Von jeher, seit die Menschen denken konnten, haben sie über das große Subjekt des Lebens spekuliert. Das Gemüt, das Hirn, die Seele, der Körper — sie alle haben die Gedanken beschäftigt, und haben seit der griechischen Zeit, und vor den Griechen, bis auf den heutigen Tag zu einer langen Reihe philosophischer Schulen geführt, die alle ziemlich erstaunenswert sind in ihren Schlußfolgerungen. Diogenes, zum Beispiel, definierte die Seele als Luft, während Heraklitas sie sich als Feuer vorstellte. Jahrhunderte später behauptete der Franzose Descartes, daß ihr Hauptsitz im Hirn sei; und noch später erklärte Locke sie sei von einer denkfähigen Substanz, und habe die Macht den Körper, durch Schrift oder Gedanken, in Bewegung zu versetzen; während für die Hebräer die Seele ursprünglich der Lebensfunke und das Empfindungsvermögen in einem belebten Organismus bedeutete, von wo aus die natürliche Übertragung zu dem Organismus selbst folgte; gerade wie die Naturanbeter anfänglich den Baum als das Symbol der Gottheit anbeteten und mit der Anbetung des Abgottes endigten.
Durch dieses ganze, merkwürdige, philosophische Argument hindurch, geht eine unterliegende Strömung der Suggestion, daß Seele gleichbedeutend sei mit Gemüt. Die morgenländischen Völker, z.B., stellten die Seele als einen Vogel dar, und in ihren unwissenden Versuchen den Tod zu porträtieren, zeigten sie sie im Augenblick der Auflösung über dem menschlichen Körper flatternd, ehe sie ihren endgültigen Flug nach Scheol, Hades oder sogar dem Paradies machte. Auf diese Weise wurden die Seele, das Gemüt und der Körper miteinander zu einer merkwürdigen Einheit verbunden, die in vielen Punkten auseinander ging und viele Punkte gemein hatte, aber im allgemeinen danach strebte das menschliche Hirn das Zentrum menschlichen Denkens zu machen, eine Theorie, welche von Theologie zu Medizin und Philosophie und wiederum zur Scholastik und der modernen Naturwissenschaft führte. Berkeley, in seiner Diskussion über die Metaphysik der Empfindung, und Huxley, in seinem Aufsatz über „Empfindung und empfindende Organe,“ bereiteten den Weg, durch eine deutliche Erklärung von den Unterschieden welche den Idealismus vom Materialismus trennen, vor, für die Schlußfolgerungen von Männern wie Lord Kelvin, und für eine ganze Reihe philosophischer Gedanken, die heute in den Theorien von Professor Bergson ihren Höhepunkt erreicht haben.
Was nun Herr Bergson behauptet, ist, kurz zusammengefaßt, daß das Gemüt des menschlichen Wesens nicht nur über sein physisches Hirn erhaben ist, sondern auch davon unabhängig. Wenn dem so ist, und dies, wie er hervorhebt, wissenschaftlich demonstriert worden ist, sind Gedächtnis und jede andere Tätigkeit des menschlichen Denkens ganz getrennt von irgendwelcher Tätigkeit des Hirns; infolgedessen würde das, was als Tod oder Auflösung des materiellen Körpers bekannt ist, die menschliche Macht des Denkens und der Rede nicht berühren. Die Seele des Menschen, so folgert er, bleibt unberührt durch den Tod des Körpers, von welchem sie beim Tode entflieht um in dem anderen Lebenszustand die Stellung, für die ihr Benehmen in der vorherigen materiellen Umgebung sie vorbereitet hat, einzunehmen. Leben ist also ewig und der einzige Grund den ein Mensch hat, das zukünftige Leben zu bezweifeln, ist das Argument seines eigenen Körpers, ein Argument das in dem Moment verschwindet als ein menschliches Wesen erkennt, daß Gemüt nicht im Hirn ist, und Gedanken auch nicht von einem physischen fleischlichen Körper unterdrückt werden können.
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