Skip to main content Skip to search Skip to header Skip to footer

Einfachheit der Rede

Aus der Februar 1925-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft


In dem Bestreben, unerfahrenen Schriftstellern den Wert der Einfachheit anzuempfehlen, beschreibt ein neuzeitlicher Schriftsteller in einem kurzen Aufsatz seinen Besuch bei einem Silberschmied, um einen Suppenschöpflöffel zu kaufen. Da er nur wenig Geld hatte, mußte er seine Auswahl sorgfältig treffen. Es wurden ihm viele reich verzierte Löffel vorgelegt; doch keiner gefiel ihm, bis ihm der Silberschmied schließlich einen ganz unverzierten, einfachen und schweren Löffel zeigte, der dem voraussichtlichen Käufer sehr schön vorkam. Befriedigt nahm er seine Geldtasche heraus, um ihn zu kaufen, doch nur um zu seiner Überraschung zu erfahren, daß er das Doppelte des Preises aller verzierten, die er zuerst gesehen hatte, kostete. Seiner Enttäuschung Ausdruck gebend, erkundigte er sich nach dem Grund dieses Preisunterschieds. Der gefällige Verkäufer erklärte ihm, daß die verzierte Ware oft unsichtbare Mängel habe, oder daß Fehler in der Zeichnung durch die reiche Ausschmückung verdeckt seien, daß aber an der unverzierten Ware jeder Defekt unvermeidlich zu erkennen sei. Daher seien bei dieser die Möglichkeiten der Fälschung geringer, und dementsprechend schätze das Publikum seine Vollkommenheit.

Eine noch etwas unerfahrene Christliche Wissenschafterin erzählte eines Tages, wie schön ein in der Mittwochabend-Versammlung abgelegtes Zeugnis gewesen sei. Mit strahlenden Augen schilderte sie die vollkommene Sprache, in die die Erfahrung gekleidet war, die ruhige Würde des Redners, den Reiz seiner wohltönenden Stimme, bis sie schließlich den Seufzer ausstieß; „Ach, wenn ich doch nur so reden könnte! Jeden Mittwochabend würde ich aufstehen”. Eine erfahrenere Wissenschafterin, die mit Interesse zugehört hatte, sagte schließlich in sanftem Tone: „Aber was war denn die Demonstration?” Einen Augenblick sah die andere sie starr an und sagte dann zögernd: „Ja—ja, ich kann mich nicht erinnern, was es war”.

Der herrliche Einfluß der Einfachheit kam einst der Verfasserin dieser Betrachtung in einer kleinen christlich-wissenschaftlichen Kirche im Orient so recht zum Bewußtsein. Ein Mitglied der Gemeinde, eine suchende Anfängerin, sah sich eines Tages plötzlich vor die Notwendigkeit gestellt, einem geliebten kleinen Kind in der Familie zu helfen. Es war ihre erste wirkliche Gelegenheit; sie zeigte sich ihr vollständig gewachsen, und das Kind wurde geheilt. So wunderbar, ja fast unglaublich, kam ihr diese Demonstration vor, daß Dankbarkeit und Ehrfurcht sie zu den Höhen emporhoben, und in diesem Gedankenzustand sagte sie zu dem ersten Leser: „O, daß ich doch Worte hätte, um es zu erzählen!” „Erzählen Sie es”, riet ihr der erfahrene Leser, „ganz so, wie Sie es mir erzählt haben. Wenn Sie sich vergessen, werden Sie uns einen Segen bringen”. Noch immer von dem Wunder erfüllt, stand diese Frau in der nächsten Versammlung auf und berichtete die Demonstration, wie sie sie dem Leser erzählt hatte. Ihre Sprache war äußerst einfach. Keine Rednerkünste verhüllten ihre Aufrichtigkeit, und so gehoben war ihr Denken, so sicher war sie, daß der Vater die Heilung vollbracht hatte, daß die Gegenwart Gottes selbst von der Gemeinde empfunden und die Versammlung zu einer außergewöhnlichen und erleuchtenden geistigen Höhe erhoben wurde.

Vergessen wir nicht manchmal, daß unsere Mittwochabend-Versammlungen nach Liebe und nicht nach Worten hungern? Der Leidende, der Sünder, der Bekümmerte verlangt nicht nach einer schönen, in glänzende Worte gekleideten Rede: er will erfahren, daß die Christliche Wissenschaft heilt, und er will diese Wahrheit in den anwendbaren, ungeschminkten Beweisen täglicher Demonstrationen—unserer Demonstration—hören. Wenn es dir geholfen hat, dann—o Wunder aller Wunder!—wird es auch ihm helfen; wenn du dadurch besser geworden bist, dann kann auch er dadurch besser werden; und nur wenn dies ihm einfach und klar erzählt wird, so daß er es verstehen und glauben kann, wird er gesegnet und befriedigt werden.

