Skip to main content Skip to search Skip to header Skip to footer

Bejahen und Verneinen

Aus der Oktober 1919-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft


So mancher ehrliche Sucher, der sich von der falschen Theologie und ihrem häufigen Begleiter, der Arzneimittellehre, abwendet, weil ihn sein jahrelanges Festhalten an denselben keinen praktischen Nutzen gebracht hat, wird dadurch am Fortschritt gehindert, daß er die entschiedenen Verneinungen und Bejahungen mißversteht, die bei der mentalen Arbeit in der Christlichen Wissenschaft notwendig sind. „Ich kann doch nicht behaupten,“ erklärte einst eine liebe Dame, „daß mein Rheumatismus besser sei, wenn es nicht wahr ist, noch viel weniger kann ich sagen, ich hätte nichts derartiges, wenn ich offenbar am Rheumatismus leide;“ und sie fügte hinzu: „Jedesmal, wenn ich eine solche Behauptung aufstelle, klagt mich mein Gewissen an, weil ich dadurch eine Unwahrheit äußere.“

Nun wird ein jeder gerne zugeben, daß nichts Gutes dabei herauskommt, wenn man seinen Wahrheitsbegriff verletzt. Dabei darf man aber nie vergessen, daß die Hauptbedingung zu wirkungsvoller wissenschaftlicher mentaler Arbeit die Fähigkeit ist, zwischen dem Menschen, der Gottes Bild und Gleichnis ist, und dem erbärmlichen, sterblichen, unechten Bild zu unterscheiden. Für den wahren Menschen gibt es nichts Gutes, auf das er nicht in Demut und in der Erkenntnis, daß dieses Gute die Wiederspiegelung seines Schöpfers ist, dem alle Ehre gebührt, Anspruch erheben könnte; wohingegen jeder Anspruch des sterblichen, unechten Bildes beharrlich und beständig verneint werden muß. Auf Seite 242 von Miscellany findet sich folgende unschätzbare Unterweisung unserer Führerin: „Die Christliche Wissenschaft ist absolut; sie bleibt weder hinter dem Punkt der Vollkommenheit zurück noch nähert sie sich ihm; sie fällt mit diesem Punkt zusammen und muß von da aus betätigt werden.“

Zum Erlangen dieser Erkenntnis ist das Beispiel von Träumer und Traum, wie es in unserem Lehrbuch, „Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift,“ so oft angeführt wird, von großem Nutzen, denn es weist auf eine Erfahrung hin, die allgemein bekannt ist. Ein Studium der Stellen über diesen Gegenstand mit Hilfe der Konkordanz zu Wissenschaft und Gesundheit, die in jedem christlich-wissenschaftlichen Lesezimmer zu finden ist, gibt Aufklärung über den vorliegenden Punkt. Ein jeder weiß, wie unverkennbar wirklich seinem Traumbegriff von Identität sowohl diese Identität wie auch die Ereignisse des Traumes erscheinen. Angenommen, jemand träumt, er sei infolge von Rheumatismus verkrüppelt und habe heftige Schmerzen, so verläßt ihn dieser Begriff sofort, wenn er aufwacht. Er erkennt alsbald, daß er die Macht der Wahrheit besitzt, die ganze Erfahrung abzuweisen — zu sagen, daß sich solches niemals zugetragen hat, ja daß es sich nicht einmal zutrug, als er es für eine Tatsache hielt.

Wären nun diese Verneinungen nicht ebenso wahr gewesen, wenn er sie zu irgendeiner Zeit während des Traumes gemacht hätte? Ohne Zweifel! Wir werden uns zuweilen mitten im Traum bewußt, daß es bloß ein Traum ist, und unser Erwachen beginnt mit diesem Augenblick der Erkenntnis, wiewohl der Traum nicht sofort aufgehört hat. Manchmal versucht man sich selbst aus einem bösen Traum aufzuwecken, und dieses Bemühen hat seine Wirkung, selbst wenn es den schlimmen Ausgang zu beschleunigen scheint, indem es zeitweilig große Verwirrung verursacht. Der Träumende tritt bald darauf in einen normalen Bewußtseinszustand ein und erkennt, daß er unverletzt ist, da die soeben gemachte Erfahrung seine Gesundheit, seine Aussichten oder seine Beziehung zu anderen in keiner Weise verändert hat.

