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Der Gesang auf dem Aschenwagen

Aus der April 1923-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft


Es war an einem klaren Aprilmorgen. Das erste Graukehlchen übte fleißig sein heiteres Frühlingslied. Auf einmal erklang, nicht von den Bäumen der Allee, sondern aus einer engen Seitenstraße, eine andre lustige Weise, diesmal unverkennbar das sorglose Pfeifen eines Menschenkindes. Unwillkürlich schaute der Schreiber nach dem Urheber dieser neuen Weise aus, aber ehe er seiner gewahr wurde, ward aus dem Pfeifen ein fröhliches Lied, und gleich darauf kam aus der Seitenstraße langsam ein Aschenwagen herauf und auf ihm, in staubbedeckten Kleidern, der Sänger! Auf einem Aschenwagen und singen! Allerdings erwartet man, daß die neuangekommenen gefiederten Sänger, auf schwanken Zweigen sich wiegend und im hellen Sonnenschein badend, ihr Glück und ihre Freude hinausschmettern. Aber, auf einem Aschenwagen sitzen und singen!?

Bei der Betrachtung dieses Bildes drängten sich dem Schreiber sogleich zwei klare Schlüsse auf, erstens: daß dies ein Aschenmann war, der sowohl seine Firma wie deren Kunden zufriedenstellen mußte, zweitens: daß dieser Aschenmann seinen Aschenwagen wahrscheinlich nicht sehr lange zu fahren brauchte. Ein Angestellter, der eine unangenehme Arbeit freudig verrichtet, ist für jeden Arbeitgeber ein Gewinn und den Kunden eine wahre Freude. Und wer mit einem Lied im Herzen und auf den Lippen seine Arbeit verrichten kann, obwohl um ihn her die unschönsten materiellen Zustände herrschen, der wird ohne Zweifel bald mit höherer Arbeit betraut werden.

Das christlich-wissenschaftliche Liederbuch, jene Sammlung geistiger Lieder, die so vielen Schülern der Christlichen Wissenschaft in aller Welt Trost, Freude und Heilung bringt, macht es vielen möglich zu singen, wenn sie vorübergehend den Aschenwagen einer unangenehmen Erfahrung führen müssen. Hier ein schönes Beispiel dafür. Ein Ehepaar — Christliche Wissenschafter — zog in einen Stadtteil, wo mehrere Familien wohnten, die ihrer Abneigung gegen das, was sie als die Christliche Wissenschaft betrachteten, offen Ausdruck gegeben hatten. Die Nachbarn sahen daher mit nicht geringer Feindseligkeit und voller Spott auf die Neuankömmlinge. Die Christlichen Wissenschafter hatten große Geschäftsschwierigkeiten zu überwinden, und ihre Aussichten waren eine Zeitlang recht trübe. Die Frau entließ ihre Magd und nahm freudig alle Hausarbeit selbst auf sich. Am schwersten wurde ihr, wie sie glaubte, das Geschirrabwaschen. Darum stellte sie nach jeder Mahlzeit das offene Liederbuch neben die Abwaschschüssel und sang ein Lied nach dem andern, bis die Arbeit zu Ende war. Nach einigen Tagen kamen abends zwei Nachbarn zu ihr, um sich über die Christliche Wissenschaft zu erkundigen. Sie hatten von den geschäftlichen Schwierigkeiten der Christlichen Wissenschafter gehört und wollten etwas über die Religion erfahren, die einer Frau in Zeiten so schwerer Not die Kraft gab zu singen. Wiederum der Gesang auf dem Aschenwagen! Und durch dieses Singen und durch das Vertrauen und das Verständnis, das daraus sprach, wurden die Geschäftsschwierigkeiten bald gelöst. Nicht lange darauf befand sich die Frau mitten in der öffentlichen Betätigung der Christlichen Wissenschaft. Wahrlich es ist so, wie es in einem Verse dieses Liederbuchs heißt:

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