Eine in wohltönender und reiner Sprache berichtete Demonstration ist etwas Schönes, etwas, wozu man ermutigen und worüber man sich freuen sollte. Daß noch nicht alle eine solche Vollkommenheit erreicht haben, ist heute anscheinend wahr, aber es sollte uns nicht entmutigen. Wenige sind im öffentlichen Reden geschult; doch oft vergessen wir dies, und bei unserem Versuch, unbekannte, hohe Redensarten zu gebrauchen, laufen wir Gefahr, unsere köstlichen Gedanken zu verdunkeln. Das in Aufrichtigkeit, Dankbarkeit und mit dem selbstlosen Wunsche gegebene Zeugnis, empfangene Wohltaten zu teilen, kann seinen Zweck nicht verfehlen, selbst wenn es dem Darbieter scheint, als ob es in einer seiner Inspiration unwürdigen Sprache abgelegt sei. Doch irgendwo in der zuhörenden Gemeinde wird es in einem getrösteten Herzen ein heilendes Echo finden. Unbedingte Überzeugung seitens des Redners verleiht selbst der einfachsten Ausdrucksweise Reiz und Kraft und ist das, wonach man verlangen sollte.

Mrs. Eddy verstand den Wert der Einfachheit sehr gut. Sie war Meisterin der Kunst der Wortmalerei und konnte sich der gewähltesten Redewendungen bedienen; dennoch gibt sie uns die Wahrheit, die sie entdeckte, in so einfacher Sprache, daß ein Kind sie verstehen kann. Man nehme zum Beispiel den ersten Satz im Vorwort zu „Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift”: „Für alle, die sich auf den erhaltenden Unendlichen verlassen, ist das Heute reich an Segnungen”. Ein sehr kurzer Satz,—nicht wahr? aus kräftigen alltäglichen Worten zusammengesetzt, die wir alle kennen und verstehen, die aber so von Inspiration erfüllt sind, daß Tausende davon ergriffen, dann dadurch getröstet und geheilt worden sind. Möchten wir diesen Satz mit schönen Beiwörtern und wohlklingenden Erläuterungen ausgeschmückt haben? Würde ihn eine solche Erweiterung verbessern oder bedeutungsvoller machen? Er ist schon vollkommen in seiner Kürze und Einfachheit.

Jeden Mittwochabend sind unsere Kirchen in der ganzen Welt mit unzähligen eifrigen Menschen gefüllt, die warten, lauschen,—worauf? Nicht auf rednerische Ergüsse, nicht auf wunderbare Erzählungen, nicht auf selbstgerechte Predigten und weitschweifige Reden, sondern darauf, daß ihnen liebevoll und überzeugend gesagt wird, die Christliche Wissenschaft heile wirklich, weil wir dies bewiesen haben. Dürfen wir es uns gestatten, dieses Vorrecht ungenützt vorübergehen zu lassen dieweil wir wortlos dasitzen? Mrs. Eddy sagt in Miscelaneous Writings (S. 118): „Der Kampf mit sich selbst ist großartig”. Dieser Kampf ist gleich herrlich, ob er am Krankenbett oder auf der Kirchenbank stattfindet. Mancher Christliche Wissenschafter kämpft mutig, um ein heftiges körperliches Leiden zu überwinden, nimmt aber in der Mittwochabend-Versammlung eine ihm eingeflüsterte Furcht an und kommt um einen Segen.

Die menschliche Zunge kann den herrlichen Einfluß zum Guten. den unsere von Mrs. Eddy zur Speisung der Hungrigen eingeführten Mittwochabend-Versammlungen ausüben, nicht beschreiben. Dieser heilende Einfluß wächst zu einer großen Macht an, die alle Kanäle des Denkens durchdringt, um zu läutern und zu segnen. Weil auch wir hungrig gewesen sind, weil wir wissen, daß göttliche Gebot heißt: „Danket dem Herrn, ... dichtet von allen seinen Wundern!” so wollen wir alle jene Einwendungen, die uns schweigend auf unserem Sitz festhalten möchten, verneinen; wir wollen Gott still um Kraft bitten, zuversichtlich aufstehen und von unserem einfachen Besten geben, um unserem wartenden Bruder zu helfen.

Wenn Sie mehr Inhalte wie diese erforschen möchten, können Sie sich für wöchentliche Herold-Nachrichten anmelden. Sie erhalten Artikel, Audioaufnahmen und Ankündigungen direkt per WhatsApp oder E-Mail. 

Anmelden

Mehr aus dieser Ausgabe / Februar 1925

  

Die Mission des Herolds

„... die allumfassende Wirksamkeit und Verfügbarkeit der Wahrheit zu verkünden ...“

                                                                                                                            Mary Baker Eddy

Nähere Informationen über den Herold und seine Mission.