Diese Erfahrung, die einem jeden von uns bekannt ist, steht zu unserem täglichen Leben im wachen Zustand (den wir für normal und wirklich anzusehen geneigt sind) in derselben Beziehung wie dieses sogenannte normale Bewußtsein zu dem tatsächlichen und geistigen Zustand des Menschen, der Gottes Bild ist; so daß also Rheumatismus nicht mehr wirklich ist, wenn man ihn gemäß des materiellen Sinnes heute hat, als er sein würde, wenn man die Nacht vorher geträumt hätte, man habe ihn; und wir haben dasselbe Recht, ihn in Abrede zu stellen. Ja alles, was nicht an den höchsten menschlichen Begriff von Gerechtigkeit, Recht und Gutem heranreicht, kann unbeschadet auf dieselbe Weise behandelt werden. Ist Gott die Wahrheit, so wird die Wahrheit gewiß nicht mißachtet, indem man leugnet, daß Rheumatismus oder irgendeine andere Krankheit oder Unvollkommenheit ein Teil Seiner Schöpfung, Seines Planes sei, denn nicht einmal menschliche Eltern würden derartiges über ihre Kinder verhängen. Die Bibel fragt: „Sollte der sterbliche Mensch gerechter sein denn Gott? Sollte ein Mensch reiner sein denn sein Schöpfer?“ (n.d. engl. Bibelübersetzung). Ferner behauptet sie von Gott: „Deine Augen sind rein, daß du Übles nicht sehen magst, und dem Jammer kannst du nicht zusehen.“ Die Christliche Wissenschaft gibt uns das Machtwort, mit dem wir uns und andere aus den Träumen des materiellen Sinnes, seien sie schmerzhaft oder angenehm, zu der Wirklichkeit erwecken können, deren reine Freude die schönsten irdischen Träume übertrifft.

Diejenigen wiederum, die sich von den Irrgärten der Psychologie, der sogenannten mentalen Wissenschaft, des Mesmerismus, des Hypnotismus und der verschiedenen anderen Arten der sterblichen Annahme, die nur Fälschungen der Christlichen Wissenschaft sind, der wahren Christlichen Wissenschaft zuwenden, sind meist verwirrt durch das, was diese falschen Systeme über die Kraft der Suggestion lehren. Ihr geistiges Wahrnehmungsvermögen wird dadurch verdunkelt, daß sie von dem Gedanken verfolgt werden, ein Mensch sei so, wie er denke. Wenn dieses Denken nicht auf wissenschaftlichem Verständnis beruht, so ist es nichts weiter als Selbstmesmerismus, der eher schädlich als fördernd wirkt, wiewohl er bis zu einem gewissen Grade den erwünschten Erfolg hervorbringen mag. Eine Person, die ernstlich bemüht war, das Falsche von dem Wahren zu unterscheiden, und der man die Notwendigkeit vorgehalten hatte, den Irrtum zu verneinen und die Wahrheit zu bejahen, stellte folgende Frage: „Suggeriere ich mir nicht selbst, wenn ich mir diese Dinge vorsage und sie dann schließlich glaube? Worin unterscheidet sich dann dieses Verfahren von dem, das ich früher anwandte?“

