Der Psalmist war von der Allgegenwart und Allmacht Gottes so fest überzeugt, daß er voll Zuversicht sang: „Er hat seinen Engeln befohlen über dir, daß sie dich behüten auf allen deinen Wegen, daß sie dich auf den Händen tragen und du deinen Fuß nicht an einen Stein stoßest”.
Christus Jesus, der von noch größerer Erkenntnis durchdrungen war, konnte zu allen Hilfesuchenden, allen Betrübten, Furchtsamen und Verzagten sagen: „Fürchtet euch nicht!” Er wußte bestimmt, daß die Engel Gottes bei uns sind, um uns zu führen und zu schützen,— jene Engel, die Mary Baker Eddy auf Seite 581 von „Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift” auslegt als „Gottes Gedanken, die zum Menschen kommen; geistige Eingebungen, die rein und vollkommen sind; die Inspiration der Güte, Reinheit und Unsterblichkeit, allem Bösen, aller Sinnlichkeit und aller Sterblichkeit entgegenwirkend”. Die Engel Gottes weisen den Weg, den wir alle gehen müssen,— den aufwärts führenden Pfad, der aus den Niederungen des Irrtums herausführt. „Diese aufwärts schwebenden Wesen führen”, wie Mrs. Eddy uns sagt, „niemals zum Selbst, zur Sünde oder zur Materialität, sondern sie leiten uns zu dem göttlichen Prinzip alles Guten, dem jede wirkliche Individualität, jedes Bild oder Gleichnis Gottes zustrebt” (Wissenschaft und Gesundheit, S. 299). Daher ist der aufwärts führende Pfad ein fortschrittlicher im menschlichen Bewußtsein.
So wie das menschliche Denken von falschen Annahmen sich loslöst, wird es emporgehoben aus der Unwirklichkeit in die Wirklichkeit, aus der Atmosphäre der Disharmonie in die der Harmonie, aus dem Irrtum in die Wahrheit, aus der Materie in den Geist, aus Mißgunst, Neid, Eifersucht und Haß in die Liebe, die nicht das Ihre sucht. Dies ist der Weg, der vom Sinn zur Seele führt. Es ist ein beständiges Aufwärtssteigen, ein beständiges Sichemporschwingen über die Täuschungen der sterblichen Sinne, bis der Gedanke die Höhen des geistigen Verständnisses — den Berg Gottes — erreicht. Diese Entwicklung ist in der Bibel oft in der Weise beschrieben, daß das Ziel des Fortschritts als eine Bergeshöhe dargestellt wird.
Christus Jesus wurde auf einem Berg verklärt. Nach der Geschichte von der Speisung der Fünftausend lesen wir: „Und da er das Volk von sich gelassen hatte, stieg er auf einen Berg allein, daß er betete”. Diesen Vergleich mit einem Berge treffen wir in der Bibel immer wieder an. Im ersten Buch Mose lesen wir, daß die Männer Gottes zu Lot kamen, um ihn vor dem Untergang, dem Sodom und Gomorra preisgegeben waren, zu retten. Die Engel Gottes gingen vor ihm her und zeigten ihm den Weg, der aus dem Verderben herausführte. Sie gaben ihm den Rat: „Auf den Berg rette dich, daß du nicht umkommst”, und drängten ihn zu eilen und nicht „in dieser ganzen Gegend” zu stehen.
Nichts gewinnt man dadurch, daß man im Irrtum verweilt. Töricht ist es, der Materie Leben zuzugestehen; töricht zu glauben, die Materie sei die Quelle aller Freude und allen Leids. Daher geboten die Engel dem Lot, vorwärts und auf das Ziel zu schauen, dessen Erreichung sie ihm dringend ans Herz legten. Lots Weib jedoch, die hinter sich sah, „ward zur Salzsäule”. Der falsche Gedanke, der an die Wirklichkeit der Materie glaubt, kann sich nicht selbst befreien, kann den Berg der Wahrheit nicht erreichen. Sogar Lot fand es schwierig, sich vom Irrtum zu trennen. Zuerst fürchtete er sich, auf den Berg zu fliehen; daher suchte er Zuflucht in der Stadt Zoar, bis er sich zu der Erkenntnis durchgerungen hatte, daß reine Höhen die einzige Sicherheit gewähren und daher der einzige Zufluchtsort sind. Dann konnte ihn nichts mehr zurückhalten.
Das Ringen mit falschen sterblichen Annahmen und das Sicherheben zu festen und erhabenen Ideen — zum heiligen Berge geistigen Verständnisses — wurden auch im Falle Abrahams veranschaulicht, als er im Begriff war, seinen Sohn Isaak zu opfern. Jahr um Jahr hatte dieser Patriarch auf die Erfüllung der Verheißung gehofft, nach der er einen Sohn bekommen sollte. Nachdem er ein hohes Alter erreicht hatte, wurde ihm ein Sohn geboren; und es ist wohl zu verstehen, daß Abraham mit der ganzen Liebe eines menschlichen Vaters an ihm hing. Doch lag hierin nicht eine Gefahr? Konnte dieser menschliche Sinn der Liebe nicht eines Tages Abraham in seinem geistigen Fortschritt aufhalten? Die Gefahr war da, aber auch die Engel Gottes, die „reinen Gedanken von Gott, mit Wahrheit und Liebe beschwingt” (Wissenschaft und Gesundheit, S. 298), die ihn aus der Gefahr herausführten. Wohin sonst als zu dem Berge geistigen Verständnisses konnte der Pfad führen?
Als Abraham erkannte, daß sein Begriff von Liebe zu Isaak ihn von Gott trennte, und als er die Bereitwilligkeit, diesen Götzen zu opfern, erreicht hatte, brach für ihn das Morgenlicht an. Er hatte den Berg erreicht,— das geistige Verständnis, durch das der falsche menschliche Begriff vom wahren getrennt wurde. Dann wurde Isaak ihm wiedergegeben, er wurde ihm teurer als je zuvor.
Der Berg der Wahrheit gewährt allen Menschen Sicherheit und Zuflucht. Die Engel Gottes müssen uns führen, und nichts sollte uns hindern, ihnen zu folgen. Wenn uns die menschlichen Annahmen ihre Lügen zuflüstern, wenn uns Irrtum bedrängt, dann müssen auch wir auf das Gebot der Engel: „Auf den Berg rette dich!” horchen und es befolgen.
Trachtet nach dem, das droben ist, nicht nach dem, das auf Erden ist. Wenn aber Christus, euer Leben, sich offenbaren wird, dann werdet ihr auch offenbar werden mit ihm in der Herrlichkeit.— Kolosser 3:2, 4.
