Dankbaren Herzens möchte ich erzählen, wie ich zur Christlichen Wissenschaft kam. Im Jahre 1910 mußte ich mich wegen geschwollener Drüsen operieren lassen, und als der Arzt seinen letzten Besuch machte, bemerkte ich eine neue Anschwellung auf der andern Seite. Als ich bei seinem letzten Besuch sagte, daß die Geschwulst da sei, sagte er zu mir in sehr ernstem Tone: „Ich werde Ihnen etwas sagen. Wenn Sie glauben, daß Sie eine Geschwulst bekommen, werden Sie sie bekommen; wenn Sie aber denken, daß Sie sie nicht bekommen, werden Sie sie nicht bekommen”.
Als ich einige Monate später in einiger Entfernung einen Krankenbesuch machte, hatte ich unterwegs plötzlich die Überzeugung, daß es in der Welt eine Kraft geben müsse, die die Kranken heilen könne, und daß, je reiner unser Leben, desto größer die Erfolge sein würden. Der Gedanke ließ mich von da an nicht mehr los. Von Jugend auf war mein ernstestes Bestreben, meinen Mitmenschen zu dienen und ihnen Gutes zu erweisen, besonders den Kranken, die mir am Herzen lagen. Durch vertrauensvolles Gebet hatte ich schon sowohl für andere als auch für mich selbst einige Erfolge erzielt.
Zwei Jahre später lieh mir eine Bekannte ein Büchlein über die Christliche Wissenschaft mit dem Bemerken, daß der Inhalt etwas für mich sei. Ich las es flüchtig; aber es gefiel mir nicht, und mit dem Bemerken, es komme mir wie eine aufgebauschte Reklame vor, gab ich es zurück. Meine Bekannte sagte, ich habe es durchaus nicht richtig verstanden, die Christliche Wissenschaft könne doch heilen, und der Irrtum könne mich nicht abhalten, die Wahrheit erkennen zu lernen.
Eines Tages traf ich eine Frau, die ich jahrelang nicht gesehen hatte. Sie war durch die Christliche Wissenschaft geheilt worden, und die große Veränderung in ihrem Wesen gab mir soviel zu denken, daß ich mir einige Herolde borgte. Ich hatte nicht die Absicht, mich der Christlichen Wissenschaft zuzuwenden, ich wollte nur das Gute an der Sache herausfinden; denn daß etwas Gutes daran sein müsse, war mir nun klar. Meine Bekannte mußte sich Sorgen um mich gemacht haben; denn sie fragte mich eines Tages, ob ich mich nicht in Dresden behandeln lassen wolle. Sie befürchtete, die Geschwulst könne krebsartig sein. Ich war um mich gar nicht in Sorge; denn ich dachte immer, Gott werde mir helfen, komme was da wolle; aber um anderen mehr Gutes tun zu können, wollte ich mir das Gute aus der Christlichen Wissenschaft zu eigen machen und das übrige außer acht lassen.
Einige Monate später war eine Bekannte sehr krank; die Ärzte hatten sie aufgegeben, und sie konnte sich gerade noch umherschleppen. Ich fragte sie, ob sie nicht mit der Christlichen Wissenschaft einen Versuch machen wolle; da sie ja doch den Tod vor Augen habe, so könne es ihr, selbst wenn es nichts helfen sollte, nicht schaden. Überdies stünden doch so viele Zeugnisse in den Herolden. Sie willigte ein, und einige Tage später fuhr ich nach Dresden, um mit einer Praktikerin zu sprechen, und nach vierzehn Tagen war die Bekannte geheilt.
Vier Wochen später machten wir einen Ausflug ins Gebirge. Mein Mann riet mir sehr davon ab; denn er dachte, diese Bekannte könne Fieber bekommen, und es werde nicht gleich ein Arzt aufzufinden sein. So war es auch. Am zweiten Tag hatten wir ein Gewitter, und wir waren beständig in Nebel gehüllt, so daß es uns beide fror. Abends bekamen wir ein sehr kaltes Zimmer, da alle anderen Zimmer besetzt waren. Meine Bekannte bekam nun heftiges Fieber, und ich versuchte die Christliche Wissenschaft anzuwenden. Was ich mir erklärte, weiß ich nicht mehr; denn ich verstand so wenig von der Christlichen Wissenschaft. Doch schon jene Gedanken waren wirksam. Am Morgen war sie gesund, und wir konnten unsern Weg fortsetzen; das schlechte Wetter hatte uns nicht im geringsten geschadet.
Ob ich vordem oder nachher gesund geworden bin, kann ich nicht sagen; denn ich beobachtete meinen Leib fast gar nicht, wenn ich nicht heftige Schmerzen hatte. Ich kann mich nur erinnern, daß mir eines Tages auffiel, daß ich in kaltes Wasser greifen konnte, was mir viele Jahre hindurch nicht möglich war. Gleichzeitig wurde ich mir bewußt, daß ich schon seit langem keine Nervenschmerzen mehr gehabt hatte. Ich fühlte an meinen Hals und fand, daß auch die Geschwulst verschwunden war.
Bald darauf schrieb ich für eine andere Bekannte, die Blutfluß hatte und sich vor der Operation sehr fürchtete, um Hilfe. In vierzehn Tagen war auch sie gesund.
Das Lehrbuch, „Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift” von Mary Baker Eddy, hatte ich mir schon gekauft; und ich las darin, so oft ich konnte, um zu verstehen, was mit der Unwirklichkeit der Krankheit gemeint sei. Bald traten Prüfungen an mich heran; und obwohl mein Verständnis gering war, staunte ich oft über die Wirkung des kleinsten Körnchens Wahrheit. Ich begriff immer mehr, daß diese Lehre nur Gutes enthält. Meine Dankbarkeit gegen Gott und Mrs. Eddy werde ich dadurch beweisen, daß ich dieses Gute immer mehr in Taten auszudrücken lerne.
Nieder-Einsiedel, Tschechoslowakei.
