Dass es nichts Neues gibt unter der Sonne, ist ein alter Grundsatz. Dennoch werden viele lobende Bemerkungen gemacht über das was das sterbliche Gemüt Originalität genannt hat. Das Wünschenswerte dieser Eigenschaft wird fast in jeder Art der Kunst — in Musik, in Handfertigkeit, in jedem Grade und Charakter der dekorativen Kunst, hervorgehoben; es wird in den Schulen, in der Sprache, darauf gedrungen; die Eigenschaft der Frische und Originalität wird als ein wesentliches Element zu einem erfolgreichen Thema angesehen. Das menschliche Gemüt bekennt seine Bewunderung für Originalität in Ideen, Originalität in Kleidern, Originalität im Benehmen, und so weiter durch die ganze Ausdehnung menschlicher Gewohnheiten und Bestrebungen hindurch.
Ein sorgfältiges, analitisches Studium von Websters Auslegung dieses Wortes, im Zusammenhang mit dem was die Christian Science diesem Zeitalter über den göttlichen Ursprung des Menschen und des Universums offenbart, ist sehr aufklärend. Ein jeder weiß, daß „Originalität“ der „Zustand oder die Eigenschaft des originell seins“ ist, während das Wort „originell“ als „von oder dem Ursprung oder Anfang angehörend“ ausgelegt wird. „Originalität“ ist „das erste Dasein oder der Anfang,“ und „das wovon irgend etwas ursprünglich entspringt.“ Dies, nun, führt uns zum ersten Kapitel des ersten Buches Mose, wo wir lesen: „Am Anfang schuf Gott Himmel und Erde“ und wo auch der geistige Ursprung des Menschen, als Gottes Bild und Gleichnis, erzählt wird. Der in Gottes Bild und Gleichnis geschaffene Mensch ist selbstverständlich weder materiell noch sterblich; er ist geistig, das Gleichnis des einen göttlichen Gemütes und als solches wiederspiegelt er jede Eigenschaft dieses einen Gemütes. Für den Christian Scientisten ist dieser Bericht vom göttlichen Ursprung des Menschen und des Universums untrennbar von der Auslegung, welche Mrs. Eddy, die Entdeckerin und Gründerin der Christian Science, gibt im Lehrbuch der Christian Science, „Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift,“ wo sie sagt (S. 502): „Das Unendliche hat keinen Anfang. Das Wort Anfang wird gebraucht, um das Einzige zu bezeichnen — d.h. die ewige Wahrheit und Einheit von Gott und dem Menschen, einschließlich des Universums.“
Wir haben, im ersten Kapitel des ersten Buches Mose, auch den Bericht der geistigen Klassifizierung der Schöpfung — und hier ist es gut sich daran zu erinnern, daß Schöpfung einfach der Ausdruck des Schöpfers, oder, in anderen Worten, die Idee des göttlichen Prinzips ist. Aber das menschliche Gemüt, das angenommene Gegenteil des göttlichen Gemütes, daß das göttliche Gemüt nachahmen möchte, versuchte gleichfalls seine Annahmen zu organisieren und klassifizieren. Es hat probiert seine Lehrzweige in zwei verschiedene Gruppen einzuteilen: Wissenschaft und Kunst; und dann Wissenschaft in Wissenschaften, und Kunst in Künste zu zergliedern; und es ist merkwürdig, daß, während das was Originalität genannt wird, als ein wesentliches Element für Erfolg in der Kunst betrachtet wird, der Ausdruck selten mit den Lehrfächern, welche das menschliche Gemüt als Wissenschaft klassifiziert hat, verbunden wird.
Die Wissenschaft der Mathematik, zum Beispiel, wird als diejenige eines unveränderlichen Prinzips anerkannt und Genauigkeit in Berechnung, welche auf einem richtigen Verständnis der Grundlage der Mathematik beruht, wird richtig als wesentlich betrachtet zum Erfolg eines Mathematikers. In Wahrheit aber ist die Kunst der Malerei oder Bildhauerei nicht weniger wissenschaftlich als Mathematik. Das was, akademisch, als Kunst klassifiziert worden ist, ist nur die Anwendung der Wissenschaft auf welche die Kunst gegründet wurde. Die Wissenschaft der Musik, zum Beispiel, ist in dem Maße ihrer Anwendung eine Kunst. Dasselbe ist auch wahr über die Sprachwissenschaft, auf welche die Kunst des Schreibens und Sprechens gegründet ist, und über die Wissenschaft der Logik, die bei der Kunst der Debatte verwertet wird; die Wissenschaft der Astronomie ist die Grundlage der Schiffahrtskunst; die Redekunst ist das Anwenden der Prinzipien und Regeln der Rhetorik. So hat das sterbliche Gemüt versucht die ganze Reihenfolge akademischer Künste zu verzeichnen und die Beziehungen, die Wissenschaft und Kunst zu einander haben, sind derart, daß selbst die größten Autoritäten oft nicht miteinander übereinstimmen, über das was Kunst und das was Wissenschaft ist.
