Während die Verfasserin dieser Betrachtung eines Tages einem Symphoniekonzert beiwohnte, schloß sie die Augen, um die Schönheit des Konzerts besser genießen zu können. Dabei überkam sie ein erhabenes Gefühl des Friedens. Plötzlich hatte sie das Empfinden, als ob sie, wenn sie die vielen mitwirkenden Musiker nicht gesehen hätte, sehr gut hätte glauben können, die Musik sei von einem einzigen großen Instrument ausgegangen. Sie öffnete die Augen, und siehe, es waren mindestens fünfundneunzig Männer und viele verschiedenerlei Instrumente; doch nur Harmonie, Einheit und Schönheit kamen zum Ausdruck. Warum? Weil jeder Künstler von den Gesetzen der Musik regiert wurde und ihnen gehorchte. Jedes Instrument stimmte vollkommen mit dem Gesetz der Harmonie überein; jeder Musiker spielte vollkommen sein besonderes Instrument, indem er auf den Dirigenten achtete und beständig seiner Leitung folgte. Das Ergebnis war Harmonie, Schönheit, Freude, Segen, eine Erhebung für alle eifrigen Zuhörer. Nur durch Gehorsam wurde dies erreicht. Hätte einer der Musiker plötzlich den Takt ändern wollen, um seinem eigenen Gutdünken zu folgen, oder hätte er das Stimmen seines Instruments auf spätere Zeit aufgeschoben, so wären Disharmonie und Mißklang die sichere Folge gewesen. Ja, strenger Gehorsam gegen die Regeln der Musik machte diese schöne Symphonie möglich.
Dann tauchte der Gedanke auf: Trifft dies nicht auch im Leben zu? Wenn jeder unserer Gedanken und jede unserer Handlungen von dem Gesetz Gottes, dem Gesetz der Liebe, regiert und ihm gehorsam wäre, würde dann nicht das Ergebnis Harmonie, Vollkommenheit und Schönheit sein, und kämen diese in unserem täglichen Leben nicht zum Ausdruck? Wäre in der Symphonie ein Mißklang gewesen, so hätte niemand daran gedacht, die Gesetze der Musik dafür verantwortlich zu halten; andererseits hätte jedermann in der großen Zuhörerschaft sofort erkannt, daß das regierende Gesetz außer acht gelassen oder verletzt worden war, und daß das Heilmittel längeres Studieren und Üben gewesen wäre, bis ein höherer Vollkommenheitsgrad zum Ausdruck gekommen wäre. In derselben Weise lernen wir durch die Christliche Wissenschaft verstehen, daß Gott, das göttliche Prinzip des Seins, keineswegs für Unfälle, für Armut, Trübsal, Krankheit und Tod — für Disharmonie irgend welcher Art — verantwortlich ist. Im ersten Kapitel des ersten Buchs Mose, das den wahren Schöpfungsbericht enthält, ist nachdrücklich gesagt: „Gott sah an alles, was er gemacht hatte; und siehe da, es war sehr gut”. Daher verursacht nicht Gottes Gesetz, sondern unsere Unwissenheit über dieses Gesetz und unser Ungehorsam dagegen alle Disharmonie, während das richtige Verständnis Seines Gesetzes und der Gehorsam gegen dieses Gesetz Freiheit, Harmonie und Vollkommenheit hervorbringt.
Wie mit den Mitgliedern des Orchesters, so verhält es sich auch mit uns. Wenn wir in unserer täglichen Erfahrung Fülle, Gesundheit, Freude, Harmonie und Vollkommenheit ausgedrückt haben möchten, müssen wir stets gegen unser göttliches Prinzip gehorsam, immerdar wachsam sein, indem wir Eigenwillen, Neid, wahnsinnigen Ehrgeiz, Selbstgerechtigkeit und alle unzähligen Irrtumseinflüsterungen zum Schweigen bringen und zerstören. Ist dies nicht genau das, was die Bibelstelle bedeutet, die lautet: wir „nehmen gefangen alle Vernunft unter den Gehorsam Christi”? Dies ist das Ziel, worauf die Christlichen Wissenschafter hinarbeiten. Die Arbeit mag zwar nicht auf einmal vollbracht werden; doch wenn wir aufrichtig sind, wenn wir jeden auftauchenden Gedanken prüfen lernen, indem wir uns fragen, ob er gut ist, ob er mit dem Gesetz Gottes übereinstimmt, und wenn wir nur das annehmen, was diesem Erfordernis entspricht, finden wir, daß wir tatsächlich glücklicher, gesünder, liebevoller werden; denn der Gehorsam gegen Gottes Gesetz heilt und segnet immer.
Bitte anmelden, um diese Seite anzuzeigen
Sie erlangen vollständigen Zugriff auf alle Herolde, wenn Sie mithilfe Ihres Abonnements auf die Druckausgabe des Herold ein Konto aktivieren oder wenn Sie ein Abonnement auf JSH-Online abschließen.