Über die Bedeutung der Geschichte vom unfruchtbaren Feigenbaum, der auf die strafenden Worte Jesu hin verdorrte, hat sich schon so mancher eifrige Bibelforscher den Kopf zerbrochen. Hier ist nun vor allem zu bedenken, daß Jesus den Irrtum in allen seinen Verkleidungen rügte. Wir lesen von einem Fall, wo er das Fieber „beschalt” (Zürcher Bibel, Lukas 4, 39) und dadurch dem Leidenden Freiheit brachte. In dem Fall vom unfruchtbaren Baum wird eine wichtige Lehre in wunderbarer Weise veranschaulicht. Ehe wir sie in Betracht ziehen, wollen wir einige Augenblicke bei dem Gleichnis vom unfruchtbaren Feigenbaum im dreizehnten Kapitel des Lukas-Evangeliums verweilen.
Wir lesen da, wie der Eigentümer eines Weinbergs auf einem Feigenbaum Frucht suchte, aber keine fand, worauf er zu dem Weingärtner sagte: „Haue ihn ab! was hindert er das Land.” Jesus erzählte dieses Gleichnis am Sabbat in einer der Synagogen. Gleich darauf sah er ein Weib vor sich, die „krumm” war „und konnte nicht wohl aufsehen.” Er rief sie zu sich und bekräftigte die Wahrheit für sie; „und alsobald richtete sie sich auf und pries Gott.” Sodann lesen wir, daß der Oberste der Schule unwillig war, weil Jesus das Weib auf den Sabbattag geheilt hatte, denn er erkannte gar wohl, daß solche Heilungen die Unzulänglichkeit eines rein formellen Gottesdienstes in ein scharfes Licht stellten. Auf Seite 151 von Miscellaneous Writings sagt Mrs. Eddy: „Gott ist ein verzehrendes Feuer,” und sie fügt hinzu: „Durch das heilige Gesetz spricht Er zu den Unfruchtbaren in den Tönen des Sinai; und im Evangelium sagt Er von dem unfruchtbaren Feigenbaum: ‚Haue ihn ab‘!”
Und dies bringt uns zu der Erwägung der Begebenheit, die oft als die Verwünschung des unfruchtbaren Feigenbaums bezeichnet wird. Wenn wir die Aufzeichnung im Evangelium des Matthäus, Kapitel 21 Vers 12–22, mit derjenigen im elften Kapitel des Markus-Evangeliums vergleichen, so sehen wir, daß der Meister nach seinem glorreichen Einzug in Jerusalem in den Tempel ging und sich nach den geistigen Früchten umsah, mit welchen er den hungernden Sinn der Menschheit gespeist hatte. Aber er fand sie nicht. Deshalb trieb er die Vertreter des sterblichen Gemüts aus dem Tempel, nachdem er diesen als ein Bethaus bezeichnet hatte. Daraufhin, so wird uns im weiteren erzählt, „gingen zu ihm Blinde und Lahme im Tempel, und er heilete sie.” Alsdann verließ er die Stadt. Auf dem Rückweg am nächsten Morgen war er hungrig, und als er in der Nähe des Weges einen Feigenbaum erblickte, ging er auf denselben zu, fand aber nur Blätter. Bei dieser Gelegenheit nun fällte er über den Baum das Urteil: „Nun esse von dir niemand keine Frucht ewiglich!”
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