Es wird erzählt, daß Kaiser Konstantin, nach seiner Bekehrung zum Christentum, die Worte in hoc signo vinces, bei diesem Zeichen sieget ihr, zu seinem Motto gemacht hat. Das Zeichen von dem Konstantin sprach war das Kreuz, und ob er es verstanden hat oder nicht, Konstantin hatte die Autorität der Bibel auf seiner Seite als er dieses Motto wählte. Jesus von Nazareth, nachdem er sich bei seinen Jüngern erkundigt hatte, wer die Leute sagten, daß er sei, und Petrus ihm geantwortet, daß, was auch die Phantasie der Menge in ihm sehe, für seine Nachfolger sei er „der Christus Gottes,“ fuhr mit der Erklärung weiter, daß der einzige Weg, auf welchem irgend jemand, von denen die seine Lehre angenommen hatten, ein Verständnis beweisen könne, sei durch das Bestreben so gesinnet zu sein wie Christus war, oder, wie er es damals ausdrückte, dadurch daß er lerne was die Worte „der verleugne sich selbst und nehme sein Kreuz auf sich täglich und folge mir nach“ bedeuten. Diese Worte machten es natürlich vollkommen klar, daß Jesus nicht von dem physischen Kreuz sprach das er eines Tages auf den Berg von Golgatha tragen würde. Es ist offensichtlich, daß es unmöglich wäre für einen Menschen dies täglich zu tun. Was Jesus meinte war die Selbstverleugung, welche die Zurückweisung des Augenscheins der Sinne in sich schließt und für alle seine Jünger, zu allen Zeiten, den Anspruch auf des Menschen Sohnschaft mit Gott, dem Prinzip, ausmacht.
Laut dem griechischen Text der Bibel hat Jesus kein einziges Mal gesagt er sei der einzige Sohn Gottes. Er sprach von „meinem Vater und eurem Vater“ und lehrte seine Jünger beten: „Unser Vater, der du bist im Himmel.“ Doch wußte niemand besser als er, daß nicht der physische Mensch der Sohn Gottes ist. In nicht mißzuverstehender Sprache hat er diesen physischen Menschen bloßgestellt, als einen der den Teufel zum Vater habe, in anderen Worten, das Böse. Darum, wenn er darauf beharrte, daß der einzige Weg auf welchem der Schüler in seinen Fußtapfen, denen des Christus, nachfolgen könne, durch die tägliche Selbstverleugnung sei, meinte er einfach, daß jedermann, der sich bestrebt ein Christ zu sein, täglich die Wirklichkeit seiner eigenen Materialität leugnen und sein Kreuz auf sich nehmen müsse, welches zu dieser Verleugnung gehört, und so in seinen Fußtapfen wandeln und gleich ihm den schmalen Weg der zum ewigen Leben führt gehen muß.
Niemand wußte besser was dies mit sich bringt als Jesus. In der Wüste kämpfter er den Kampf mit den Begierden des Fleisches, und ein jeder hat gesehen wie die Bemühungen des Bösen, ihn zu einer Annahme zu mesmerisieren, zuerst der materiellen Erhaltung, zweitens der Sinnlichkeit eitlen Ruhmes, und drittens der Leidenschaft für Macht, mißlangen vor seinem Verständnis des Prinzips. Wenn er darum zu seinen Jüngern sagte täglich das Kreuz auf sich zu nehmen, wußte er ganz genau was der Kampf mit dem Fleisch war; ein Kampf der Paulus einst bewegte voll Bitterkeit auszurufen: „Denn das Gute, das ich will, das tue ich nicht; sondern das Böse, das ich nicht will, das tue ich.“ Dieser Kampf ist einfach der Kampf mit der Annahme von Vergnügen in der Materie; denn jedermann ist bereit genug gegen Schmerz in der Materie, oder materielle Disharmonie irgendwelcher Beschreibung die Waffen zu erheben.
Vergnügen in der Materie behauptet die Menschen zu Gefangenen zu machen und das ist der Grund, daß der Kampf täglich ist, und daß der Kampf durch die Kreuztragung gekennzeichnet wird. „Wenn deine eignen Hände gebunden sind,“ schreibt Mrs. Eddy auf Seite 449 von Wissenschaft und Gesundheit, „ist es schwer, die Ketten eines andern zu brechen.“ Jesus wußte das genau. „Ich heilige mich selbst für sie,“ sagte er in seinem letzten großen Gebet, „auf daß auch sie geheiligt seien in der Wahrheit.“ Er wußte, daß man, um Krankheit, Sünde und Materie für andere zu verleugnen anfangen mußte das Nichts von Sünde, Krankheit und Materie für sich selbst zu erkennen. Es war natürlich darum, daß er sagte: „Niemand hat größere Liebe denn die, daß er sein Leben läßt für seine Freunde.“ Im griechischen Text des Neuen Testamentes steht Leben für Seele und bedeutet den materiellen Instinkt von Leben in der Materie. So erklärte Jesus, daß die größte Liebe die ein Mensch seinen Nächsten erweisen könne das Ablegen seiner eigenen Sinnlichkeit sei, wodurch er befähigt werde ihnen zu helfen. In anderen Worten, wie Mrs. Eddy zeigt, er sollte die Ketten der Sünde an seinen eigenen Händen brechen, bevor er erwarten könne seines Nächsten Ketten zu brechen.
