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Der Mensch und das Menschengeschlecht

Aus der Juni 1922-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft


Der englische Dichter Pope schreibt: „Das richtige Studium des Menschengeschlechts ist der Mensch.“ Bis zu der Entdeckung der Christlichen Wissenschaft durch Mrs. Eddy hat die Welt jedoch größtenteils das Menschengeschlecht und nicht den Menschen studiert. Mrs. Eddy verdanken wir also die Möglichkeit, den wahren Menschen, den höchsten Ausdruck Gottes, das Ideal des göttlichen Gemüts, zu studieren. Die Christliche Wissenschaft findet uns gewöhnlich bei ihrem Eintritt in unser Leben mit einem Begriff vom Menschen, der uns größtenteils in unseren eindrucksfähigsten Jahren eingeflößt wurde. In der Kinderstube, der Schule und der Kirche, wurde er uns als eine unbestreitbare Tatsache eingeprägt. So wird den Sterblichen die Auffassung, die sie vom Menschen haben, schon in ihren ersten Jahren in das Denken gepflanzt, wie es auch mit ihrer Nationalität, ihrer Sprache und ihrer Religion der Fall ist. Es gibt viele, deren religiöser Glaube überhaupt nie in Frage gestellt worden ist, und eine noch größere Anzahl solcher, deren Auffassung vom Menschen, wie sie ihnen in der Jugend beigebracht wurde, je untersucht und dem Licht der göttlichen Logik ausgesetzt worden wäre. Aber obwohl die Menschen für ihre irrtümliche oder begrenzte Auffassung des Menschen vielleicht nur teilweise verantwortlich gemacht werden können, ehe die Wahrheit ihr Denken regiert, so liegt ihnen doch die Verpflichtung ob, von dieser Zeit an ihr Denken zu prüfen und zu verbessern, und dieses Prüfen und Verbessern muß fortgesetzt werden, bis der Aufstieg von der Materie zum Geist vollkommen erreicht ist.

Alles, was über den Menschen als wahr betrachtet wird, muß im Licht der durch die Christliche Wissenschaft geoffenbarten göttlichen Vernunft geprüft werden. Die menschlichen Begriffe vom Menschen gründen sich auf das unzuverlässige Zeugnis der materiellen Sinne und werden meistens nur deshalb heute noch geglaubt, weil sie so lange unbestritten bestanden haben. So lange haben die fünf körperlichen Sinne die Grundlage des menschlichen Denkens gebildet, daß die Menschen sich des einzig wahren Sinnes,— des geistigen Sinnes,— fast gänzlich unbewußt geblieben sind. Die fünf physischen Sinne sind es, die das Menschengeschlecht darstellen; der geistige Sinn offenbart den wahren Menschen. Die materiellen Sinne sind es, die uns die Irrtümer über den Menschen vorspiegeln; der geistige Sinn ist es, der uns die Wahrheit über ihn zeigt. In unserem Studium des Menschen brauchen wir nichts als selbstverständlich anzunehmen; es läßt sich alles auf seinen Ursprung zurückführen und daran erproben. Was wissenschaftlich wirklich ist, hat seinen Ursprung in dem unendlich guten, göttlichen Gemüt, und das, was diese Probe nicht bestehen kann, ist nicht absolut wirklich, das heißt, nicht wahr und ewig.

Demonstration muß stets absolute Christliche Wissenschaft zur Grundlage haben. Das Böse oder die Materie in irgendeiner Hinsicht als wirklich betrachten, heißt den alten theologischen Glauben über den Kampf zwischen Gut und Böse, aus welchem möglicherweise in einer weitentfernten Zukunft das Gute als schließlicher Sieger hervorgehen wird, beibehalten. Darum dürfen wir bei unserem Bestreben, den wahren Menschen zu erkennen, ihm keine Eigenschaft zugestehen, die nicht auch eine Eigenschaft Gottes ist, und die Eigenschaften, die in Gott sind, müssen vom Menschen wiedergespiegelt werden. Es ist nicht genügend den Menschen als einen abstrakten Begriff zu studieren und aus diesem Studium Schlüsse über seine Wesenheit zu ziehen. Wir müssen mit Hilfe der göttlichen Wissenschaft lernen, was der Mensch wirklich ist und dann mit der Demonstration des wahren Seins beginnen.

