Nachdem wir die in der Christlichen Wissenschaft gelehrte Wahrheit erfaßt haben, daß die Christus-Idee nicht auf eine materielle Form oder auf eine Zeitperiode beschränkt ist, sondern ewig besteht, lernen wir mehr auf die wirkende Kraft des Christus-Prinzips achten. Wir erheben uns über die Vorstellung, daß der Christus ein menschlicher Erlöser sein müsse, es wird uns klar, daß der Erlöser der Welt die stets gegenwärtige göttliche Wahrheit ist, und diese Erkenntnis beseitigt die Schranken, die so lange bestanden haben, indem die Menschheit glaubte, der Christus sei nicht mehr bei uns, seit Jesus auf Erden gewandelt hat, und er werde erst nach dem zweiten Kommen Jesu wieder bei uns sein. Sind diese beschränkenden Vorstellungen erst weggenommen, dann lassen uns die Geschichten der Bibel erkennen, wie das Christus-Prinzip lange vor dem Erscheinen Jesu von Nazareth wirksam gewesen ist.
Wir sehen also, daß seit Beginn der Geschichte der Sterblichen alle Propheten, die etwas von den geistigen Tatsachen des Seins erfaßt hatten, in dem Maße dieser Erkenntnis der Wahrheit denen, die ihnen folgten, den Weg wiesen, und daß das Werk eines jeden von ihnen durch die Bemühungen seines Vorgängers möglich wurde. Weil Noah „ein frommer Mann und ohne Tadel“ war, konnte er seine Angehörigen retten — diejenigen, die, wie er, für die Christus-Idee empfänglich gewesen waren, und sich durch die wirkende Kraft des Christus, der Wahrheit, hatten leiten lassen. Diese wirkende Kraft des Christus war es, die den Abraham veranlaßte, aus Ur in Chaldäa auszuziehen und eine Stadt zu suchen, deren Baumeister und Schöpfer Gott ist; ja man darf hinzusetzen, daß er nach der vollen Erkenntnis des Christus trachtete. Die wirkende Kraft des Christus war es ferner, die den Moses in dem brennenden Busch die Tatsache erkennen ließ, daß die Kinder Israel, obschon sie von allen Seiten bedrängt wurden, unversehrt bleiben würden; und diese wirkende Kraft der Christus-Idee, wie Moses sie kundtat, führte die Kinder Israel wohlbehalten aus dem Lande der Knechtschaft. Später befähigte die wirkende Kraft des Christus den Elisa, viele sogenannte Wunder zu tun, unter denen die erste aufgezeichnete Totenerweckung zu nennen ist.
Die Erkenntnis der Christus-Idee befähigte die alten Propheten, ihre Weissagungen mündlich und schriftlich zum Ausdruck zu bringen, ihr Volk auf kommende Ereignisse vorzubereiten und denen zu helfen, die in Not waren. Maria wurde durch die in ihrem Bewußtsein wirkende Kraft des Christus dazu befähigt, die Mutter Jesu zu werden und somit den geistigen Ursprung des Menschen und die Vaterschaft Gottes darzutun. Die wirkende Kraft des Christus erfüllte Jesus in solchem Grade mit der Erkenntnis der Allheit des Geistes, der Allheit Gottes und der Nichtsheit der Materie, daß er all die falschen Gesetze des fleischlichen Gemüts vernichten und in höherem Maße als irgendein anderer vor oder nach ihm die Allgegenwart und Allmacht Gottes dartun konnte. Mrs. Eddy sagt von ihm (Wissenschaft und Gesundheit, S. 313), „Jesus von Nazareth war der wissenschaftlichste Mensch, der je auf Erden gewandelt ist.“ Von Moses sagt sie (S. 200): „Moses förderte ein Volk bis zu der Anbetung Gottes im Geist anstatt in der Materie.“ Ist es nicht klar, daß die Werke Mose, die viele Jahre vor dem Kommen Jesu vollbracht wurden, ungemein viel dazu beitrugen, die Gedanken der Welt auf die vollkommeneren, die geistigen Lehren des Meisters vorzubereiten? Der Irrtum hat also im Verlauf der Jahrhunderte immer mehr abgenommen, indem er im menschlichen Bewußtsein durch die wirkende Kraft des Christus vernichtet wurde.
Und so war es auch die wirkende Kraft der Christus-Idee, die Mrs. Eddy befähigte, die Gesetze des geistigen Seins zu erkennen, die sie dann Christliche Wissenschaft nannte und die als der Tröster, den uns der Meister verheißen hat, erkannt wird. Diese letzte Offenbarung des Christus ist die volle Offenbarung, denn Jesus sagte: „Ich habe euch noch viel zu sagen; aber ihr könnt es jetzt nicht tragen. Wenn aber jener, der Geist der Wahrheit, kommen wird, der wird euch in alle Wahrheit leiten.“ Die Christliche Wissenschaft leitet in unseren Tagen eine große Schar „in alle Wahrheit,“ sie läßt ihnen die wirkende Kraft des Messias zur Erfahrung werden. Und die Wahrheiten, die Jesus vor vielen Jahren lehrte, haben ihre Wirkung nicht im geringsten verloren; vielmehr haben sie in der Zeit zwischen ihrem Kommen und der Offenbarung der Christlichen Wissenschaft viel gewonnen; denn wie im Falle Mose ist das Denken der Welt bis zu dem Punkte vorgerückt, wo es die höhere und vollere Erkenntnis des Christus erfassen kann.
In den christlich-wissenschaftlichen Vorträgen haben wir ein Beispiel von der wirkenden Kraft des Christus. Wie der Meister einst umherging und lehrte, erklärte und heilte, so lehren, erklären und heilen die Lektoren in unseren Tagen; denn es muß betont werden, daß das Erklären und Lehren der Wahrheit die Kranken heilt. Heute wie vor alters gehen die Lahmen, sehen die Blinden, und den geistig Armen wird der volle Reichtum des Vater-Mutter Gottes gepredigt. Viele Tausende besuchen jährlich diese Vorträge, und da der Christus keine körperliche Persönlichkeit ist, so liegt klar zutage, daß diese Menschen wirklich in der Gegenwart des Christus sind. In dem Maße, wie der einzelne die Wahrheit des Seins erfaßt, erwacht in seinem Bewußtsein die Erkenntnis von dem wahren Wesen des Christus, der Wahrheit. Es bedeutet das für ihn das Kommen des Christus. Dieser Punkt in der menschlichen Erfahrung ist derselbe, an dem sich die Juden befanden, als ihnen die Wahrheit verkündet wurde. Wer, wie Abraham, diese Wahrheit annimmt, die falschen Vorstellungen der Vergangenheit dahinten läßt und sich der Führung des Christus-Prinzips anvertraut, wird erfahren, daß die im individuellen Bewußtsein wirkende Kraft des Christus jetzt ebensowohl wie in den Tagen, da Jesus auf Erden wandelte, die Sünde überwindet, die Teufel austreibt, die Kranken heilt und die Toten erweckt.
Die wirkende Kraft des Christus klopft heute an die Tür jedes Erwachsenen und jedes Kindes, und bittet um Einlaß. Wir müssen die Tür öffnen und dieser Wahrheit über Gott und den Menschen Einlaß gewähren, denn nur so erlangen wir Befreiung von allen Banden der materiellen Sinne. Wenn wir uns, wie diejenigen, die uns in der Bibel vorgeführt werden, von der wirkenden Kraft der Christus-Idee leiten lassen, dann werden die geistigen Tatsachen des Seins für uns die Wirklichkeiten des bewußten Seins — das Leben in Gott, der Leben, Wahrheit und Liebe ist.