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Was uns eine Fata Morgana lehrt

Aus der Januar 1919-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft


Als ich eines Nachmittags mit meinen beiden Knaben eine Automobilfahrt durch das San Joaquin Tal in Kalifornien machte, sahen wir, wie sich vor unseren Blicken eine Wasserfläche bis weit in die Ferne ausbreitete. Wir betrachteten die Naturerscheinung mit großem Interesse. Obgleich uns den Sinnen gemäß ein unpassierbares Hindernis von unserem Heim trennte, so waren die Knaben doch keineswegs in Sorge, denn es war dies nicht die erste Fata Morgana oder Luftspiegelung die sie gesehen hatten, und sie wußten daher aus Erfahrung, daß man in solchen Fällen nichts weiter zu tun braucht als unbekümmert voranzugehen, worauf dann die Erscheinung verschwindet.

Diese Erfahrung hatte jedoch für mich eine tiefere Bedeutung. Ich erkannte das Bild vor meinen Augen als eine bloße Täuschung, wußte aber zugleich, daß uns die Christliche Wissenschaft alle materiellen Erscheinungen als Täuschungen erkennen läßt, als das Gegenteil von der geistigen Wirklichkeit. Mein Gedankengang war etwa wie folgt: Jesus gab uns die Regel, durch deren Befolgung wir Freiheit von allen Täuschungen erlangen können. Es ist somit unsere Aufgabe, die Wahrheit zu erkennen, und die Verheißung lautet dann daß uns die Wahrheit frei machen wird. Wie macht sie uns frei? Dadurch, daß sie unseren Glauben an die materielle Täuschung vernichtet, unseren falschen Sinn heilt. Wir wissen alle, daß eine Fata Morgana eine Täuschung ist, wissen es ganz bestimmt. Es kostet uns keine Anstrengung, dies zu wissen. Hier mag nun jemand fragen: Warum verschwindet sie dann nicht? In diesem Fall wußte ich mit großer Bestimmtheit, daß die Fata Morgana eine Täuschung war; und doch breitete sie sich vor mir aus, sie war für meine Sinne ebenso wirklich als zu Beginn ihres Erscheinens. Nun erhob der persönliche Sinn den Einwand: Wenn du das, was du aus voller Überzeugung für eine Täuschung hältst, nicht beherrschen kannst, wie kannst du dann hoffen, Anmaßungen des Bösen, der Krankheit oder des Mißgeschicks zu überwinden, die man so viele Jahre lang für wirklich angesehen hat und die für den sterblichen Sinn und die physische Erfahrung sehr wirklich, ja oft schreckenerregend sind?

Während ich diesen Gedanken nachging, fuhren wir rasch weiter, und plötzlich bemerkte ich, daß wir an einer Stelle angekommen waren, wo die Fata Morgana scheinbar gewesen war, als wir zuerst auf sie aufmerksam wurden. Als wir weiterfuhren, war sie vor uns zurückgewichen und schien noch in der gleichen Entfernung vor uns zu sein. Nun erschloß sich mir eine neue Bedeutung der Verheißung Jesu, daß wir frei sein sollten. Ich wußte, daß diese Luftspiegelung in keiner Weise meine Freiheit einschränken konnte. Mein Vertrauen, daß mir nichts im Wege stand, war nicht getrübt. Die Fata Morgana hatte mich nicht veranlaßt, meine Reise zu unterbrechen oder einen Umweg von mehreren Kilometern zu machen, um die scheinbar unpassierbare Wasserfläche zu umgehen, von der meine Augen mir sagten, sie breite sich über die Gegend aus, durch welche uns der direkte Weg führte. Ich war in keiner Weise gehindert oder beeinträchtigt worden. Tatsächlich war die Erscheinung eine interessante Erfahrung, denn ich hatte sie ja als eine Erscheinung erkannt, die wohl zeitweilig den Weg vor unseren Blicken verbarg, aber nichtsdestoweniger vor unserer Annäherung zurückweichen und zuletzt verschwinden würde. Konnte ich somit nicht sagen, daß ich frei war, frei in der Erkenntnis der Wesenlosigkeit dieser Erscheinung und in dem Glauben, daß der Weg nicht versperrt war?

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