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Das Praktische und das Ideale

Aus der Februar 1917-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft


Das Praktische und das Ideale sind von jeher als zwei unvereinbare Standpunkte betrachtet worden, und der Glaube der Träumer und Idealisten an die Menschheit hat oft eine harte Probe bestehen müssen. Über Enttäuschungen klagen ist jedoch Zeitverschwendung; es zeugt von Selbstsucht und einem beschränkten Gesichtskreis. Nur zu oft liegt die Ursache einer Enttäuschung im eignen Bewußtsein. Ein wahrhaft edler Mensch wird nicht gleich einen andern beschuldigen; vielmehr wird er festzustellen suchen, worin er selber gefehlt hat. Wir bedürfen alle der Nachsicht und Vergebung und sollten darum andre mit der gleichen Großmut behandeln, mit der wir behandelt zu werden wünschen.

Man hört viel von den Enttäuschungen, die einem mit den Jahren zuteil werden. Tatsache ist jedoch, daß des Kindes Auffassung von der Welt als gut und vollkommen der Wirklichkeit entspricht, während die entgegengesetzte Anschauung des Erwachsenen falsch ist. „Gott sah an alles, was er gemacht hatte; und siehe da, es war sehr gut,” heißt es im Bericht von der geistigen Schöpfung. Alles, was nachher erschien, war ein Nebel, war Illusion. Diese von der Christlichen Wissenschaft gelehrte Lebensanschauung ermöglicht es uns, am Guten festzuhalten, gleichzeitig aber in wohlwollender, vernünftiger Weise den Dingen, wie sie zu sein scheinen, Rechnung zu tragen. Es handelt sich hier um keine nebelhafte Begriffsbildung, sondern um wahre Ideale. Diese sind uns ein Ansporn, das Gute im praktischen Leben anzuwenden. Sie verschönern die Alltagswelt und geben denen, die treu an ihnen festhalten, schon hier und jetzt ein reiches Maß des Himmels.

Eine häufige Ursache des Zynismus ist Mißverständnis zwischen Freunden, das dadurch entsteht, daß sie nicht vollkommen ehrlich gegeneinander sind. Keine zwei Personen fassen eine Sache genau in der gleichen Weise an, und wenn nicht vollständiges Vertrauen zwischen ihnen herrscht, so kann ein kleiner Irrtum in solch großem Umfang erscheinen, daß er alles Gute und Wahre verdunkelt. Jesus sagte, das Böse sei „ein Lügner und ein Vater derselbigen;” daher muß man auch vor der kleinsten Abweichung von der Wahrheit auf der Hut sein. Wer anders redet und handelt als er denkt (wie wohlgemeint und entschuldbar dies auch sein mag), bereitet sich Schwierigkeiten, die weit größer sind als diejenigen, die er zu vermeiden sucht.

Es liegt im Wesen des Irrtums, sich zu verstecken; die Wahrheit aber darf nicht die Mittel des Bösen anwenden und braucht sie nicht anzuwenden. Wer richtige Beweggründe hat, ist aufrichtig und unerschrocken. Liebe und vollkommene Aufrichtigkeit im Reden, Denken und Handeln sind unser sicherster Schutz vor dem Bösen. Das will aber nicht heißen, daß man alles sagen muß, was man weiß, noch daß man jeden Gedanken, der einem kommt, laut werden lassen soll; wohl aber ist gemeint, daß dem aufrichtigen Menschen stets zwei Wege offen stehen: Stillschweigen oder die Wahrheit reden. Die ruhige Würde, die sich der üblen Nachrede enthält, geht Hand in Hand mit der Aufrichtigkeit, die nichts zu verbergen hat.

Noch etwas, was eines Menschen Ideale oft trübt, ist der Umstand, daß sich die materiellen Sinne und das materielle Selbst wie ein Schatten zwischen den Menschen und Gott drängen. Der Eigenwille versucht nur zu gern, Gott der Herrschaft zu berauben und sie selbst zu übernehmen. Ein solcher Versuch endet stets unheilvoll. Sicherlich sollten wir das Vertrauen haben, daß die unendliche Weisheit und Liebe unsre Angelegenheiten besser zu leiten vermag als wir selber. Oft ist zur Berichtigung unharmonischer Zustände weiter nichts nötig als das Aufgeben des menschlichen Willens und die Bereitwilligkeit, die Leitung dem göttlichen Gemüt zu überlassen.

Selbstbedauern beraubt die heilenden Strahlen der göttlichen Liebe ihrer Wirkung. Sich mit Ergebung dem Bösen zu unterwerfen, ist ein Irrtum; sich durch widrige Verhältnisse niederdrücken zu lassen, ist ein Zeichen der Schwäche und Selbstsucht. Es gibt immer Menschen, die vor größeren Problemen stehen als wir selbst, und durch das Bestreben, ihnen zu helfen, finden wir unsre eigne Befreiung. Das Lehrbuch der Christlichen Wissenschaft, Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift, lehrt deutlich, daß man wegen nichts anderm zu leiden braucht als wegen seiner eignen Fehler. Ist unser Herz auf Gott gerichtet, dann können wir allen Schwierigkeiten mutig begegnen und sie überwinden. Für den, der sich fortwährend über die Güte Gottes freut, gibt es keine Hölle. Er trägt das Geheimnis zum Sieg in sich und hilft die Herzen der Mitmenschen erleuchten und reinigen. Er erbringt den Beweis, daß es für diejenigen, die im Lichte der göttlichen Liebe wandeln, keine Finsternis gibt.


Was hat der Mensch dem Menschen Größeres zu geben als Wahrheit?

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