Nehme man zum Beispiel die Sprachwissenschaft und den speziellen Zweig der als Grammatik bekannt ist. Es ist interessant, in den Werken der größten Genien der Welt, die Ausnahmen von der Anwendung der ersten grammatischen Regeln zu beobachten und zu sehen, daß dennoch, gerade in diesen Ausnahmen, die Kunst der Sprachwissenschaft richtig angewandt wurde. Es wird von einem der berühmtesten Schriftstellern Amerikas erzählt, daß er bei einer Gelegenheit sagte, daß, wenn die englische Sprache je mit dem was er zu sagen habe in Konflikt komme, so habe sie gar keine Aussichten. In anderen Worten, er beabsichtigte nicht, daß die Kunst des Schreibens, die Form die er für den Ausdruck seiner Ideen gewählt hatte, durch seinen ehemaligen endlichen Begriff von der Wissenschaft der Grammatik, wie sie menschlich umschrieben wird, begrenzt werden sollte; sondern, daß vielmehr seine Kenntnis der Wissenschaft der Grammatik sich durch die Betätigung dieser Wissenschaft vergrößere. Jedes wertvolle Werk das die Welt je gekannt hat, war das Ergebnis einer größeren Offenbarwerdung der aller Schöpfung unterliegenden Wissenschaft und jeder Mißerfolg ist das unvermeidliche Ergebnis wenn die Materie anstatt Gemüt, als die Wissenschaft des Seins, die Quelle aller Tätigkeit, angesehen wird. Es ist in der Tat, wie Mrs. Eddy auf Seite 4 in „Miscellaneous Writings“ geschrieben hat:, Alle Wissenschaft ist Christian Science; die Wissenschaft des Gemütes welches Gott ist, und des Universums als Seiner Idee, und ihre Beziehungen zueinander.“
So in der letzten Analyse ist wahre Kunst in all ihren mannigfaltigen Ausdrücken die Betätigung der Wissenschaft des Gemütes; sie ist auf das ewige göttliche Prinzip, Gott, gegründet, der sich, durch Seine Idee, in unendlicher Mannigfaltigkeit, Schönheit und Größe ausdrückt. Das was das sterbliche Gemüt als Kunst ausgelegt hat, ist nicht, kraft irgendeiner ihr innewohnenden Macht, noch als ein eigenes Erzeugnis des sterblichen Gemütes, ausgedrückt, sondern infolge der natürlichen Wiederspiegelung der unendlichen, ewigen Fähigkeiten des Gemütes. Das endliche Gemüt, auf Grund seiner eigenen Natur kann die Unendlichkeit nicht verstehen.
Gerade wie das menschliche Gemüt versucht hat die klassifizierende Fähigkeit des göttlichen Gemütes nachzuahmen, so versuchte es auch die Nachahmung der schöpfenden Eigenschaft dieses Gemütes; aber das was in menschlicher Sprache eine Schöpfung genannt wird, ist nur eine Entdeckung oder eine Entfaltung im menschlichen Verständnis, von dem was von jeher gewesen ist, von dem was ewig im göttlichen Gemüt inbegriffen ist. Die Schöpfung ist ebenso vollständig als sie ewig ist. Sie ist der ganze und vollkommene Ausdruck des vollkommenen Gemütes und sie wird dem menschlichen Verständnis, in dem Maße, als die Natur und Eigenschaft des einen vollkommenen Gemütes verstanden werden, offenbar.
