Jeder aufrichtige Schüler der Christlichen Wissenschaft hat den tiefen Wunsch, das zu tun, was allgemein als christlich-wissenschaftliche Arbeit bezeichnet wird. Das Sehnen, in des Vaters Weinberg zu arbeiten, in das reiche Erntefeld geschickt zu werden, wo der Arbeiter wenige sind, ist der innigste Wunsch vieler ernster Christlicher Wissenschafter, deren Arbeit mehr oder weniger auf dem Gebiet der menschlichen Unternehmungen oder der gewöhnlichen alltäglichen Angelegenheiten des weltlichen Daseins liegt. In dem geschäftigen Treiben um die scheinbaren menschlichen Bedürfnisse wird es manchmal übersehen, daß die Wege des Vaters höher sind als unsre Wege und daß Seine Arbeit, die wir den sehnsüchtigen und demütigen Wunsch haben zu verrichten, sich nicht in den engen Kreis des menschlichen Verständnisses einschließen läßt. Wenn man einen Anfänger fragen würde, wen er zu denen rechne, die christlich-wissenschaftliche Arbeit tun, so würde er wohl hauptsächlich auf die Vertreter der Christlichen Wissenschaft oder die Inhaber von Kirchenämtern hinweisen, womit er gewissermaßen der Wahrheit nahe käme.
In dem christlich-wissenschaftlichen Lehrbuch, „Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift,” hat Mary Baker Eddy jedoch das wahre Wesen der Arbeit in der Christlichen Wissenschaft erklärt. Auf Seite 450 lesen wir: „Der Christliche Wissenschafter hat sich in den Dienst der Verminderung des Bösen, der Krankheit und des Todes gestellt und wird sie durch das Verständnis ihrer Nichtsheit und der Allheit Gottes oder des Guten überwinden.” Dies ist ein Trompetenruf, der jeden aufrichtigen Schüler der Christlichen Wissenschaft auf die unumschränkte Gelegenheit hinweist, für Gott arbeiten zu können, Es ist ein von Gott eingegebener Ausspruch, der zu wahrer christlich-wissenschaftlicher Arbeit aufruft, einer Arbeit, die unumgänglich ist und täglich und stündlich in allen nur denkbaren Lebenslagen getan werden muß. Es ist eine klare Bestimmung der Arbeit der göttlichen Liebe, die von keiner Beschränkung beengt ist und von den niedrigen Maßstäben der menschlichen Meinungen nicht berührt wird.
Bei seinem fruchtlosen Bestreben, sich selbst zu rechtfertigen, möchte das sogenannte menschliche Gemüt die geistige Arbeit hindern und unsre Erleuchtung und Einsicht verdunkeln, indem es uns fortwährend glauben machen will, daß die eigentliche Arbeit in der Christlichen Wissenschaft mehr oder weniger auf das Sprechzimmer eines Vertreters oder den persönlichen Dienst in der Kirchenorganisation beschränkt sei, um so auch diese hohen Ämter noch durch den schlau versteckten Glauben an äußere Formen und Kirchengebräuche herabzuwürdigen. Der Anfänger, der in diesem Glauben befangen ist und fühlt, daß er entweder keine Zeit für die Arbeit in der Christlichen Wissenschaft hat oder noch nicht bereit dafür ist, wird manchmal durch ein Gefühl der Gleichgültigkeit und der Entmutigung in seiner Reise himmelwärts aufgehalten.
Jeder einigermaßen erfahrene Arbeiter wird jedoch dem Anfänger sagen können, daß die wahre Arbeit mit der einfachen äußerlichen Durchführung eines Amtes durchaus nicht abgetan ist. Die christlich-wissenschaftliche Arbeit ist vor allem geistig und mental. Sie besteht darin, den Irrtum im täglichen Leben zu überwinden, das Kreuz auf sich zu nehmen und dem nachzufolgen, dessen wunderbare Lebensarbeit die unaufhörliche Wiederspiegelung des Vaters war — draußen im Felde, auf dem Berge, am Wegesrand, in den Hütten der Armen, vor der großen Menschenmenge und im Tempel. Jedes aufrichtige Bemühen gut zu sein, jedes liebevolle Opfer, jede stille Stunde der Reue und der Läuterung, jedes mutige mentale Festhalten an der Wahrheit, wenn Sünde oder Krankheit sich geltend machen wollen, ist für Jesu heutige Nachfolger ein Zeichen, daß sie als Christliche Wissenschafter im Dienste ihres Vaters stehen und mit christlich-wissenschaftlicher Arbeit betraut sind. Und wenn sie über wenigem getreu gewesen sind, werden sie über viel gesetzt werden.
Wir wollen uns nicht zu der Annahme verleiten lassen, daß das bloße Wiederholen von wissenschaftlichen Sätzen oder eine zeitweilige Sammlung der Gedanken wahre christlich-wissenschaftliche Arbeit bedeutet. Nein, die tiefe Überzeugung des Herzens, die im täglichen Leben zum Ausdruck kommt, das unaufhörliche, demütige Streben nach Vollkommenheit, das augenblickliche, selbstverständliche Sicherheben gegen und über den Irrtum jeder Art, die ruhige und selbstlose Liebe ist es, die den aufrichtigen und erleuchteten Christlichen Wissenschafter kennzeichnet. Durch seine Ausdauer und Wachsamkeit wird er zum Arbeiter in des Vaters Weinberg, und sein getreues natürliches Wiederspiegeln des einen Gemüts macht ihn oft zum Werkzeug, durch das falsche Annahmen bei andern vertrieben und Sünde und Krankheit geheilt werden.
Wo der Schüler der Christlichen Wissenschaft sich auch befindet, im Büro oder in der Fabrik, daheim oder draußen in der Welt, stets kann er tapfer und demütig die Norm des rechten Denkens hochhalten und sich dankbar daran erinnern, daß unsre Führerin erklärt hat: „Die geistige Kraft eines wissenschaftlichen, richtigen Gedankens, ohne besondere Anstrengung, ohne hörbares oder selbst mentales Argument, hat oftmals die hartnäckigsten Krankheiten geheilt” (Rudimental Divine Science, S. 9). Nur wenn wir genügend Treue beweisen in der Ausführung dieses göttlichen Auftrages, wenn wir in unserm täglichen Leben den Samen der Wahrheit und Liebe ausstreuen, werden wir jenes erweiterte Verständnis gewinnen, das freudig alles für Christus, die Wahrheit, aufgibt. Es fehlt nie an Gelegenheit, für Gott zu arbeiten und zur Aufrichtung des Himmelreiches auf Erden beizutragen, und wir dürfen getrost darauf bauen, daß die unfehlbare Weisheit und die fürsorgende, nieversagende Liebe unsres himmlischen Vaters unsre Bemühungen in der Weise fördern wird, daß sie unserm eignen Fortschritt und der Erlösung der ganzen Menschheit am besten dienen. Mrs. Eddy sagt (Wissenschaft und Gesundheit, S. 326): „Wenn du aus wahren Beweggründen arbeitest und betest, wird dein Vater dir den Weg auftun., Wer hat euch aufgehalten, der Wahrheit nicht zu gehorchen?‘” Und so werden wir dem Geheiß des Apostels Paulus folgen: „Schaffet, daß ihr selig werdet. ... Denn Gott ist's, der in euch wirkt beides, das Wollen und das Vollbringen, nach seinem Wohlgefallen.”
