Es will uns manchmal scheinen, daß die Stellung, die wir im Leben einnehmen, mit unserem Verständnis der Christlichen Wissenschaft nicht zu vereinbaren ist, und daß wir daher diese Stellung aufgeben und uns nach etwas anderem umsehen sollten, das unseren Idealen besser entspricht. Wir sind der Meinung, daß wir irgendwo in dieser materiellen Welt die Vollkommenheit finden können, nach der wir uns so ernstlich sehnen. Vollkommenheit ist jedoch geistig und gehört dem Reich des göttlichen Gemüts an. Sie kann nur durch geistiges Wachstum und unsere Fähigkeit, Gott zu verstehen und Ihn als gegenwärtig zu erkennen, erreicht werden. Unsere erste Pflicht besteht darin, das Gute in unserer gegenwärtigen Umgebung zu erkennen, und uns ernstlich zu bestreben, durch das gewissenhafte Anwenden unseres Verständnisses des Prinzips des Guten, diejenigen Phasen in unserer Stellung, die das Gute nicht wiederspiegeln, auszumerzen. Wir haben kein Recht, eine Stellung zu verlassen, weil wir mit Leuten zusammenarbeiten müssen, die uns nicht angenehm sind, oder weil Ungerechtigkeit oder üble Zustände zu herrschen scheinen. Anstatt in solchen Fällen hastig vorzugehen, sollten wir innehalten und die Lage im Lichte der Wahrheit prüfen, eingedenk der Worte Mrs. Eddys auf Seite 288 von „Miscellaneous Writings“: „Weisheit im menschlichen Handeln besteht darin, daß man mit dem anfängt, was unter den gegebenen Umständen dem Rechten am nächsten kommt, und von da aus dem Absoluten entgegenschreitet.“
Die Schwierigkeiten unserer Lage mögen oft nicht leicht zu ertragen sein; wir dürfen jedoch nicht vergessen, daß uns durch eine wissenschaftliche Betrachtung derselben Verständnis, Erfahrung, Zuversicht, Hoffnung und Belohnung zuteil werden wird. Man hört öfters die Frage: „Wie kann ich ein Verständnis von Prinzip erlangen?“ und eine Antwort darauf ist: „Wende das, was du bereits davon verstehst, auf die Schwierigkeiten der Lage an, der du gegenüberstehst.“ Prüfungen aus dem Weg gehen, heißt, der Lehren und des Wachstums verlustig gehen, die unser warten, wenn wir ausharren und die scheinbaren Schwierigkeiten überwinden. Wenn wir diese Probleme bei deren Auftreten nicht ausarbeiten, dann ist es leicht möglich, daß sie sich später wieder geltend machen werden. Ist es nicht wahrscheinlich, daß wir gleich wieder denselben Schwierigkeiten begegnen werden, wenn wir die Aufgabe, die vor uns liegt, nicht lösen und an einem anderen Punkt anzufangen versuchen? Ist das, was der Berichtigung bedarf, nicht vielmehr in unserem eigenen Bewußtsein zu suchen, in unserem Denken, das stets unangenehmen Menschen und unerträglichen Zuständen zu begegnen glaubt?
Der Verfasser erinnert sich eines Mannes, der in verhältnismäßig kurzer Zeit ein gutes Verständnis der Christlichen Wissenschaft gewonnen hatte. Das Geschäft, das er betrieb, war jedoch seines Erachtens nicht mit der Christlichen Wissenschaft vereinbar, und dies schien ihm ein schwer zu lösendes Problem. Er ging sogar soweit, dasselbe sofort aufgeben zu wollen, obwohl er nichts anderes in Aussicht hatte. Er besprach die Angelegenheit mit einem erfahreneren Christlichen Wissenschafter und sah alsdann ein, daß selbst an seinem gegenwärtigen Geschäft etwas Gutes war. Es wurde ihm klar, daß er am besten daran tun würde, seine Zeit darauf zu verwenden, das Geschäft, das er betrieb, zu verbessern, bis ihm die Stimme der Wahrheit einen anderen Weg weisen würde. Er handelte demgemäß und war bestrebt, sowohl sich selbst wie sein Geschäft durch die Anwendung der Christlichen Wissenschaft zu heben, und schließlich fand er auch den Weg zu besseren Dingen. Da er auf diese Weise sein gegenwärtiges Verständnis des Guten aufrechterhielt und es verbesserte, war er imstande, seine Demonstration zu erweitern.
Die Anwendung der Regeln der Christlichen Wissenschaft ist imstande, eine jede Lage zu verbessern. Durch geduldiges Arbeiten nach dieser Richtung hin kann eine scheinbar unmögliche Lage zu einer sehr harmonischen und angenehmen werden. Es handelt sich gewissermaßen um eine Additions- und Subtraktionsaufgabe,— eine Addition, insofern wir die Wahrheit hinzufügen, und eine Subtraktion, insofern wir den Irrtum von unserer Auffassung über einen Menschen oder einen Zustand abziehen, bis wir schließlich das Ebenbild der Wahrheit und Liebe sehen. Um irgend etwas zu beweisen, müssen wir der Lage standhalten und die Probe zu Ende führen. Ehe wir über einen Menschen oder eine Lage ein Urteil abgeben, müssen wir sicher sein, daß unser Prüfen und Proben wissenschaftlich getan wurde. Es mag auch der Fall sein, daß wir selbst eine Probe zu bestehen haben um, wenn wir würdig befunden werden, die ermutigenden Worte zu hören: „Freund, rücke hinauf!“
Als Jakob sich auf der Flucht befand, überfiel ihn die Nacht an einem einsamen Ort. Er fühlte sich verlassen wie ein Ausgestoßener; aber er hatte Charakter Und ein ziemlich gutes Verständnis, denn „er nahm einen Stein des Orts und legte ihn zu seinen Häupten.“ Mit anderen Worten, er war selbst angesichts der harten Seiten seines Problems imstande, auszuruhen, und darum erschienen ihm auch die Engel und die Leiter „die rührte mit der Spitze an den Himmel.“ Er erhielt alsdann Gottes Verheißung: „Das Land, darauf du liegst, will ich dir ... geben,“ und er hörte auch Gottes Stimme sagen: „Siehe, ich bin mit dir und will dich behüten, wo du hin ziehst.“ Christliche Wissenschafter tun wohl daran, sich diese Erfahrung Jakobs zunutze zu machen, indem sie angesichts der Schwierigkeiten, denen sie gegenüberstehen, nicht Furcht oder Entmutigung aufkommen lassen, sondern ruhig ausharren. Wenn sie genug Charakter und Güte besitzen, um ihrem Problem gegenüber diese Stellung einzunehmen, dann ist ihr Fortschritt und ihr Erfolg gesichert, und die Vision Jakobs sowie die Verheißungen, die ihm Gott gab, werden sich auch für sie erfüllen, denn „es ist kein Ansehen der Person vor Gott.“