Niemand behauptet Dampf, Gas, Elektrizität, die Eigenschaften des Magnetes oder das Gesetz der Anziehungskraft erfunden zu haben, obschon das Vorhandensein dieser Gesetze und Eigenschaften entdeckt wurde, und physische Wissenschafter entdecken beständig neue Gebrauchsanwendungen für dieselben. Die Entdeckungen der physischen Wissenschaft werden oft Erfindungen genannt, doch ist eine Erfindung nur das Entdecken dessen, was schon besteht und neuer Wege sie anzuwenden. Edisons Erfindung des Phonographs war, zum Beispiel, seine Entdeckung neuer Wege die Eigenheiten der Vibration und Elektrizität zu verwerten. Desgleichen ist die Wiedergebung von Musik einfach der Ausdruck von Harmonie — der Harmonie und des Rhytmus die in aller Ewigkeit existiert haben, auf Grund der untrennbaren Verwandtschaft des Menschen mit seinem Vater-Mutter Gott. Obwohl die Welt ihren Komponisten für ihre musikalischen Erzeugnisse geziemend dankbar ist, wurden die Noten, die in den größten Symphonien sind, doch nicht von den Komponisten erzeugt. Die Komponisten wiederspiegeln bloß die schöpferische Macht, die erzeugende Eigenschaft, des Gemütes. Sogar physische Wissenschafter sind einig darin, daß die Wissenschaft der Musik nicht materiell ist. Wie Mrs. Eddy schreibt auf Seite 213 von Wissenschaft und Gesundheit: „Der Ton ist ein mentaler Eindruck auf die sterbliche Annahme. Das Ohr hört in Wirklichkeit nicht. Die göttliche Wissenschaft enthüllt, daß der Ton durch die Sinne der Seele mitgeteilt wird — durch das geistige Verständnis.“
Dieses Wort „enthüllt“ in der soeben zitierten Stelle ist voll Bedeutung, denn es ist für jede richtige Idee wahr; ganz ungeachtet in was für einer Form das menschliche Gemüt diese Idee auch auslegen mag, die Idee entsteht im Gemüt und wird durch die erwachende geistige Wahrnehmung enthüllt. Ein menschlicher Ursprung einer richtigen Idee, mag sie ausgedrückt werden wie sie will, ist unmöglich, denn nur das was wirklich besteht kann ausgedrückt werden und das was jetzt wahr ist, ist immer wahr gewesen, das was jetzt besteht, bestand seit aller Ewigkeit. Die Christian Science hat die wahre Bedeutung des erwähnten Berichtes im ersten Kapitel der Genesis enthüllt; sie hat den göttlichen Ursprung des Menschen und des Universums, das ewige Prinzip allen Daseins, offenbart, sie hat den ursprünglichen und ewigen Zustand des Menschen als geistiges Bild und Gleichnis seines göttlichen Prinzips, Gott, kundgetan. Die Christian Science selbst wurde diesem Zeitalter offenbart durch Mrs. Eddy, doch würde niemand, der etwas von der Christian Science versteht, behaupten, Mrs. Eddy habe die Christian Science erfunden. Sie hat selbst, in allem was sie geschrieben, einen solchen Mißbegriff unmöglich gemacht. Sie hat, für dieses Zeitalter, diese Wissenschaft des Christentums, die Wissenschaft des Gemütes oder die Christian Science, wie sie sie genannt hat, entdeckt, die seit aller Ewigkeit dagewesen ist.
Gerade wie es immer ein vollkommenes Gemüt, ein unendliches Prinzip gibt, so gibt es ewig eine unendliche Idee und diese Idee ist unendlich ausgedrückt. Das menschliche Gemüt legt seine endlichen Begriffe über den unendlichen Ausdruck dieser einen Idee als Ideen aus, doch ändert dies die geistige, ewige Tatsache des Seins nicht, und schließlich müssen alle die geistige Idee des unendlichen Geistes kennen lernen. Wenn wir die verschiedenen endlichen, menschlichen Begriffe und Mißbegriffe in Betracht ziehen, ist es nicht zu verwundern, daß heidnische Mythologie für sich selbst die Annahme von vielen Göttern aufgesetzt hat; denn das menschliche Gemüt hat seine Schlüsse immer von Wirkung auf Ursache gefolgert, und der Wunsch die Ursache jedes menschlichen Phänomens zu finden muß unvermeidlich zu einer Annahme von vielen verschiedenen Ursachen oder Prinzipien führen,— wahrlich ein auf den Sand endlicher Trüglichkeit gebautes Haus. Die Christian Science hat nicht nur das eine Gemüt, Gott, als das ewige Prinzip allen Daseins offenbart, sie hat auch die Notwendigkeit, die unveränderliche Logik, enthüllt, von Ursache auf Wirkung zu folgern. Mit einem göttlichen Prinzip, einer ersten und ewigen Ursache, gibt es selbstverständlich auch eine unendliche Idee, und diese unendliche Idee wird nur in dem Verhältnis wie ihr göttliches Prinzip verstanden wird, erkannt.
