Jeder Schüler der Christlichen Wissenschaft findet in den zuweilen sehr geringfügig erscheinenden Geschehnissen des täglichen Lebens viele wertvolle Lehren. Wenn er dann später über diese Erfahrungen nachdenkt, findet er, daß sie ihm gar manchen hilfreichen Beweis von Gottes Fürsorge gegeben haben. Die geringeren Dissonanzen, die ihm zuerst sehr peinlich waren, werden ihm dann zu Schrittsteinen — zu Gelegenheiten, die Macht des Wortes zu beweisen und die erworbenen Kenntnisse anzuwenden. Auf solche Weise können wir den Berg der geistigen Erkenntnis ersteigen, nach dessen Spitze jeder Schüler strebt. Dieses Ziel ist jedoch nur durch Demonstration zu erreichen.
Es ist stets nötig, jeden Schritt zu demonstrieren. In welcher Gestalt auch der Irrtum, der Anerkennung verlangt, erscheinen möge, wir können nicht erwarten, viele große Taten zu tun, ehe wir die Wahrheit des Ausspruches unseres Meisters erkannt haben: „Die Worte, die ich zu euch rede, die rede ich nicht von mir selbst. Der Vater aber, der in mir wohnt, der tut die Werke.“ Wenn wir begonnen haben, unser Lebensproblem gemäß der uns von Mrs. Eddy in „Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift“ dargelegten Auslegung der Heiligen Schrift auszuarbeiten, dann müssen wir auch die erlangte Erkenntnis auf jedes Problem anwenden, das sich uns bietet, sei es groß oder klein, denn sonst haben wir kein Recht, uns über etwaigen Mißerfolg zu beklagen. Oft sehen wir uns Irrtümern gegenüber, die wir für geringfügig halten und die wir glauben berichtigen zu können, ohne das eigene Ich überwunden zu haben. Wie der illusorische Topf voll Gold am Ende des Regenbogens, so führt uns auch das sterbliche Gemüt auf diesen und jenen Nebenweg, bis wir dann nach langer mühsamer Reise erkennen, daß wir dem Schatz um nichts näher sind als zu Anfang. Ehe wir die falschen Zustände überwunden haben, werden wir zu dem alleinigen Gemüt getrieben, und wir finden dann oftmals, wie Sir Launfal auf seiner Suche nach dem heiligen Gral, daß das, wonach wir so ängstlich getrachtet hatten, direkt vor unserer Tür steht. Da war es stets gewesen, nur konnten wir es wegen unserer Blindheit nicht sehen. Alles Gute steht bereit und wartet unser; wir haben uns nur auf den Empfang vorzubereiten.
Während unseres Wachstums im Verständnis der Christlichen Wissenschaft erkennen wir, daß der Fehler in uns selber liegt, wenn sich die Lösung unseres Problems verzögert. Etwas ist verborgen, etwas wird verheimlicht, irgendwo in unserem Bewußtsein wächst Unkraut. Die kleinen Füchse des Zweifels, des Argwohns oder der Furcht haben ein Versteck gefunden. Das Licht der Wahrheit und Liebe ist stets gegenwärtig, und wenn wir die klaren, durchdringenden Strahlen dieses Lichtes unsere Gedanken durchleuchten lassen, kann kein Anspruch, kein Wahn des sterblichen Gemüts Stand halten, sei es Krankheit, Verlust oder Mangel. Ist erst das Denken für die Wahrheit geöffnet, so daß das Licht der Liebe einströmen kann, dann vermag keine vermeintliche Macht das Überwinden unserer Schwierigkeiten und die Bekundung des Heilens zu verhindern. In dem Reich des Gemüts haben unsere sogenannten Probleme nie bestanden; nur in unserem falschen Denken fanden sie Raum. Wenn wir uns erst als Ideen Gottes sehen, die im Gemüt und nicht in der Materie wohnen und die die Vollkommenheit und Vollständigkeit Gottes wiederspiegeln, dann dürfen wir unser rechtmäßiges Erbe beanspruchen — Herrschaft über jeden Zustand, der Gott, dem Guten, ungleich ist.
Mrs. Eddy sagt: „Die Sklaverei des Menschen ist nicht gesetzmäßig. Sie wird aufhören, sobald der Mensch das Erbe seiner Freiheit antritt, seine gottgegebene Herrschaft über die materiellen Sinne“ (Wissenschaft und Gesundheit, S. 228). Ehe wir uns das zur Erfahrung machen können, müssen wir lernen, die Spreu vom Weizen zu trennen, das Unkraut auszujäten und zwischen der sanften Stimme der Wahrheit und dem Lärmen des sterblichen Gemüts zu unterscheiden. Es muß uns klar werden, daß wir nicht Gott alles anvertrauen, solange wir die Hände falten und erwarten, eine gute Fee werde uns früher oder später den Topf voll Gold in den Schoß setzen. Wir müssen am Werk unseres Vaters tätig sein, nach dem Reich Gottes trachten, die „köstliche Perle,“ die geistige Erkenntnis, fleißig suchen. Als Anfänger möchten wir gerne mit unserem Glauben Berge versetzen; da aber die Berge nicht versetzt werden, so beweist das zur Genüge, daß es vorerst andere Arbeit zu tun gibt. Falsche Götter sind zu vernichten, Stolz und Herrschsucht müssen aus dem Tempel getrieben werden, menschliches Hoffen, Streben und Wünschen muß sich dem Willen Gottes unterwerfen. Dieses Werk muß wissenschaftlich getan werden, ehe das Glauben zum geistigen Erkennen wird, das uns dann die direkte Offenbarwerdung des „Gott mit uns“ zur Erfahrung werden läßt.
Die Stimme der Wahrheit ist stets zu hören; sie führt unsere strauchelnden Schritte auf den rechten Weg, zum wahren Frieden, zu der Liebe, die keine Furcht kennt. Wenn wir ernstlich die göttliche Führung suchen, können wir nicht weit vom rechten Weg abirren, denn der Vater wacht über seine Schafe, und keines wird der Herde verloren gehen. Nur in dem Maße, wie wir in allen Angelegenheiten unseres Lebens die Erkenntnis, die wir erlangt haben, getreulich anwenden, können wir erwarten, mehr zu erlangen. Die Christliche Wissenschaft ist absolut, sie läßt sich auf keinen Vergleich ein, und Nebenwege gibt es nicht. Ihre Anhänger dürfen sich nicht über Hindernisse, denen sie begegnen, leicht hinweg setzen, sondern sie müssen sie durch ihr ungeteiltes Vertrauen zur Wahrheit auf ihr ursprüngliches Nichts zurückführen.
