Brannte nicht unser Herz in uns, da er mit uns redete auf dem Wege, als er uns die Schrift öffnete?” Die beiden Jünger hatten auf dem Wege nach Emmaus die neue Zunge vernommen, den „geistigen Sinn der Heiligen Schrift,” der „den wissenschaftlichen Sinn ans Licht” bringt, wie Mrs. Eddy auf Seite 272 unsres Lehrbuchs, Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift, erklärt. Dies war ihnen eine Offenbarung; sie verstanden nunmehr die Wahrheit wie nie zuvor. Diese Erfahrung beschränkt sich jedoch nicht auf die beiden Jünger, obschon es ihnen so vorgekommen sein mag, denn die neue Zunge ist die geistige Sprache aller Zeiten. Die reine Wahrheit, die sie dartut, ist am deutlichsten vernehmbar und kommt mit größter Kraft zu in Ausdruck, wenn der Materialismus schweigt. Sie ist nie ganz verstummt, wiewohl die Sinnlichkeit und der alte Drache alles aufboten, um sie zu unterdrücken oder ganz zum Schweigen zu bringen. Und wie vielen von „Gottes Hausgenossen” aller Zeiten brachte doch die neue Zunge die Offenbarung und Entfaltung der Wahrheit! Sie spricht zu ihnen in Ausdrücken der Freude, des Lobes und der Ermutigung. Den Erschöpften bringt sie Rast, den Mutlosen Mut, den Bekümmerten Trost, den Sündern Vergebung und Erneuerung des Sinnes.
Die kräftige Stimme der neuen Zunge ist auf jeder Seite der Heiligen Schrift vernehmbar. Sie ist durch die Schriften vieler Gottesmänner immer und immer wieder ans Ohr der Menschheit gedrungen; aber ihren Höhepunkt geistiger Wirksamkeit erreichte sie in der direkten Botschaft Gottes an die Menschen, in den Worten und Werken Christi Jesu. Durch ihn offenbarte die neue Zunge das unzerstörbare, unendliche Leben, das alle seine Nachfolger besitzen können. Sie ist die Sprache des Geistes, die Offenbarung der Gegenwart des Vaters. In ihrem Bestreben, das „Wunder” ihrer Heilung zu erklären, wurde unsre Führerin göttlich geleitet, die Schrift zu erforschen, so daß diese für sie „eine neue Bedeutung” erhielt, ja „eine neue Zunge” wurde. „Ihre geistige Bedeutung wurde offenbar,” schreibt Mrs. Eddy, und das Resultat war ihre Entdeckung der „absoluten Wissenschaft des Gemüts-Heilens” (Retrospection and Introspection, SS. 25 und 27). Sie lernte die Worte des Lebens erläutern, die Wahrheit in einer Sprache auszulegen, welche den menschlichen Gedanken klärt, und die Menschheit zu belehren, daß „die Zeichen aber, die da folgen werden denen,” die au Christus glauben (ihn verstehen), die handgreiflichen Beweise einer geistigen Macht sind, die nicht nur die Kranken heilt sondern auch dartut, daß „die Hütte Gottes bei den Menschen” ist. Ist es heute nicht ebenso wahr wie vor alters, daß niemand geistige Erkenntnis erlangen und die Werke tun kann, die Jesus und seine Jünger taten, es sei denn Gott mit ihm? Daher bringt uns die Wiedereinführung der neuen Zunge, durch die uns die frohe Botschaft zuteil wird, die Versicherung, daß Gott bei den Menschen wohnt und sie Sein Volk sind; daß ein Sichvergegenwärtigen von des Menschen Einssein mit Gott die Bande falscher Vorstellungen sprengt und die Macht verleiht, den Irrtum zu zerstören und das Ziel physischer und geistiger Freiheit zu erreichen.
Verstehen wir die neue Zunge auch, wenn wir sie hören? Ist ihr Studium ein Teil unsres geistigen Lehrplans? Ist ihre Sprache so klar, daß sie uns zum „Wahrlich, wahrlich, ich sage euch” des Meisters wird? Sie sollte uns zu einheitlichem Glauben, zur Treue gegen das Prinzip anspornen. Auf Grund ihres göttlichen Ursprungs und ihrer unbeschränkten Macht vermag sie jedes bedrückte Herz aufzurichten. Sie ist Gottes erste und letzte Botschaft der Liebe. Wenn wir in ruhigen Augenblicken, wo der materielle Sinn schlummert, aufmerksam lauschen, so werden wir sie zu der sündenbeladenen, müden Welt sagen hören: „Friede sei mit euch.”
Die neue Zunge hat unbeschränkte Macht; daher spricht sie mit Autorität. Manchmal bittet sie, wie in der liebevollen Einladung: „Kommt her zu mir alle, die ihr mühselig und beladen seid.” Manchmal weist sie den Weg zur Erlösung, wie in des Meisters Ausspruch: „Es sei denn, daß jemand von neuem geboren werde, kann er das Reich Gottes nicht sehen;” manchmal warnt sie, wie in dem Gebot: „Richtet nicht nach dem Ansehen, sondern richtet ein recht Gericht;” manchmal tröstet sie, wie in der aufmunternden Ermahnung: „Euer Herz erschrecke nicht;” manchmal spricht sie in strengen und tadelnden Worten, besonders, wenn sie die Sünde aufdeckt. Aber immer ist sie der Ruf der Liebe an Gottes Kinder, sich von den „schwachen und dürftigen Satzungen” der Welk ab- und dem lebendigen, beweisbaren, läuternden Glauben zuzuwenden, dem Glauben an Ihn, der da ist Geist, Wahrheit, unendliches Gemüt.
