Die umwälzende Kraft des Prinzips kann nicht aufgehalten werden im physischen Universum. Der Sauerteig der Wahrheit ist fortwährend an der Arbeit. Und wenn wohl Menschen, in materieller Blindheit, die Zeichen der Zeit mißdeuten, so läßt sich der Metaphysiker über dieselben nicht täuschen. Für den Idealisten sollte der große Krieg das Eintrittszimmer zu einem neuen Himmel und einer neuen Erde werden. Dieser Himmel und diese Erde hätten aber auch von der Erde, irdisch, sein sollen, er erkannte das zwar nicht. Die Hoffnungen der Welt sollten, nach dem Schrecken und Leiden der Schlachtfelder, in einem Frieden, dessen Symbol Wohlsein in der Materie ist, zum Ausdruck kommen. Der oberste Bäcker und der oberste Schenk sollten zusammenliegen und von den Sinnen geleitet werden. Das menschliche Gemüt hat das natürlich nicht so offen heraus gesagt; das menschliche Gemüt tut das nie. Aber das war seine Meinung. Das Morgen der „Jack Johnsons“ und der „Großen Berthas“ war das Morgen der Lotusblätter.
Es gibt aber ein altes Sprichwort, das wir, wenn Meister Wilhelm Langland sich nicht irrt, den Griechen verdanken und zwar Plato. Es heißt: „Der Mensch denkt und Gott lenkt.“ Damit hat Plato, oder wer sonst der Schmied dieses Ausdruckes war, jedenfalls andeuten wollen, daß die Menschen mit materiellen Wirkungen spielen, mit einer Eitelkeit, die noch gar nicht entdeckt hat, daß das Wort selbst Nichtsheit bedeutet. Sie sind sich völlig unbewußt, daß die geistige Ursache, welche die einzige wirkliche Macht ist, allem unterliegt. Es war diese Ursächlichkeit welche, eitles menschliches Streben zunichte machend, den großen Krieg verursachte. Es ist dieselbe Ursächlichkeit, immer noch zunichte und zunichte machend, welche den großen Frieden brachte — einen Frieden, der eigentlich Krieg ist unter einem neuen Namen. Denn, wie Jesus der Christus den Menschen des ersten Jahrhunderts gesagt hat: „Ich [der Christus, Wahrheit] bin nicht gekommen, Frieden zu senden, sondern das Schwert,“ so kann der Metaphysiker des zwanzigsten Jahrhunderts begreifen, daß, je mehr die Wahrheit die Lüge des sterblichen Gemütes verdrängt, desto heftiger die Chemikalisation toben muß, auf die Mrs. Eddy in Wissenschaft und Gesundheit (S. 401) hinweist, wenn sie schreibt: „Das, was ich Chemikalisation nenne, ist die Umwälzung, die entsteht, wenn die unsterbliche Wahrheit die irrige sterbliche Annahme zerstört.“
Der große Krieg hat die Tiefen der menschlichen Natur aufgewühlt. Er hat zugleich alles, was das Beste und das Schlechteste darin ist, an die Oberfläche gebracht. Und als der Krieg aufhörte, konnten dieses Beste und Schlechteste ebenso wenig neben einander bestehen, als der Löwe und das Lamm neben einander liegen können. Man fand das Alkoholverbot mit Begierde kämpfend, allgemeines Stimmrecht mit Geschlechtsherrschaft, Klassengleichheit mit Klassenunterschied, und überall stritten Reinheit mit Unreinheit und Selbstsucht mit Selbstlosigkeit. Dies alles war jedoch nur eine neue Phase des alten Kampfes zwischen dem Guten und dem Bösen, zwischen Meridach und Tiamat, wie er im Heidentum portraitiert wurde und wie er in christlicher Theologie, durch das Symbol der Schlacht Michaels mit dem Drachen, versinnbildlicht wird. Auf Seite 28 von Wissenschaft und Gesundheit schreibt Mrs. Eddy: „Der feste Vorsatz, Geist im Bann der Materie zu halten, ist der Verfolger von Wahrheit und Liebe.“
Der neue Himmel und die neue Erde, welche ein jedes menschliche Wesen aus seinem Sinn über den großen Krieg hervorbrachte, war demnach ein Himmel und eine Erde von ebenso dichter Materialität, solch ausschweifender Materialität, als die Wahrnehmung des Christus in seinem individuellen Zustand entstehen ließ. Es ist eben diese Materialität welche die große Entmutigung verschuldete, die drohte, die Welt in eine Ära von Streit zu versenken, deren widerstreitende Kräfte nicht länger politisch sondern sozial sind, während die Waffen weniger in Kriegswerften als auf den Marktplätzen und im Studierzimmer geschmiedet werden. Da Adam Adam ist, in anderen Worten, da die menschliche Natur ist was sie ist, war diese Enttäuschung beinahe unvermeidlich, wie Origen schon vor Jahrhunderten vorausgesagt hat. Die gespannten Hoffnungen mit denen solche, die Monate voll Entbehrungen und Elend in den Schützengräben zugebracht hatten, heimkamen, um eine Welt zu finden, die während dem Krieg sich in patriotischen Gefühlen erging, ohne ihre eigene Materialität zu vermindern, mußte Enttäuschung gebären. Man war willig, es ist wahr, etwas für die Soldaten zu tun, aber da Adam eben Adam ist, sollte dies im allgemeinen auf Kosten von jemand anders getan werden, und die Intensität dieser Willigkeit wurde von Woche zu Woche schwächer. Dem mag beigefügt werden, daß seitens des Soldaten vielleicht überschwengliche Hoffnungen gehegt wurden, was nicht zu verwundern ist, da Adam eben Adam ist, welcher sich immer zu größeren Ansprüchen berechtigt glaubt als irgend jemand anders, als ob niemand einen Verdienst hätte an der großen Errungenschaft als er.
