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Zum „Fluge himmelwärts“

Aus der Oktober 1919-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft


Der Psalmist kleidet sein Sehnen in die poetische Bildersprache des Orients ein, drückt aber eine allgemeine menschliche Regung aus, wenn er ausruft: „O hätte ich Flügel wie Tauben, daß ich flöge und wo bliebe!“ Gewiß gibt es frühere und frohere Stimmungen des menschlichen Gemüts, in denen man sich nichts besseres wünscht, als auf den „Fittichen des Windes“ zu neuen Abenteuern getragen zu werden. Aber die Elemente des Wechsels und des Verfalles in der menschlichen Annahme lassen schließlich jede menschliche Erfahrung in dem Gefühl enden, daß etwas fehlt. Das Aufschieben des Glücks kann jedoch dazu führen, daß man das menschliche Sehnen nach etwas Befriedigendem in der Materie in das stärkere Verlangen umwandelt, der ganzen düsteren Enttäuschung zu entfliehen und Frieden zu finden. Wiewohl dieses Unbefriedigtsein in der Materie an und für sich unwirklich und unharmonisch ist, so weist es doch hin auf eine rechtmäßige und wirkliche Anziehungskraft des Geistigen und Beständigen; und wenn man dieser Anziehung folgt, kann die menschliche Sehnsucht sich wahrlich über das Sterbliche und Enttäuschende zur geistigen Fülle und Gewißheit erheben.

Beim ersten Erwachen der Erkenntnis hält man jedoch gar leicht eine einzelne Demonstration der geistigen Kraft für ein Anzeichen, daß man ausgewachsene geistige Flügel erhalten habe und alle irdischen Plagen sofort zurücklassen und geistige Höhen erreichen könne. Auf diese verfrühte Begeisterung folgt dann fast ohne Ausnahme ein Sturz erdwärts, worauf man sich wohl erstaunt und traurig fragt, ob die Christliche Wissenschaft wirklich so befreiend wirke, wie in Aussicht gestellt worden war. Für den, der sofort im Geiste einen hohen Flug zu tun gedachte, ist es natürlich sehr überraschend, daß er zunächst im Geiste wandeln muß. Er muß einsehen lernen, daß geistige Fittiche nicht vergeistigte materielle Flügel sind, auf denen man sich über die Dinge der Erde erheben kann, ohne zuvor die Annahme von der Wirklichkeit der Materie überwunden zu haben. Ein Mensch kann sich nicht an materielle Begriffe anklammern, wenn es ihm darum zu tun ist, sich über deren böse Wirkungen zu erheben. Die vielerlei Zustände, die das menschliche Dasein ausmachen, sind alle materiell erdacht worden, und man muß daher diese falschen Auffassungen eine nach der anderen umkehren und die göttliche Wirklichkeit geistig wahrnehmen. Dann bewahrheiten sich Mrs. Eddys Worte in „Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift“ (S. 261): „Wenn du deinen Blick auf die höheren Wirklichkeiten heftest, wirst du dich zu dem geistigen Bewußtsein des Seins erheben, wie der Vogel, der aus dem Ei gekrochen ist und sich die Flügel putzt zu seinem Fluge himmelwärts.“

In dem Kreis unserer Erfahrungen muß alles hinsichtlich seiner Wirklichkeit als eine Idee im göttlichen Prinzip abgeschätzt werden. Daher geht dem geistigen Flug, vom menschlichen Standpunkt aus betrachtet, notwendigerweise eine Vorbereitungszeit voraus, eine Zeit, in der man viele irdische Erfahrungen durchleben muß, anstatt vor ihnen zu fliehen. Man muß jedoch mitten im Materiellen aus seinem Wahn gerissen werden. Man muß die Unwirklichkeit alles Materiellen wirklich verstehen, ehe man sich zur Erkenntnis der übersinnlichen Tatsächlichkeit des Seins aufschwingen kann. Geistige Wirklichkeiten können nicht in die engen Grenzen materieller Begriffe hineingezogen noch durch bloßes Glauben an das Prinzip begriffen werden. Man muß das Prinzip verstehen, denn nur durch geistige Erkenntnis und die Anwendung dieser Erkenntnis auf falsche Annahmen wird das menschliche Bewußtsein befreit und auf den „Flug himmelwärts“ vorbereitet.

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