Eine der falschen und allgemein als wahr angenommenen Darstellungen des Menschen durch die Sinne ist, daß der Mensch eine Mischung von Gut und Böse, Geist und Materie, Wirklichkeit und Unwirklichkeit sei. Wenn dieser Irrtum nicht so allgemein geglaubt würde, dann wäre es leicht einzusehen, daß er ebenso unsinnig ist wie die Behauptung, der Mensch sei gleichzeitig geistig und materiell, das heißt, gleichzeitig unendlich und beschränkt oder zeitlich und ewig. Eine solche Mischung müßte notwendigerweise einem Schöpfer entspringen, der eben diese widersprechenden Eigenschaften in sich schließt.

Daß das Leben des Menschen nicht mit dem Tode aufhört, wird fast allgemein zugegeben, aber es wird bis jetzt nur wenig zugestanden, daß es nicht mit der physischen Geburt beginnt. Diese Tatsache muß jedoch zugegeben werden, wenn wir das Leben als ewig verstehen wollen. Das Verständnis, daß der Mensch von jeher im Geist bestanden hat, ist ein grundlegender Teil der Erkenntnis des ewigen Lebens des wahren Menschen, und ohne dasselbe kann der Mensch Gott nicht völlig zum Ausdruck bringen. Um vereint mit Gott bestehen zu können, muß der Mensch von jeher bestanden haben, und es ist dieser geistige Mensch, der von jeher bestanden hat, der wirklich, vollkommen und der Krankheit und des Todes unfähig ist. Jesus wußte dies und lenkte die Aufmerksamkeit seiner Nachfolger absichtlich auf seine Präexistenz, indem er sagte: „Ehe denn Abraham ward, bin ich,“ und Mrs. Eddy sagt uns auf Seite 189 von „Miscellaneous Writings“: „Das wahre und unerschütterliche Verständnis der Präexistenz sowie die Erkenntnis des Wesens und der Unzertrennlichkeit Gottes und des Menschen war es, das den demütigen Nazarener mächtig machte.“

Der Anfänger in der Christlichen Wissenschaft fürchtet sich fast, das, was ihm als Ebenbild und Gleichnis Gottes zukommt, zu ergreifen. Eine dieser Segnungen, die er nur zögernd beansprucht, ist die Tatsache seiner göttlichen Natur. Nach Websters „New International Dictionary“ (Wörterbuch) bedeutet das Wort „göttlich“: „Von Gott herstammend,“ „Gottgleich.“ In diesen beiden Richtungen ist der Mensch unbestreitbar göttlich. Wir haben immer das göttliche Wesen Christi bereitwilligst zugegeben, doch sind auch wir, als das geistige Ebenbild Gottes, Söhne Gottes. Jesus, unser älterer Bruder, hat unsere Rechte als Söhne dargetan. Es ist von Bedeutung, daß Jesus seine größten Werke erst vollbrachte, nachdem er die Stimme Gottes hatte sagen hören: „Dies ist mein lieber Sohn, an welchem ich Wohlgefallen habe.“ Könnte es nicht sein, daß auch wir nicht viele große Werke vollbringen werden, bis wir in unserem Innersten hören, was Gott einem jeden von uns zuruft: „Dies ist mein lieber Sohn,“ ebenfalls hinzufügend, „an welchem ich Wohlgefallen habe,“ denn die Überzeugung der wahren Sohnschaft ist oft durch Selbstverdammung getrübt. Sich seiner Gotteskindschaft nicht bewußt sein, heißt, sich in gewissem Grade von unserem himmlischen Vater getrennt fühlen, was stets in uns den Glauben an die Wirklichkeit des Bösen mit sich bringt.

Die Wahrheit, daß der wahre Mensch göttlich ist, widerlegt und vernichtet den Glauben, daß er menschlich ist und ein von Gott getrenntes Dasein hat. Hier ist zu bemerken, daß diese Gottähnlichkeit, ebenso wie alle anderen dem Menschen von Gott verliehenen Eigenschaften, jetzt beansprucht werden muß, und daß dieselbe sich in unserem Leben in dem Maße unserer Aufrichtigkeit, unserer Überzeugung ihrer Tatsächlichkeit und unseres Gehorsams gegen ihre Forderungen offenbaren wird.