Vielleicht haben wir die neue Zunge nur erst in schüchternem und zaghaftem Tone gelispelt; aber hat uns nicht das allein schon Frieden und Zuversicht gebracht? Was hat sie jenen Tausenden von Menschen geoffenbart, die sich so sehr einer geistigen Erkenntnis Gottes freuen? Hat sie ihnen nicht die frohe Botschaft gebracht, daß Gott nicht nur liebt, sondern die Liebe selbst ist? Daß Sein Weltall absolut geistig und vollkommen ist? Daß der Mensch, Seine Schöpfung, im Einklang steht mit den, göttlichen Wesen und somit dem Verfall des Fleisches nicht unterworfen, sondern unzerstörbar und ewig ist? Dies sind wissenschaftliche Postulate, auf die wir uns vertrauensvoll stützen und auf Grund deren wir beweisen können, daß die Wissenschaft des Christentums die Offenbarung der Wahrheit ist, die von jeher bestanden hat und ewig bestehen wird.
Menschliche Hypothesen haben den göttlich bestimmten Weg aus der Nacht der Materialität und dem Nebel des Aberglaubens heraus von jeher verborgen gehalten, was die Welt jetzt auch zuzugeben beginnt. Nun aber kommt die neue Zunge und verkündet ihre einfache Botschaft. Sie zeigt uns, wie das Böse durch die Erkenntnis überwunden werden kann, daß es keine Eigenschaft des göttlichen Gemüts ist und daher kein wirkliches Dasein hat. Sie tut dar, daß auf die gleiche Weise Krankheit und Leiden vernichtet werden können. Sie macht kurzen Prozeß mit der kirchlichen Lehre, die die Menschen zu mentalen Sklaven gemacht hat, indem sie Gott für all das Böse in der Welt direkt oder indirekt verantwortlich macht und somit die geistige Wahrheit über Gottes Erlösungsplan, die in goldenen Lettern durch die ganze Schrift hindurch leuchtet, verunstaltet.
Auf diese Weise lernen wir die Erhabenheit jener Worte auf Seite 174 von Wissenschaft und Gesundheit erfassen: „Wahrheit ist geoffenbart. Sie muß nur betätigt werden.” Was ist Demonstration andres, als daß man den Irrtum in seinen mannigfachen Gestalten in der neuen Zunge anredet und diese im täglichen Leben anwendet? Sie ist das Gebet des Glaubens und der Erkenntnis. Sie berührt das Herz der Liebe und erreicht den Unendlichen. Sie unterscheidet zwischen dem Geistigen und dem Materiellen. Sie trennt den Weizen der reinen Gedanken von der Spreu der Sinnenherrschaft. Wer kann sie reden und ihr gemäß leben? Sicherlich nicht, wer den Traum von intelligenter und belebter Materie für die Wirklichkeit hält, sondern nur, wer von diesem falschen Bewußtsein erwacht ist. „Wie sollten wir des Herrn Lied singen in fremden Landen?” klagten die Gefangenen zu Babylon.
Um der Wahrheit wissenschaftlich Ausdruck geben zu können, ist es unbedingt notwendig, daß man der arglistigen Täuschungen der Materialität gewahr sei und sich von ihr fernhalte. Wenn die „Zungen, zerteilet wie vom Feuer,” erscheinen, wenn wir, die wir unsre Erlösung durch die Erhabenheit und die Kraft eines lebendigen Glaubens an Gott suchen, etwas von der Bedeutung der Taufe des Geistes erfassen, dann werden wir auch die neue Zunge vernehmen, die da sagt: „Siehe, ich stehe vor der Tür und klopfe an. So jemand meine Stimme hören wird und die Tür auftun, zu dem werde ich eingehen und das Abendmahl mit ihm halten und er mit mir.” Diese Botschaft bringt uns das Bewußtsein, daß wir als Kinder Gottes die Macht haben, jene Liebe widerzuspiegeln, welche die Grundlage und Substanz aller erlösenden Arbeit ist.
Ist es unser Verlangen, unsrer hohen Berufung gemäß zu handeln? Dann müssen wir der alten Zunge des sterblichen Sinnes die Türe zu unserm mentalen Heim fest verschließen, müssen dieses Heim in solchem Zustande halten, daß es ein Ort ist, wo der Geist ungestört wohnen und die Liebe unbeschränkt regieren kann. Auf diese Weise wird Christus zu jeder Zeit mit uns reden, wie er mit den Jüngern auf dem Weg nach Emmaus redete.
Keine Macht kann uns hindern, nach dem erkannten Guten in uns selbst zu streben.