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Abwesend geleisteter Beistand

Aus der Mai 1915-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft


Es ist wohl nichts dem Mißverständnis und dem Spott mehr ausgesetzt als der christlich-wissenschaftliche Beistand, der Abwesenden geleistet wird. Viele ernste Leute haben unter dem Eindruck gestanden, ein solcher Beistand sei ein geheimes Verfahren, das sich in gewissem Maße auf die Leichtgläubigkeit der Unwissenden stütze, oder nach dem die Verzweifelnden griffen, wie ein Ertrinkender nach einem Strohhalm. Selbst wohlwollende Kritiker haben erklärt, sie könnten das christliche Heilen im Fall eines Kranken, der mit dem Vertreter zusammenkommt, verstehen; wenn sie aber glauben sollten, einem Kranken könne auch aus der Ferne wirksamer Beistand geleistet werden, so sei das doch zu viel verlangt.

Das Neue Testament enthält wenigstens zwei ausdrückliche Beispiele von Beistand, den der Meister Abwesenden leistete, nämlich dem Sohn des Königischen und dem Knecht des Hauptmanns. Ferner wird uns gesagt, daß das, was der Meister tat, seinen Nachfolgern nicht nur möglich ist, sondern auch von ihnen erwartet wird; denn Jesus erklärt: „Wer an mich glaubet, der wird die Werke auch tun, die Ich tue.” Die Christlichen Wissenschafter nehmen Jesus in diesem Ausspruche wie in allen andern beim Wort. Ihr Vertrauen ist in Tausenden von Fällen durch Erfolge gerechtfertigt worden, und sie sind daher ganz sicher, daß „des Herrn Hand ... nicht zu kurz [ist], daß er nicht helfen könne, und seine Ohren ... nicht hart geworden [sind], daß er nicht höre.”

Es wird manchen überraschen, wenn wir behaupten, daß alle christlichen Kirchen glauben, abwesenden Beistand leisten zu können, und ihre Anhänger darin unterweisen. Allerdings erstreckt sich ihr Gebet für die Abwesenden wie auch für die Anwesenden hauptsächlich auf die Heilung von Sünde. Wenn es aber wahr ist, daß des Gerechten Gebet einen Sünder, der weit entfernt ist, sittlich bessern kann, so muß es auch wahr sein, daß dieses Gebet einen Kranken zu heilen vermag, der in der Ferne weilt. Betet nicht das kleine Kind auf seiner Mutter Schoß zu Gott, Er möge „Papa beschützen und ihn bald heimbringen?” Und betet nicht jeder Geistliche für die abwesenden Mitglieder seiner Kirche, für die Arbeiter in den entfernten Wirkungsfeldern, für die Obrigkeit, ja für die abwesenden Kranken? Warum sollten nun die Christlichen Wissenschafter nicht das Recht haben, dasselbe zu tun? Sieht es nicht aus, als ob viele religiöse Menschen Lippendienst verrichteten, ohne zu erwarten, daß ihr Gebet erhört werde? Ziehen sie nicht beim christlichen Heilen die Grenze, seien die Kranken anwesend oder abwesend?

Alle Christen und viele Andersgläubige geben zu, daß Gott allgegenwärtig und immergegenwärtig ist. Er erfüllt also allen Raum, und eine solche Allgegenwart schließt die Möglichkeit Seiner Abwesenheit aus. Der Psalmist sagt das im hundertneununddreißigsten Psalm mit den Worten: „Wo soll ich hingehen vor deinem Geist, und wo soll ich hinfliehen vor deinem Angesicht?” Und im weiteren spricht er davon, wie unmöglich es dem Menschen ist, sich von Gott zu entfernen. Wir tun gut, darüber nachzudenken, wo denn die bleibende Stätte des wahren Menschen ist, der „unter dem Schirm des Höchsten sitzt.” Paulus gibt die Antwort, wenn er sagt: „In ihm [Gott] leben, weben und sind wir.” Alle Ideen Gottes sind in Ihm gegenwärtig, so daß der Mensch in Wirklichkeit nie von seinem Bruder abwesend ist. Es gibt also eigentlich keinen Beistand aus der Ferne. Gott ist das einzige Gemüt, und dieses Gemüt ist von materiellen Zuständen und Verfahrungsarten in keiner Weise abhängig.

Die Erkenntnis dieser Tatsachen hat zugenommen und muß immer mehr zunehmen. Das läßt sich annähernd durch unsre Erfahrungen in der Telegraphie veranschaulichen. Man hat lange geglaubt, die Instrumente des Absenders und Empfängers müßten durch einen Draht verbunden sein; aber schließlich hat man entdeckt, daß die materielle Verbindung durch den Draht nicht nötig ist, so daß nur die zwei Instrumente übrigbleiben. Wenn solche Dinge nach den Verfahrungsarten des menschlichen Gemüts möglich sind, wie dürfen wir dann die Möglichkeiten begrenzen, die sich durch das Verständnis des göttlichen Gemüts erreichen lassen, das notwendigerweise alle Dinge kennt und imstande ist, Seine ganze Schöpfung zu leiten?

