Die sogenannte Menschennatur hat wohl viel damit zu tun, daß die große Zunahme an Mitgliedern Der Mutter-Kirche sowie der Zweig-Kirchen in den größeren Städten die Christlichen Wissenschafter mit einem Gefühl der Befriedigung erfüllt. Allenfalls sollte uns dieses Gefühl nicht dazu verleiten, das zu übersehen oder geringzuschätzen, was in den kleineren Ortschaften getan wird, „wo zween oder drei versammelt sind” in Christi Namen. Es wirkt wahrhaft erhebend auf den Reisenden, wenn er in eine kleine Stadt oder in ein Dorf kommt und da eine kleine Schar treuer Arbeiter trifft (in vielen Fällen Leute von bescheidenen Mitteln), die Gottesdienste und ein Lesezimmer unterhalten, jährlich wenigstens einen Vortrag veranlassen, wie das Handbuch Der Mutter-Kirche es fordert, autorisierte christlich-wissenschaftliche Schriften verteilen und die Kranken heilen.
Allerdings erhalten wir oft in den Spalten des „Journal“, „Sentinel“ und Herold Nachrichten aus den kleineren Gemeinden; aber keine gedruckten Zeilen können das Gefühl des Friedens und des Glücks verleihen, welches den Großstädter überkommt, wenn er an einem Gottesdienst in einer kleineren Kirche teilnimmt, wo die Lektions-Predigt in schlichter und andachtsvoller Weise gelesen wird, wo der Gesang so recht von Herzen kommt und der Fremde mit aufrichtiger Freude empfangen wird. Nach solch einer Erfahrung muß der Besucher, wenn er nachdenkend ist, zu der Überzeugung kommen, daß weder eine große Mitgliederzahl noch reiche materielle Hilfsmittel eine Kirche der Christlichen Wissenschaft ausmachen, sondern daß überall, wo die Liebe zur Wahrheit herrscht, Gott eine Stätte bei den Menschen hat. Dann fällt dem Besucher wohl ein, daß er in unsern Zeitschriften Zeugnisse von Leuten gelesen hat, die in ähnlichen kleinen Ortschaften wohnen, von denen manche so klein und verborgen sind, daß er nie zuvor von ihnen gehört hat. Er sieht nun klarer als je, daß das Evangelium, dem die Zeichen folgen, keine Menschenmenge fordert und nicht durch Pomp und Zeremonien gepredigt wird; daß die Christliche Wissenschaft eine Religion für die ganze Menschheit ist; daß der Gott, den die Christlichen Wissenschafter verehren, nicht an einem weitentfernten Ort thront; daß „Gott, das göttliche Prinzip des Menschen und der Mensch als Gottes Gleichnis ... untrennbar, harmonisch und ewig” sind, wie Mrs. Eddy auf Seite 336 von Wissenschaft und Gesundheit sagt.
Dieser klare Begriff von der Allgegenwart und Allmacht der göttlichen Liebe bildet den Hauptunterschied zwischen der Christlichen Wissenschaft und andern Religionslehren. Die Kirche Christi, der Scientisten, die gegründet wurde, um „die Worte und Werke unsres Meisters in Erinnerung zu bringen und dadurch das ursprüngliche Christentum und sein verlorengegangenes Element des Heilens wiederherzustellen” (Manuel, S. 17), hat der Welt seit fünfunddreißig Jahren demonstriert, daß Gott Gebete hört und erhört, denn die Kranken werden geheilt wie in den Tagen des großen Lehrers, in Erfüllung der Verheißung: „Wer an mich glaubet, der wird die Werke auch tun, die Ich tue”.
Die kleine Kirche in einem Städtchen oder Dorf ist deshalb eine Macht, die in ihrer Umgebung viel Gutes wirken kann. Tatsächlich hat der einzelne Christliche Wissenschafter in den kleinen Ortschaften oft bessere Gelegenheit, seinen Freunden und Nachbarn die umwandelnde Macht der göttlichen Liebe zu beweisen, als in den größeren Städten. Es geht zwar bei dem Zerstören der Hindernisse, die der Irrtum dem Fortschritt der Wahrheit entgegenstellt, manchmal etwas langsam vorwärts, und die „zween oder drei” scheinen zu wenige zu sein, um das Banner hochzuhalten; aber Gott gebraucht oft die Schwachen dazu, um die Weisen zu Schanden zu machen, und der Same, der in Geduld gesät wird, wächst gewiß früher oder später zur Ernte heran.
Jesus sagte zu der Samariterin, der Vater wolle solche Menschen haben, die Ihn „anbeten im Geist und in der Wahrheit”; und diese Anbetung kann ebensowohl auf dem „Söller” wie im prächtigen Dom stattfinden. Wo auch immer der Christliche Wissenschafter dem Gottesdienst einer Kirche seiner Konfession beiwohnt, er hört dieselbe Lektions-Predigt, die er hören würde, wenn er in seiner Heimatskirche wäre —„eine von der Wahrheit ungetrennte Predigt, die durch keine menschlichen Hypothesen verfälscht und beschränkt wird und göttlich autorisiert ist” („Erklärende Bemerkung” zu den Lektions-Predigten). Einerlei, ob er dieser Predigt zuhört oder sie allein oder mit Freunden liest, sein Herz ist mit Dank erfüllt gegen die verehrte Führerin, die diesem und den kommenden Zeitaltern die Wissenschaft gegeben hat, welche in Erfüllung des großen Auftrags Jesu wie eine Flutwelle der Liebe zu Gott und zu den Menschen über die Erde geht.
