Heile du mich, Herr, so werde ich heil; hilf du mir, so ist mir geholfen”. Dieser Bibelspruch zeigt den Unterschied zwischen dem geistigen und dem materiellen Heilen. Von Gott allein kommt die wahre Heilung und die wahre Erlösung. Die Zeichen der Zeiten zeigen eine wachsende Anerkennung dieser Tatsache von seiten vieler Tausenden an. Was nicht von Gott ist, kann das höhere Sehnen des Menschen nicht befriedigen. Keine Eigenschaft des Bösen hat je Gutes für einen Menschen vollbracht. Der Ruf des Geistes ergeht, damit die Menschen höher steigen, Gott finden und wirklich geheilt werden. Erlösung von Leiden und Schmerzen suchen ist immer empfehlenswert; wenn aber die erlangte Befreiung nicht von sittlicher und geistiger Erneuerung begleitet ist, ist eine vollständige Heilung nicht verwirklicht worden.
Eine der hilfreichsten Erfahrungen, die ein Sterblicher je machen kann, ist sein Mißerfolg, durch die Materie Heilung zu finden. Dadurch sieht er ein, daß er einen Schritt vorwärts tun muß. Jede Bemühung, die geeignet ist, unsern Glauben an und unser Vertrauen in die Materie zu stärken, bewirkt nur, daß wir uns von der Wahrheit abwenden. Jedes Zugeben, daß man durch den Gebrauch von Arznei Gutes empfangen hat, ist ein Schritt tiefer in die Finsternis hinein, während jeder Fehlschlag, von der Materie Hilfe zu erlangen, ein Schritt vorwärts in der Richtung des Lichts ist. Wenn auch diese Erklärung dem eifrigen Materialisten nicht zusagt, so ist sie trotzdem wahr. Nur das Suchen von ganzem Herzen läßt uns Gottes Mittel und Wege, Seine Kinder zu segnen, erkennen; doch ein solches Suchen ist nicht vorhanden, solange unser Glaube zwischen Arznei und dem Christus geteilt ist. Die Christliche Wissenschaft macht dies der Menschheit klar. Aus diesem Grunde ist sie heutzutage in ihrer Mission des Christus-Heilens so hervorragend erfolgreich, während alle auf einen geteilten Glauben, auf einen sogenannten Glauben an zwei einander entgegenwirkende Kräfte gegründeten Systeme nur Mißerfolg und Enttäuschung hervorbringen. Wenn man Arznei einnimmt, so erklärt man förmlich: Es ist etwas in mir, das nicht an Gott oder an Seinen Christus glaubt, und das die Güte Gottes nicht ansprechen kann. Was für ein scheinbares Ergebnis auch immer das Einnehmen dieser Arznei haben mag, so gehört doch die ganze Erfahrung vom Anfang bis zum Ende dem Reiche des sterblichen Bewußtseins an, an dem Gott keinen Teil hat.
Das Wort „Quacksalberei” wird zuweilen von denjenigen, die den Vorgang des wahren Heilens nicht kennen, mit den Vertretern der Christlichen Wissenschaft in Verbindung gebracht. Doch wie verhält es sich mit dem Arzt, der das Bett eines Kranken verläßt, nicht nur überzeugt, daß dieser Leidende hoffnungslos krank sei, sondern auch ebenso überzeugt, daß eine leblose Arznei das Beste ist, das die Menschen einem Kranken bieten können? Die einzige Art, jemand zu heilen, ist die, daß man ihm etwas über Gesundheit sagt, das er noch nicht weiß, und ihm beiläufig etwas sagt, das er über Krankheit nicht weiß. Wenn er krank ist und glaubt, daß er es ist, kann er dann viel Hilfe von einem Arzt erwarten, der glaubt, daß Krankheit so wirklich und greifbar wie Gesundheit ist? Handelt der Vertreter der Christlichen Wissenschaft gegen die Lehre des Meisters, wenn er für den Kranken wirklich etwas tut, indem er ihm beweist, daß die Krankheit ein Zustand des Denkens ist und daher durch eine rechte Tätigkeit des Denkens geheilt werden kann? Weil er weiß, daß „Krankheit ein Traum ist, aus dem der Patient erweckt werden muß”, wie Mrs. Eddy in „Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift” (S. 417) sagt, und daß, nachdem er aus diesem Traum erweckt worden ist, das Gedankenbild der Gesundheit und der Kraft dasjenige der Krankheit und Hilflosigkeit in dem Bewußtsein des Kranken verdrängt hat, und weil er mental und geistig ausgerüstet ist, um seinen Patienten, oft augenblicklich, auf eine höhere Ebene des Denkens emporzuheben,—muß er deshalb so angesehen werden, als ob er gegen die Regel handle?