Ob richtige Idee als Musik, Dichtung, Malerei, Bildhauerei oder im Reden ausgelegt wird, leitet sie ihren Ursprung, ihr Sein, von ihrem göttlichen Prinzip, Gott, her. Edgar Allan Poe hat weislich gesagt: „Kein Kunstwerk kann in sich selbst eine wahre Originalität entwickeln ohne den schöpferischen Geist, oder, wie es allgemein genannt wird, das Genie seines Schöpfers, aufs deutlichste zu offenbaren.“ Gott ist der eine unendliche Schöpfer, das ewig göttliche Prinzip Seiner Idee, Mensch und Universum. Darum ist des Menschen göttlich schöpferisches Prinzip die einzig wahre Originalität die je ausgedrückt werden kann. Das Prinzip wird immer durch seine Idee ausgedrückt und die Substanz der ganzen richtigen Idee ist im Gemüt und kann nicht außerhalb des Gemütes gefunden werden. Das was in einem Kunstwerk, in Literatur oder in einer Rede, als Mangel an Originalität bezeichnet wird, ist gewöhnlich ein Exemplar irgendeines endlichen Begriffes,— eine Nachahmung oder ein Exemplar einer Nachahmung. Mrs. Eddy beschreibt dies deutlich auf Seite 248 von Wissenschaft und Gesundheit wo sie über „mentale Bildhauerei“ (Randbemerkung) redet. Sie fragt dort: „Was für ein Vorbild steht vor dem sterblichen Gemüt? Ist es Unvollkommenheit, Freude, Kummer, Sünde, Leiden? Hast du dir das Sterbliche zum Vorbild genommen? Bildest du es nach? Dann wirst du in deiner Arbeit von verderbten Bildhauern und scheußlichen Gestalten heimgesucht. Hörst du nicht von der ganzen Menschheit über das unvollkommene Vorbild? Die Welt hält es dir beständig vor Augen. Die Folge davon ist, daß du geneigt bist, diesen niederen Mustern zu folgen, deine Lebensarbeit zu begrenzen und die eckigen Linien und Mißgestaltungen materieller Vorbilder in dein Leben aufzunehmen.“ Und auf der nächsten Seite gibt sie den Rat: „Laßt uns die Wissenschaft annehmen und alle Theorien fallen lassen, die sich auf das Sinnenzeugnis gründen, laßt uns unvollkommene Vorbilder und illusorische Ideale aufgeben, und also einen Gott, ein Gemüt, haben, das vollkommen ist und seine eignen Vorbilder der Vortrefflichkeit hervorbringt.“ Es ist der Ausdruck dieses einen vollkommenen Gemütes was die Welt als Originalität deutet, und das ist die einzige wahre Originalität.
Wer hat nicht, nach dem Lesen eines veröffentlichten Artikels unwillkürlich ausgerufen: „Ich hätte das auch schreiben können!“ Oder: „Warum habe ich das nicht geschrieben?“ Dieser Leser könnte in ähnlicher Sprache über dasselbe Thema schreiben und sein Thema würde doch, gerade in dem Maße als er das, was er im Gemüt gefunden hat, dem göttlichen Ursprung seiner Idee, wiederspiegelt, Frische und Originalität ausdrücken. Dasselbe ist wahr über alle Zweige der Kunst. Bis daß die ewige Tatsache des Seins, daß alles Gemüt und Idee des Gemütes ist, erkannt wird, wird das sterbliche Gemüt fortfahren, nicht Originalität sondern die falsche Nachahmung dessen, was ewig im Gemüt besteht und als seine Idee wiederspiegelt wird, und nur im Gemüt gefunden werden kann, zu erzeugen. Gemüt ist der Ursprung alles Daseins, das Prinzip seiner unendlich ausgedrückten Idee. Die Unendlichkeit der Idee besteht ewig, denn die Idee wiederspiegelt die unendliche Natur Gottes.