Aber wohlverstanden, das christlich-wissenschaftliche Gebet ist keine Gedankenübertragung durch den Raum. Wenn es ein solches Verfahren gäbe, so wäre es das eines materiellen, sterblichen Gemüts. Für Gott gibt es keinen Raum, keine Entfernung, keine Trennung. Da das göttliche Gemüt überall ist, so braucht man ihm nur im individuellen Bewußtsein Einlaß zu gewähren, und zwar geschieht dies dadurch, daß man irrige Gedanken vertreibt oder vernichtet und so den göttlichen Ideen Raum gibt. Dieser Vorgang ist weder wunderbar noch außergewöhnlich, sondern ganz natürlich und normal. Die Verwunderung, die er erregt, kommt nur von einer irrigen Gedankentätigkeit her, welche die rechte Auffassung von Gottes geistiger Schöpfung so verkehrt und verdreht hat, daß die Sterblichen „die Tiefen der Gottheit” nicht ergründen können, sondern vorziehen, auf eine Reihe von unbeständigen, oberflächlichen, launenhaften Annahmen zu bauen, die sich aus einer falschen Erziehung und einer darausfolgenden Unterwerfung unter materielle Bedingungen entwickelt haben.

Jeder richtige Gedanke muß seitens des Gemüts, das für seinen Einfluß empfänglich ist, eine Erwiderung finden, und Entfernung kann dies nicht verhindern. Dabei muß aber Nachdruck auf die Tatsache gelegt werden, daß allein Gott von Sünde sowohl wie von Krankheit heilt, und daß die Pastoren sowie die Vertreter der Christlichen Wissenschaft nur die Werkzeuge sind, durch die Heilung vollbracht wird. So ist denn in keinem Fall die körperliche Anwesenheit eines Menschen notwendig; denn damit würde der Ton statt des Töpfers geehrt, und geistiges Heilen wäre kaum weniger materiell als die herrschenden Arzneisysteme.

Mrs. Eddy sagt uns in Wissenschaft und Gesundheit: „Die Wissenschaft kann die von ihren Heilern abwesenden Kranken ebensogut heilen als die anwesenden, denn Entfernung ist kein Hindernis für Gemüt” (S. 179). Da die Christliche Wissenschaft im wesentlichen eine Religion des Beweises und nicht bloß der Behauptung ist, so sind obige Worte in Tausenden von Fällen und unter den allerverschiedensten Umständen geprüft und bewiesen worden, und es ist daher aller Zweifel ausgeschlossen. Wenn der Vertreter erkennt, daß sowohl der Heiler als der Patient, wie Paulus sagt, „außer dem Leibe ... wallen und daheim [sind] bei dem Herrn”, so besteht keine Schranke, die sie trennen könnte, und das Heilungswerk kommt zur Ausführung. Paulus sagt ferner: „Denn ob ich wohl nach dem Fleisch nicht da bin, so bin ich doch im Geist bei euch.” Wir sehen also, daß wir nur im fleischlichen oder sterblichen Bewußtsein getrennt sein können, und wenn dieses irrige Bewußtsein berichtigt ist, so offenbart es sich, daß unser Bruder immer „im Geiste” bei uns ist.

Jesus sagte deutlich: „Das Fleisch ist nichts nütze.” Warum sollten dann gläubige Christen sich solche Mühe geben, materiellen Heilverfahren und dem körperlichen Beisammensein von Vertreter und Patienten das Wort zu reden? Es möchte manchmal scheinen, als ob das sterbliche Gemüt Schwierigkeiten suche und eifersüchtig sei, wenn ein Versuch gemacht wird, sie zu zerstören. Dies ist jedoch ganz natürlich; denn die Vernichtung von Schwierigkeiten zieht unausweichlich auch die Vernichtung ihres Urhebers nach sich, nämlich des sterblichen Gemüts. Darauf folgt aber die Erkenntnis des gerechten Gottes, der stets nahe ist und Seine Kinder immer hört.

So ist es denn klar, daß Gott die Kranken und Sünder in der Ferne auf dieselbe Art heilen kann wie die in unmittelbarer Nähe, denn sonst wäre Seine Allmacht und Allgegenwart nur ein Märchen, und die Bibel müßte anders verfaßt werden. „Wer will uns scheiden von der Liebe Gottes?” „Weder Hohes, noch Tiefes noch keine andere Kreatur mag uns scheiden von der Liebe Gottes, die in Christo Jesu ist, unserm Herrn.”

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