Man könnte den Unterschied folgendermaßen erklären: Angenommen, ein Knabe, der eben erst anfängt, das Einmaleins zu lernen, behauptete aus eigener Unwissenheit oder infolge der unwissenden oder mutwilligen Suggestion eines Kameraden, zweimal zwei sei fünf, dreimal zwei sei sieben, usw. Eine Zeitlang bildet er sich ein, er mache Fortschritte; aber das Ergebnis seiner Arbeit wird in jedem Problem, bei dessen Ausarbeitung er von der falschen Voraussetzung ausgegangen ist, nichts als Verwirrung sein. Mag er seine Annahme auch tausendmal wiederholen, sie wird ihn doch keinen Schritt weiterbringen. Nehmen wir nun an, er macht keinen derartigen Fehler, sondern glaubt blindlings, zweimal zwei sei vier und dreimal zwei sei sechs, usw. Auf diese Weise könnte er das ganze Einmaleins auswendig lernen, es vollkommen hersagen und doch kein Verständnis von dessen Bedeutung haben. Überdies kann seine Annahme jederzeit eine andere werden, falls sein Gedächtnis ihn verläßt oder falls eine vorübergehende Suggestion ihn berührt.

Wenn der Knabe jedoch damit anfängt, in einer Weise, die seinem zeitweiligen Wissen angepaßt ist, zu beweisen, daß er vier Spielmarken erhält, wenn er zwei Spielmarken zweimal nimmt, und sechs Spielmarken, wenn er zwei Spielmarken dreimal nimmt, dann wird er bald bis zu einem gewissen Grade das Grundgesetz wahrnehmen und, von demselben ausgehend, verständnisvoll weiterarbeiten, bis er die Symbole nicht mehr nötig hat. Dann hat das Widerholen Wert für ihn, denn es bekräftigt die Wahrheit, die er bereits bewiesen hat, und das wird ihm helfen, die Wahrheit zu erlangen, die er noch nicht erfaßt hat. Da seine Überzeugung auf Verständnis aufgebaut ist, kann sie nicht durch irgendeinen plötzlichen Ausbruch des Irrtums verändert noch durch dessen listigere Angriffe zerstört werden. In Anbetracht des Ebenerwähnten sagt der weise Salomo mit Recht: „Und bei all deinem Trachten strebe zuerst nach Verständnis“ (n. d. engl. Bibelübersetzung).

Jeder Lehrer weiß, wie nutzlos eine auswendiggelernte Antwort ohne Verständnis ist. Sie ist nur aus dem einen Grunde besser als eine falsche Antwort, weil man weniger zu vergessen hat, wenn es sich um das Beweisen handelt. Auf Seite 297 unseres Lehrbuchs heißt es: „Eine Wahrheitsannahme ist besser als eine Irrtumsannahme, aber kein sterbliches Zeugnis ist auf den göttlichen Felsen gegründet. Das sterbliche Zeugnis kann erschüttert werden. Ehe die Annahme Glaube, und der Glaube geistiges Verständnis wird, hat der menschliche Gedanke wenig Beziehung zum Tatsächlichen oder Göttlichen.“ Und auf Seite 96 lesen wir: „Annahme ist veränderlich, geistiges Verständnis dagegen ist unveränderlich.“

Wer an die Kraft der Suggestion glaubt, mag fest behaupten: „Ich bin nicht krank, ich kann nicht krank sein; ich bin gesund.“ Fehlt ihm aber der Grund der Hoffnung, die in ihm ist, so ist seine Suggestion wie ein Haus, das auf dem Treibsand der sterblichen Meinung erbaut ist und jeden Augenblick zusammenbrechen kann. Nur wenn er erkennen lernt, daß er nicht krank sein kann, weil der Mensch das vollkommene Ebenbild des unsterblichen Lebens, der Wahrheit und der Liebe ist, kann er verständnisvoll alles Gute für sich und andere vertrauensvoll und freudig bekräftigen.

Wenn Sie mehr Inhalte wie diese erforschen möchten, können Sie sich für wöchentliche Herold-Nachrichten anmelden. Sie erhalten Artikel, Audioaufnahmen und Ankündigungen direkt per WhatsApp oder E-Mail. 

Anmelden

Mehr aus dieser Ausgabe / Oktober 1919

  

Die Mission des Herolds

„... die allumfassende Wirksamkeit und Verfügbarkeit der Wahrheit zu verkünden ...“

                                                                                                                            Mary Baker Eddy

Nähere Informationen über den Herold und seine Mission.