In der Bibel ist sehr viel von Engeln die Rede. So lesen wir z. B., daß dem Abraham von Wesen, die sowohl als Engel wie als Menschen dargestellt wurden, göttliche Botschaften zugingen. Das Wichtige dabei ist jedoch die Tatsache, daß das göttliche Gemüt ihn fortwährend führte, und daß er stets die Botschaft verstand und ihr folgte. Ferner wird uns gesagt, daß Abraham auf diese Weise vor der bevorstehenden Zerstörung Sodoms gewarnt wurde, und daß die Boten von ihm aus zu Lot gingen, um ihn aus dem schrecklichen mesmerischen Zustand aufzurütteln, in den er verfallen war. Wie klar zu ersehen ist, wäre Lot ohne diese göttliche Führung umgekommen, samt denen, die fortfuhren, die Finsternis mehr zu lieben als das Licht; und das ist gewiß eine sehr wichtige Lehre für uns, indem es uns zeigt, daß in den Krisen der menschlichen Geschichte, wenn das Vertrauen auf materielle Dinge wankt und fällt, das Wort Gottes den Weg zur Errettung zeigt.
Aus den Erfahrungen Daniels ersehen wir, daß dieser Prophet die göttliche Botschaft von Wesen erhielt, die der irdischen Anschauung vom Menschen ähnlich, aber doch wieder anders waren. Hier handelt es sich um eine wichtige Wahrheit, die wir festhalten müssen. In welcher Gestalt auch immer die Engel dem menschlichen Sinn erscheinen mögen, sie sind, wie Mrs. Eddy erklärt, „Gottes Gedanken, die zum Menschen kommen; geistige Eingebungen, die rein und vollkommen sind; die Inspiration der Güte, Reinheit und Unsterblichkeit, allem Bösen, aller Sinnlichkeit und aller Sterblichkeit entgegenwirkend“ (Wissenschaft und Gesundheit, S. 581). In der Offenbarung des Johannes finden wir diese göttliche Idee sehr häufig dargestellt. Wir lesen von sieben Engeln, die im Dienste Gottes standen, und dann von einer großen Zahl Engel, die inmitten menschlicher Zustände den Willen Gottes erfüllten. Im zwölften Kapitel des Ebräerbriefs ist von einer „Menge vieler tausend Engel“ die Rede. Mögen wir solche Stellen auffassen wie wir wollen, es besteht kein Zweifel, daß in allen Zeiten diejenigen, die geistig erleuchtet waren, klar erkannten, daß sich Gott dem Menschen naht und daß Seine Botschaften stets überliefert werden und diejenigen erreichen, deren Ohren auf die Äußerung des göttlichen Willens horchen und ihn befolgen.
In einem äußerst materialistischen Zeitalter wird der Gedanke, daß Engel von den Menschen wahrgenommen werden können, mit Zweifel, wenn nicht gar mit Spott, aufgenommen. Hierüber sagt ein berühmter Schriftsteller, Ungläubigkeit sei „das sicherste Zeichen eines schwachen Kopfes und eines verderbten Herzens.“ Die Angabe einer ganzen Anzahl Männer im Heer der Alliierten, daß sie bei Mons, als sie sich scheinbar der gewissen Vernichtung gegenübersahen, Engelserscheinungen gehabt hätten, wird von vielen durch Nervenüberspannung oder etwas derartiges erklärt. Tatsache ist jedoch, daß diejenigen, die die Erscheinung sahen, nicht nur selber neuen Mut und neue Tatkraft erhielten, sondern auch ihre Kameraden begeisterten, so daß sie das Werk des Augenblicks furchtlos in Angriff nehmen konnten und der scheinbar tödlichen Gefahr entgingen. Für den Schüler der Christlichen Wissenschaft ist es nicht besonders wichtig, daß eine Anzahl der Männer, die diese Erfahrung gemacht hatten, gleich darauf den Krankenschwestern und anderen die Erscheinung schriftlich bezeugten. Was einen tieferen Eindruck auf ihn macht, ist die Tatsache, daß sich verschiedene dieser Männer einer moralischen Umwandlung bewußt wurden, die in dieser Stunde ihren Anfang nahm und sie innerlich immer mehr hob.
Dem Christlichen Wissenschafter würde eine solche Erfahrung nicht übernatürlich vorkommen. Er würde erkennen, daß Gottes Gedanken auf Grund Seiner Allmacht stets ausströmen und mit ihrer belebenden Kraft alle segnen, die Augen haben zu sehen und Ohren zu hören. Die Erfahrungen auf dem Schlachtfelde sind keine alltäglichen menschlichen Erfahrungen, und darüber dürfen wir uns freuen. Aber in der Stunde der größten Not, wenn auf der sterblichen Daseinsstufe nichts mehr zu erhoffen ist, macht sich des Menschen wahres Sein geltend, und der Vorhang wird so durchsichtig, daß die geistigen Wirklichkeiten, die ewigen Tatsachen des Seins, in die Erscheinung treten; und da der Tod in der Schöpfung Gottes keinen Raum hat, so fürchten ihn die Menschen nicht länger, sondern streben nach der Wahrheit, die da errettet immerdar.
Daß die göttliche Idee den Menschen in der Gestalt ihrer eigenen Auffassung von Engeln erscheinen sollte, ist nicht zu verwundern. Im Grunde ist aber das Wichtigste dabei die Botschaft selber. Und so freuen sich denn die Christlichen Wissenschafter der Erkenntnis, daß Gottes Gedanken nicht nur die Kranken heilen und die Sünder bekehren, sondern auch ebenso gewiß denen, die sich in einer äußerst gefährlichen Lage befinden, die Allmacht der Wahrheit und Liebe offenbaren können. Im achtundsechzigsten Psalm lesen wir: „Der Wagen Gottes sind vieltausendmal tausend; der Herr ist unter ihnen.“ In der Prophezeiung des Joel findet sich die Zusicherung: „Ihr sollt’s erfahren, daß Ich mitten unter Israel sei, und daß Ich, der Herr, euer Gott sei und keiner mehr; und mein Volk soll nicht mehr zu Schanden werden.“ Auf diese Worte folgt die Verheißung: „Eure Söhne und Töchter sollen weissagen; eure Ältesten sollen Träume haben, und eure Jünglinge sollen Gesichte sehen. ... Und ich will Wunderzeichen geben im Himmel und auf Erden.“
Die Christlichen Wissenschafter haben in Zeiten der Not in Tausenden von Fällen sich selbst die Glaubwürdigkeit der Verheißung im einundneunzigsten Psalm bewiesen: „Er hat seinen Engeln befohlen über dir, daß sie dich behüten auf allen deinen Wegen,“ und an diese Verheißung halten sie sich allezeit — nicht nur in Hinsicht auf sich selbst, sondern auch auf diejenigen, die ihnen teuer sind; denn diese Verheißung bedeutet sicheren Schutz für alle, die sich mit Liebe und Vertrauen unserem Vater-Mutter Gott zuwenden.
