinerzeit klug gewesen sein mag und deren Notwendigkeit oder Angemessenheit in bezug auf gegenwärtige Verhältnisse seitdem nicht in Frage gestellt worden war. Wenn es uns nun klar ist, daß unser Vorschlag einen Fortschritt gegenüber der alten Art und Weise bedeutet, und daß durch seine Annahme eine bestimmte Sachlage gebessert würde, und wenn wir ferner erkennen, daß nicht Vernunft sondern Gewohnheit sich uns widersetzt, so kommen wir leicht in Gefahr, unsre Ansicht durchsehen zu wollen. In solchem Fall gebrauchen wir eine tierische Kraft, um einer andern tierischen Kraft entgegenzuwirken, und erregen dadurch leicht Groll und Unwillen, wie obiges Beispiel von den Hunden ersehen läßt.

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