Wer seine Religion im täglichen Leben praktisch anwendet, liefert den besten Beweis dafür, daß er aufrichtig ist. Ein theoretischer Christ, d. h. einer, der an Gott zu glauben behauptet, aber kein geistiges Verständnis von der Wissenschaft des Seins hat, ist nicht imstande, die Welt von dem praktischen Wesen des Christentums zu überzeugen. Er glaubt wohl, versteht aber nicht, daß Gott Liebe ist, und daß es demnach außer der Liebe keine wahre Macht im Weltall gibt. Er räumt einem der göttlichen Liebe entgegengesetzten Wesen Macht ein, und gerade dadurch wird er dem praktischen Christentum untreu.
Der Schüler der Christlichen Wissenschaft sieht bald ein, daß er diese Lehre praktisch betätigen muß, wofern er zu denen zählen will, die da sagen können: „Ich weiß, an welchen ich glaube.” Er gelangt zu der Überzeugung, daß die Wahrheit „demonstrierbar ist, wenn man sie verstanden hat” (Wissenschaft und Gesundheit, S. 323). Er mag jahrelang ein eifriger Bibelforscher gewesen sein; aber solange sein Forschen vom Standpunkt der Wirklichkeit des materiellen Augenscheins aus geschah, konnte er nicht beanspruchen, ein wahrer Vertreter der Lehre des Meisters zu sein, denn er hat die praktische und erlösende Bedeutung der Schrift nicht erkannt — die Tatsache, daß die heilende Macht Gottes heute ebenso wirksam ist wie vor alters. Ja gerade dieser Mangel hat ihn vielleicht zu der Erklärung getrieben, er glaube nicht an Gottes Macht oder Bereitwilligkeit zu heilen.
Würde eine solche Erklärung den Schüler der Christlichen Wissenschaft nicht sofort als einen unzuverlässigen Zeugen oder Vertreter des Vaters brandmarken? Wenn er nicht wüßte, daß durch die Macht Gottes auch heute noch die Werke getan werden können, die Jesus und seine Jünger taten, könnte er dann in wirksamer und zuverlässiger Weise für die Wahrheit zeugen? Wenn er bloß vom Standpunkte des blinden Glaubens aus dächte und handelte, würde er dadurch nicht falsches Zeugnis ablegen von dem Wesen Gottes und Seinem geistigen Weltall? Selbst wenn er ehrlich und aufrichtig genug wäre, um sagen zu können: „Ich glaube, lieber Herr; hilf meinem Unglauben,” so hätte dies an und für sich keinen praktischen Wert für die Menschheit. Nicht was man über Gott glaubt, wandelt die Menschen um, sondern was man von Seinem Wesen erfaßt hat und beweisen kann. Nicht das Predigen über Gott macht das Christentum zu einem wirklichen Glauben, sondern das Beweisen der göttlichen Macht.
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