Wenn man so sehr an die Wirklichkeit des Bösen glaubt, daß man einem Menschen sagen möchte, er sei krank oder sehe krank aus, so ist das kein heilender Trank für die kranke Menschheit. Aber mit dem reinen, wissenschaftlichen Bewußtsein des Meisters, das ihn befähigte, zu der gekrümmten Frau, die er geheilt hatte, zu sagen, daß der Satan sie achtzehn Jahre „gebunden” hatte—ein tatsächliches Zugeständnis, daß Gott die Krankheit nie erschuf noch sandte—, wird überall Heilung vollbracht und Gott, das unendliche Gemüt, verherrlicht. Wer auch immer Christus Jesus als den Wegweiser annimmt, weiß, daß er uns ausdrücklich gelehrt hat, wie wir über einen sogenannten kranken Menschen denken sollen; und dieses Denken bringt bekanntlich, wenn es geistig verstanden und betätigt wird, Heilungsergebnisse zustande, die von den weltlich Gesinnten nicht erklärt werden können.
Das wahre Heilen, das im Neuen Testament berichtet ist und sich heute in dem geheiligten Leben der Christlichen Wissenschafter wiederholt, kann nicht materiell erklärt werden. Ja, sogar der erklärte Christ von heute muß von Grund aus seine Denkweise ändern, ehe er anderen erzählen kann, wie die Christliche Wissenschaft die Kranken heilt. Es würde ihm sehr von Nutzen sein, wenn er sich, falls er aufgefordert wird, die Wirkungsweise des wahren Heilens zu erklären, Zeit genug dazu nehmen würde, um sich zu fragen: Wie dachte Jesus über diesen Gegenstand? Sobald er demütig genug, ist, um Jesu Standpunkt zu erfassen, kann er anfangen, über den Gegenstand mit Verständnis zu denken und zu reden, aber nicht eher. Ein Denken äußern, daß der Mensch heute krank und morgen gesund ist, erfordert wenig oder gar keine wirkliche Intelligenz. Um aber zu denken und zu verstehen, daß der Mensch ewig geistig, das Bild und Gleichnis Gottes, ist und daher nie unter der Herrschaft des Satans oder des Bösen steht, erfordert einen höheren Grad von Intelligenz, als ihn der durchschnittliche Denker gewöhnlich bekundet.
Wahres Heilen ist gleichbedeutend mit Erneuerung. Eine rechte Erklärung dafür, wie man heilt, schließt das Verständnis in sich, wie man die Menschen bessert. Lerne verstehen, wie der Charakter erneuert wird, und du hast das Geheimnis des wahren Heilens begriffen. Kein Sterblicher hat in der Christlichen Wissenschaft je Heilung erfahren, ohne daß er dadurch gebessert und von höheren Zielen und Wünschen beseelt wurde. Keine Erfahrung auf Erden ist bei der Befreiung und Verchristlichung des Menschengeschlechts wichtiger als das wahre Heilen durch die Christliche Wissenschaft. Es ist die Verwirklichung von „Gott mit uns”, wodurch jede Sünde zurechtgewiesen und jedes körperliche Leiden geheilt wird. Wer das Heilen durch die Christliche Wissenschaft nicht ernst nimmt, enthüllt damit seinen Mangel an Reue und Erneuerung des Charakters, um den Maßstab des Meisters zu erlangen.
In einem im Christian Science Sentinel vom 10. November 1923 nachgedruckten Auszug aus dem Express, einer Zeitung in Denver in Kolorado, lesen wir folgendes: „Wenn du geheilt werden willst, mußt du durch die Kraft geheilt werden, die dich geschaffen hat, und diese Kraft ist geistig. Erforsche dein Herz. Du kannst nicht von Gott erfüllt sein, wenn du von Haß, übler Laune oder Selbstsucht erfüllt bist. Ist Gott dir eine Wirklichkeit oder willst du nur dein Auge oder dein Ohr geheilt haben?” Das ist ein hilfreicher Rat für alle, die bestrebt sind, die wahre Heilung zu erlangen. Wenn sie wirklich Gott suchen, so ist das ein sicheres Zeichen, daß sie danach verlangen, die Wahrheit zu kennen, die sowohl von Krankheit als auch von Sünde frei macht.
Wäre die Christliche Wissenschaft einfach ein menschliches Allheilmittel für sterbliche Leiden, so würde ihr wohl von keiner Seite ein ernstlicher Widerstand widerfahren. Da sie aber das wahre Heilen ist, das sich sowohl auf Unsittlichkeit als auch auf Krankheit erstreckt, und auf der Erneuerung des Charakters besteht, indem sie seinen göttlichen Ursprung beweist, so kann das sterbliche Gemüt, das eine „Feindschaft wider Gott” ist, vernünftigerweise nichts anderes tun als das verleumden, wofür es die Christliche Wissenschaft hält. Unterdessen bleibt die Würde und Erhabenheit der Christlichen Wissenschaft von menschlicher Meinung unberührt.