Hand in Hand mit der Tatsache, daß der Mensch jetzt ein Kind Gottes ist, geht die Tatsache, daß er Zutritt zu dem Vater hat und daß seine Annäherung an den Vater eine unmittelbare ist. Das Nichterfassen dieser Tatsache veranlaßt einen Schüler oft, sich beständig an einen praktizierenden Christlichen Wissenschafter um Hilfe zu wenden, während er in Wirklichkeit imstande ist, durch die Anwendung der Lehren der Christlichen Wissenschaft seine eigene Arbeit zu tun. Derselbe Mangel an Verständnis hat die Menschen auch dazu verleitet, ihr religiöses Denken von anderen besorgen zu lassen. Seit undenklichen Zeiten haben die mit dem Glauben an Sünde und Übel belasteten Menschen jemand gesucht, der ihr Fürsprecher bei Gott sein könnte, und zwar gründet sich dies teilweise auf die Annahme, daß Gott eine bevorzugte Menschenrasse oder einen auserwählten Diener habe; mit anderen Worten, daß Gott Lieblingskinder besitze. Diese Lehre wird im Neuen Testament gänzlich verworfen, und zwar wird dort darauf hingewiesen, daß Jesus alle geläuterten Menschen zu „Königen und Priestern ... vor Gott“ macht. Auf Seite 141 von „Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift,“ wo von dem Prinzip der Christlichen Wissenschaft die Rede ist, schreibt Mrs. Eddy: „Sein einziger Priester ist der vergeistigte Mensch.“

Eine der Unwahrheiten über den Menschen, welche der Welt den Frieden raubt, besteht in dem falschen Glauben, daß Mensch mit Mensch wetteifert anstatt zusammenarbeitet. Diese falsche Annahme, die so störend auf Nationen und Einzelpersonen einwirkt und das Kommen der Brüderschaft der Menschen verhindert, entspringt dem Glauben, daß ein Mangel an den Dingen bestehe, die zur Existenz des Menschen unentbehrlich sind, und daß das schöpferische, allmächtige Gemüt ein Bedürfnis geschaffen habe, das nicht befriedigt werden kann. Wenn man die Versorgungsmittel für begrenzt hält, so scheint es, als ob einer leiden müßte, während ein anderer Überfluß hat, oder als ob man seinen eigenen Bedarf von seinem Nächsten beziehen müsse. Dieser Zustand kann selbstredend nur durch ein geistiges Verständnis von Substanz und durch die Bereitwilligkeit, Konkurrenz durch Einigkeit zu ersetzen, geheilt werden. Die Beziehung des wahren Menschen zum wahren Menschen kennt keine Konkurrenz, sondern nur Kooperation.

Ein weiterer falscher Begriff über den Menschen ist der, daß der Zufall ihn regiere und daß er diesem Zufall unter Umständen unterliegen könne. Nichts könnte der Wahrheit ferner liegen! An den Zufall glauben heißt, an die Abwesenheit Gottes glauben, was einer Verleugnung des göttlichen Prinzips gleichkommt. Ein solcher Glaube ist der Wahrheit, daß Gott der alleinige Schöpfer ist und alles leitet, gänzlich zuwider. Gott wirkt stets durch geistige Gesetze, die Er nie aufhebt oder verletzt, und die dem Menschen nie entzogen werden. Der Mensch kann diesem Gesetz unmöglich zuwider handeln; vielmehr ist es wahr, daß der Mensch unter dem Einfluß dieses göttlichen Gesetzes sich fortwährend entfaltet und vorwärts schreitet. Auch gibt es unter diesem Gesetz keine Ebbe und Flut; es befähigt uns, das, was wir erreicht haben, festzuhalten, und ermöglicht Fortschritt ohne Rückgang. Dieser gesetzliche Fortschritt des Menschen wird von Mrs. Eddy in „Miscellaneous Writings“ (S. 83) wunderschön ausgedrückt, wo sie schreibt, daß das Gemüt „den Menschen auf immer in dem rhythmischen Kreis der sich entfaltenden Glückseligkeit, als einen lebendigen Zeugen und als ununterbrochen fortbestehende Idee des unerschöpflichen Guten“ erhält.

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