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Das Walten der Liebe

Aus der April 1923-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft


Jeder Forscher des Neuen Testaments wird von der Tiefe des Verständnisses überwältigt sein, das der Jünger, den Jesus lieb hatte, besaß und offenbarte, nämlich, daß unter allen Umständen Haß mit Liebe überwunden werden muß und daß alle Menschen stets in liebevoller Gemeinschaft miteinander leben sollten. Wer Jesu wahre Aufgabe als das vollkommene Vorbild der göttlichen Liebe erkennt, der weiß auch, warum Johannes der Jünger, den Jesus lieb hatte, genannt wird. Denn war er es nicht, bei dem unser Meister jene zarte Liebe und Rücksichtnahme fand, jenes mitfühlende Verständnis, das nur dem eigen ist, der tief aus dem für alle stets offenen Quell der unendlichen, göttlichen Liebe getrunken hat? So erfüllt war Johannes von dem Bewußtsein der Allgegenwart der Liebe, daß er kurz und bündig ohne jede Einschränkung erklären konnte: „Gott ist Liebe.” Und ohne Zweifel tat er dies aus der vollen Erkenntnis heraus, daß Liebe unendlich und allmächtig ist. Da die göttliche Liebe alles ist, kann es außer ihr und ihrer Schöpfung oder ihrem Ausdruck offenbar nichts andres geben.

Mary Baker Eddy hebt in ihrer ganzen Lehre nichts klarer und eindrucksvoller hervor als die Tatsache, daß Gott, die Liebe, der Schöpfer des Menschen und dessen einziger Ursprung ist und daß daher der Mensch nur die Eigenschaften der göttlichen Liebe besitzt. Ein jeder, der diese Wahrheit erkennt, sieht ohne weiteres ein, daß der Haß, das mutmaßliche Gegenteil der Liebe, nicht wahr oder wirklich sein kann, und daraus ergibt sich die Schlußfolgerung, daß der Haß keinen Ursprung, kein Wirkungsfeld und keine Vollmacht hat, denn wahrlich, das, was nicht von Gott, dem Urquell aller Schöpfung, ausgeht, kann weder wahre Wesenheit noch Leben besitzen. Auf Seite 567 des Lehrbuchs der Christlichen Wissenschaft, „Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift,” sagt Mary Baker Eddy: „Für die unendliche, immergegenwärtige Liebe ist alles Liebe, und es gibt keinen Irrtum, keine Sünde, keine Krankheit und keinen Tod.”

Welch größere Pflicht ruht wohl auf den Jüngern des Nazareners, die sich bestreben, an der Hand der Erläuterungen unsrer verehrten Führerin seinen Fußtapfen zu folgen, als die Notwendigkeit, jede Spur von Haß mit seinen Begleiterscheinungen, Bosheit, Rache und Groll, aufzugeben? Wenn diesen Missetätern mit ihren Busenfreunden, Eifersucht und Neid, unbeschnittene Freiheit gewährt würde, so würden sie von jedem erreichbaren mentalen Heim Besitz ergreifen und der Liebe rechtmäßige Bewohner, die Kinder des Geistes, vollständig daraus verbannen. Nähern sich jedoch der Liebe Boten, so verschwinden diese bösen Mietlinge mit all ihrem Pomp und ihren falschen Vorspiegelungen, mit ihren Drohungen und Anmaßungen, in das Nichts, das schließlich die einzige Stätte für das Böse ist. Denn Haß und Bosheit sind Erzfeiglinge, die sich verbergen und verstecken vor dem ruhigen und sicheren Nahen der Kinder der Liebe: dem Frieden und der Freude.

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