So schlich sich das Gefühl der Enttäuschung langsam durch alle Arten und Verhältnisse der Menschen, weil nur wenige erkannten, daß die Erde das menschliche Leiden niemals zurückzuzahlen vermag und daß jede Hoffnung auf beständiges materielles Glück auf Illusionen gebaut ist. Der kluge Mensch weiß genau, daß er in großer Gefahr ist, wenn ihn alle Menschen rühmen und ebenso, daß, wenn eine größere Wahrnehmung des Christus, der Wahrheit, in der Welt wäre, die Erwartungen eines neuen Himmels und einer neuen Erde weniger auf die Hoffnungen von Bequemlichkeit in der Materie gegründet worden wären, nach dem Kriege, als auf eine Erkenntnis der Tatsache, daß der Krieg selbst viel mehr eine Gelegenheit war, die Nichtsheit der Materie zu beweisen, als eine herbe Probe menschlicher Ausdauer, die durch eine Nachernte materieller Ruhe und Vergnügen belohnt werden sollte.
Dies wahrlich ist der heilige Krieg, der Krieg, in welchem Michael gegen den Drachen kämpft, in welchem geistige Stärke mit den materiellen Sinnen gemessen wird und das ist das eigentliche Harmagedon. Der neue Himmel und die neue Erde werden nicht gefunden, im Ungestüm der Menge, sondern individuell, indem jeder Kreuzträger seinen Weg ruhig und wissenschaftlich findet, dem schmalen Weg entlang, in den Fußtapfen des Christus. Der Leitfaden zu dieser neuen Erde ist nicht der Theseus-Faden; er ist, wie das Neue Testament lehrt, έπίγνωσις τοϋ θεοϋ ein wissenschaftliches Verständnis von Gott, dem Prinzip. Dieses Verständnis besteht in der Erkenntnis der Nichtsheit der Materie, und der Wahrnehmung der Tatsache, daß materielle Phänomene eine Folge von mentalen Begriffen sind, wie Mrs. Eddy erklärt auf Seite 123 von Wissenschaft und Gesundheit, wenn sie schreibt: „Die göttliche Wissenschaft, die sich über die physischen Theorien erhebt, schließt die Materie aus, löst Dinge in Gedanken auf und ersetzt die Gegenstände des materiellen Sinnes durch geistige Ideen.“ Alles Bestehende existiert als Gedanke; dies, auf materieller Grundlage, ist die Lehre aller idealistischen Philosophie von Plato bis zu Lord Kelvin.
Mrs. Eddy ging weiter als diese Philosophie, indem sie ihre Wissenschaft bei Jesus von Nazareth suchte und den grundlegenden Unterschied zwischen dem Geist und dem Fleisch erkannte, wie Jesus Nikodemus gelehrt hatte. Sie behauptete, mit den idealistischen Schülern, daß die Materie ein Phänomen ist und sie beharrte auf der großen Tatsache des Idealismus von Jesus, daß das Noumenon des sterblichen Gemütes oder Energie an und für sich nichts als Illusion sei, ein Fälschung von dem göttlichen Gemüt, Gott, Prinzip. „Das Reich Gottes,“ sagte Jesus selbst, „ist inwendig in euch.“ Diese Erkenntnis ist das wissenschaftliche Verständnis von Gott, Prinzip. Es ist des Menschen Bürgerrecht der neuen Erde, eine Welt, wo geistiges Verständnis von der Nichtsheit der Materie gewonnen wird, und darauf folgt unbedingt das Bürgerrecht des neuen Himmels, eines Himmels, wo es weder Wolken noch Rätsel gibt; denn alles ist geistige Harmonie, die Regierung des göttlichen Gemütes.