Das Kreuz nun, welches jeder Nachfolger von Christus Jesus zu tragen hat, ist der Haß der Welt gegen Wahrheit, die Entschlossenheit der Welt sich an die Fleischtöpfe der Materie zu klammern, die Wut der Welt gegen jeden der versucht sie aus ihrem Sinnestraum aufzurütteln. Auf Seite 50 von Wissenschaft und Gesundheit schreibt Mrs. Eddy: „Das wirkliche Kreuz, welches Jesus den Berg des Kummers hinantrug, war der Haß der Welt gegen Wahrheit und Liebe.“ Es ist dieser Haß gegen Wahrheit und Liebe, welcher in jedem sinnlichen Gedanken erwacht und sich in jeder Handlung gegen den Menschen der den Kampf mit Materie aufnimmt, zeigt. Und so, im täglichen Kampf gegen die Versuchung, den Mesmerismus der Materie zu glauben, trägt der einzelne das Kreuz vom Haß der Welt gegen Wahrheit und Liebe. Auf diese Weise wird das Kreuz natürlich das Zeichen bei welchem ein Mensch siegt. Gewiß war es das, was Paulus in seinen Gedanken hatte, als er an die Korinther schrieb: „Sintemal die Juden Zeichen fordern und die Griechen nach Weisheit fragen, wir aber predigen den gekreuzigten Christus, den Juden ein Ärgernis und den Griechen eine Torheit.“ Das einzige Zeichen welches Paulus bereit war der Materialität der Juden zu geben, war das Kreuz Christi, gerade wie der einzige Zeuge den er willig war der intellektuellen Weisheit der Griechen darzubieten, dasselbe Kreuz war; ohne Zweifel ein Ärgernis für die Juden, die sich der Geschichte der Kreuzigung erinnerten und den Griechen, die Tag für Tag, auf dem Gerichtsplatz ihre dialektischen Kämpfe fochten, eine Torheit.
Die Juden und Griechen, beide, verwarfen das Kreuz weil sie äußerst materialistisch waren und darum ganz unfähig die geistige Lehre des Kreuzes zu verstehen. Für sie stellte es einfach den Tod eines Verbrechers dar. Die metaphysische Beweisführung in der Bergpredigt war weit über ihrem Verständnis, da ihre Auffassungen so grob materiell waren. Aus demselben Grunde ist die Metaphysik für den Sinnenmensch immer die rote Fahne gewesen und eine Zielscheibe für seinen Angriff. Die mentale Disciplin die sie erfordert ist ihm gerade aus dem Grunde zuwider, weil er in dem Bestreben Gott zu verstehen, nicht als den Stammes-Jehovah der Juden, oder die menschliche Mentalität der philosophischen Griechen, sondern als göttliches Prinzip, das Prinzip das weder die physische Materialität der Juden noch die mentale Materialität der Griechen kennt, aus dem Traum der Sinne und den Nebeln der Theologie herauskommen muß; aber in dem Bestreben dieses Prinzip zu verstehen muß man das Kreuz täglich auf sich nehmen und die Leidenschaften des Fleisches und die Eitelkeiten des menschlichen Gemütes müssen abgelegt werden.
Was nun auch Kaiser Konstantin im Zeichen des Kreuzes gesehen haben mag, seine Folgerung war richtig. Es ist durch eines Menschen Verständnis vom Zeichen des Kreuzes, das heißt, das Zeichen oder der Beweis von der Unwirklichkeit der Materie und von seinem geistigen Ursprung, daß er siegt. „Das Kreuz,“ sagt Mrs. Eddy auf Seiten 238 und 239 von Wissenschaft und Gesundheit, „ist das zentrale Sinnbild der Geschichte. Es ist der Leitstern in der Demonstration des christlichen Heilens — der Demonstration, durch welche Sünde und Krankheit zerstört werden.“ Da nun ein Verständnis vom Prinzip der einzige Weg ist auf welchem Sünde und Krankheit zerstört werden können, und des einzelnen tägliche Bemühung seine eigene Sinnlichkeit zu überwinden, der einzige Weg ist auf welchem dieses Verständnis erlangt werden kann, ist es ganz klar, daß das Kreuz das Zeichen dieses Überwindens ist für das menschliche Geschlecht. Aber um die Bedeutung von dem zu verstehen muß das Kreuz als was es ist erkannt werden: als den Haß der Welt gegen Wahrheit und Liebe.
